
Australien: Nutzen der grünen Gentechnik erkannt
Der australische Bundesstaat New South Wales beendet sein Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Die grüne Gentechnik wird für Mensch und Umwelt als sicher eingestuft. Landwirten stehen klima- und schädlingsresistentere Sorten zur Verfügung. Und auch die Umwelt profitiert.
Mittwoch, 15. September 2021
Nach einem 18-jährigen Moratorium hat der australische Bundesstaat New South Wales das Verbot für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen aufgehoben. Das berichtet der englische «Guardian». Damit ist Tasmanien der letzte Bundesstaat, in dem der GVO-Anbau weiterhin verboten ist. Mit dem Schritt möchte man den Landwirten ein Instrument in die Hand geben, um angesichts des Klimawandels resistentere Pflanzen anbauen zu können. Gentechnisch veränderte Pflanzen werden für Mensch und Umwelt als sicher eingestuft.
92 Prozent weniger Insektizide
Bei der grünen Gentechnik wird das Erbgut von Pflanzen mit bestimmten Genen ergänzt, um ihnen bestimmte wünschenswerte Eigenschaften zu verleihen. Dazu gehören beispielsweise Dürretoleranz oder die Resistenz gegenüber Schädlingen. In Australien ist der Anbau von GVO-Pflanzen nichts Neues. Zu den wichtigsten gehören Raps, Baumwolle, Färberdistel und Nelken. Wie der «Guardian» schreibt, sind 99 Prozent der australischen Baumwolle gentechnisch verändert. Die sogenannte Bt-Baumwolle (siehe Kasten unten) enthält ein bakterielles Gen, welches ein Protein gegen den Baumwollkapselwurm produziert. Das Resultat: Die Baumwolle ist gegenüber ihrem Hauptschädling resistent. Der Einsatz von Insektiziden zum Schutz der Pflanze konnte seit Einführung um 92 Prozent reduziert werden.
Starke Regulierung
Dennoch wird der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Australien vom «Office of the Gene Technology Regulator» stark reguliert. Die Sicherheit für Mensch und Umwelt wird streng geprüft und muss gewährleistet sein, bevor die kommerzielle Nutzung einer Pflanze erlaubt wird. Dies bestätigt Daniel Tan, Professor für Agronomie an der Universität Sydney: «Besonders in Australien ist es sicher, GVO-Pflanzen zu konsumieren, da unsere Regulierungsbehörden strenge Tests durchgeführt haben.» Bestimmte Arten der Genom-Editierung, wie die CRISPR-Technologie SDN-1, fallen in Australien nicht unter die GVO-Vorschriften. Bei der Technologie werden bestimmte Gene gezielt mithilfe einer Genschere aus dem Erbgut entfernt. Diese Veränderungen werden als nicht von natürlich auftretenden genetischen Mutationen unterscheidbar eingestuft.
Nutzen für Umwelt erkannt
Laut dem «Guardian» äusserten Biobauern in New South Wales Bedenken gegenüber der Aufhebung des Gentech-Moratoriums. Sie fürchten, dass ihre Produkte über den Wind mit Pollen und Samen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Kontakt kommen könnten. Dies stelle eine Bedrohung für ihre sehr strengen Zertifizierungen dar. Wie Ian Godwin, Professor für Pflanzenbiotechnologie an der Universität von Queensland, sagt, sind jedoch nicht alle Biolandwirte gegen GVO-Pflanzen. So hätten in Nordamerika einige Bio-Gruppen Pflanzen mit Insektenresistenzen oder einer erhöhten Fähigkeit, Stickstoff aus dem Boden aufzunehmen, akzeptiert. Sie glauben, dass sie damit bessere Resultate für die Umwelt erzielen können.
Bacillus thuringiensis (Bt)
Bacillus thuringiensis (Bt) wird seit mehreren Jahrzehnten zur Bekämpfung von verschiedenen Insektenlarven und Käfern eingesetzt. Es ist sowohl im Biolandbau als auch in der konventionellen Landwirtschaft zugelassen. Das Bakterium produziert sogenannte Bt-Proteine, die für einige Schadinsekten giftig sind. Stattet man Pflanzen mit einem Gen des Bt-Bakteriums aus, erhalten sie insektenresistente Eigenschaften. Bt-modifizierte Pflanzen können die für Insektenlarven giftigen Proteine eigenständig erzeugen und schützen sich somit selbst vor Schädlingen. Die Technik ist äusserst präzis, denn es werden nur Schädlinge bekämpft, die sich direkt an der Pflanze zu schaffen machen. Nützlinge und andere Tiere sind von der Massnahme nicht betroffen. Landwirte können ihre Erträge praktisch ohne Pestizide schützen. In Bangladesch produzieren Landwirte Bt-modifizierte Auberginen (Bt Brinjal). Die Auberginen bleiben von Schädlingsbefall verschont, die Früchte und auch die Ernten werden grösser und reichhaltiger.
Sources
Ähnliche Artikel

Mit der Genschere in die Zukunft – bald auch in der Schweiz?
Die Genom-Editierung gilt als Hoffnungsträger für eine nachhaltigere, klimaresilientere Landwirtschaft. Doch die Schweiz zögert bei der Zulassung. Eine Volksinitiative verlangt gar deren Verhinderung. Doch was kann CRISPR wirklich leisten?

Weniger als 50 Prozent: Wie die Schweiz ihre Selbstversorgung verspielt
Die Schweizer Landwirtschaft steht massiv unter Druck. Wetterextreme, Schädlinge und immer strengere Auflagen setzen den Produzenten zu. Die Folge: Der Selbstversorgungsgrad sinkt dramatisch – besonders bei pflanzlichen Lebensmitteln. Um die Ernährungssicherheit in der Schweiz sicherzustellen, braucht es dringend wirksame Pflanzenschutzmittel.

Nur die halbe Wahrheit in der Gentech-Debatte
Wer nur Risiken sieht, bleibt blind für die Chancen einer neuen Technologie. Die Gentech-Gegner haben eine neue Umfrage zu den neuen Züchtungsmethoden vorgelegt, welche vielsagende Leerstellen aufweist.

«Das BLW lässt die produzierende Landwirtschaft im Stich»
Zunehmende Schädlinge, fehlende Mittel, wachsende Bürokratie – die Kritik der Bauern am Bund ist laut und deutlich. Die Schweizer Landwirtschaft stehe am Limit, berichtet der «Blick». Die Forderung: Es braucht endlich wieder wirksame Pflanzenschutzmittel.