Bioprodukte häufiger von Rückrufen betroffen

Bioprodukte häufiger von Rückrufen betroffen

Bioerzeugnisse müssen überdurchschnittlich oft aus den Regalen von Detailhändlern entfernt werden. Der Grund sind Giftstoffe aus mitgeernteten Pflanzen oder aus Schimmelpilzen. Sie lassen sich im Biolandbau weniger gut kontrollieren als in der konventionellen Landwirtschaft.

Dienstag, 13. September 2022

In den vergangenen Wochen häuften sich Fälle, in denen Detailhändler Bioprodukte zurückrufen mussten. Der Grund: Giftstoffe aus mitgeernteten Unkräutern kontaminierten die Produkte. Ein Beispiel sind Mais-Chips, die mit sogenannten Tropanalkaloiden belastet waren.


Bio mit hoher Rückrufquote

Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, sind Biolebensmittel besonders häufig von Rückrufen betroffen. Seit Anfang 2020 machen sie mehr als 20 Prozent der Produkte aus, für die das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) eine Warnung ausgesprochen hatte. Verglichen mit den 10,9 Prozent Marktanteilen von Bio ist diese Zahl überdurchschnittlich hoch. Allerdings dürfte sie noch höher sein, denn das BLV deklariert nicht bei jeder Warnung, ob es sich um ein Bioprodukt handelt.


Unkraut in der Ernte

Bei der Ernte von Getreide können Unkräuter unbeabsichtigt mitgeerntet werden. Im Falle der erwähnten Maischips sind die Samen des Stechapfels in die Ernte gelangt, welche Tropanalkaloide enthalten. Der Giftstoff kann Übelkeit und Kopfschmerzen verursachen. Weil Biobauern keine Unkrautvernichter wie etwa Glyphosat einsetzen dürfen, ist das Risiko, dass unerwünschte Pflanzen die Ernte kontaminieren, höher als in der konventionellen Landwirtschaft. Dies bestätigt auch der Biopionier Urs Niggli gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Grundsätzlich besteht in Sachen Lebensmittelsicherheit ein höheres Risiko im Biolandbau.» Gemäss dem Bioexperten sind Tropanalkaloide jedoch nicht die einzige Gefahr.


Mittel gegen Schimmelpilze begrenzt

Auch Schimmelpilze bereiten Bioerzeugnissen Schwierigkeiten. Sie können im Biolandbau weniger gut kontrolliert werden, weil auch hier die zugelassenen Mittel beschränkt sind. Gegen Pilze wird fast ausschliesslich Kupfer eingesetzt. Schimmelpilze in Lebensmitteln sind für Menschen und Tiere gefährlich, da sie krebserregende Mykotoxine enthalten können. Vor Kurzem musste die deutsche Drogeriekette Müller eine Bio-Dattel-Haselnuss-Creme aufgrund von Schimmelpilzbefall zurückrufen.


Bio-Boom als zusätzliches Risiko

Ein weiterer Grund für den hohen Anteil an Bioprodukten auf der Rückrufliste des BLV dürfte gemäss Urs Niggli auch mit dem Bio-Boom während Corona zu tun haben. Die wachsende Nachfrage dürfte es gemäss dem Experten erschweren, die Lieferketten zu kontrollieren.

Nachdem sich der Bio-Boom 2022 wieder etwas gelegt hat, bleibt abzuwarten, ob sich die sinkende Nachfrage auch auf die Beanstandungen auswirkt.

Gut zu wissen

Pflanzenschutzmittel tragen nicht nur dazu bei, höhere Erträge zu erreichen, sie vermindern auch Ernteausfälle bei Vorverarbeitung, Transport und Lagerung, wo zusätzliche Verluste von bis zu 40 Prozent auftreten können. Ressourceneffizienz bedeutet die effiziente Nutzung von technisch-wirtschaftlichen und natürlichen Ressourcen. Der richtige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert den Druck auf natürliche Ressourcen und steigert einen qualitativ hochstehenden Ertrag.

Ähnliche Artikel

Kartoffelbauern wollen robuste Sorten
Medien

Kartoffelbauern wollen robuste Sorten

Da der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln massiv reduziert werden soll, will die Kartoffelbranche nun auf robustere Sorten setzen. Die Branche hat gar mit dem Bund eine Zielvereinbarung abgeschlossen. Diese ist ambitioniert: Bis 2040 sollen auf 80% der Kartoffel-Anbauflächen robuste Sorten gedeihen.

Wie Gentechnik die Cavendish-Banane rettet
Medien

Wie Gentechnik die Cavendish-Banane rettet

Wegen einem hartnäckigen Pilz könnte die beliebteste Bananensorte – die sogenannte Cavendish-Banane – bald verschwinden. Australische Forscher haben eine auf Gentechnik basierende Lösung entwickelt.

Wird dieser Feldversuch die Gersten-Produktion revolutionieren?
Medien

Wird dieser Feldversuch die Gersten-Produktion revolutionieren?

Ab diesem Frühling startet in Zürich der erste Feldversuch der Schweiz, bei dem Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien zum Einsatz kommen. Konkret soll eine Sommergerste gezüchtet werden, die mehr Körner pro Ähre herstellt. Funktioniert der Versuch, dürfte die Technologie für die Schweizer Landwirtschaft von grossem Interesse sein.

Foie Gras ohne schlechtes Gewissen
Medien

Foie Gras ohne schlechtes Gewissen

Der Begriff Foie Gras ist häufig negativ behaftet. Grund dafür ist die Stopfleber-Produktion, bei der die Tiere grosse Qualen erleiden. Nachdem bereits Spitzengastronomen Rezepte mit ungestopfter Leber entwickelten, bietet nun auch die Migros «Happy Foie» an. Dabei handelt es sich um ein tierfreundliches Foie Gras, das geschmacklich genauso gut sein soll wie das Original. Patente dienen dabei dem Schutz der Erfinder.

Weitere Beiträge aus Medien