Breite Allianz für moderne Züchtungsmethoden
Die Signalwirkung könnte nicht grösser sein. Die Labelorganisation IP-Suisse, die Obst-, Gemüse- und die Kartoffelproduzenten, die Agrargenossenschaft Fenaco, die grossen Detailhändler Coop und Migros sowie das Konsumentenforum haben sich unlängst unter dem Namen «Sorten für morgen» zusammengeschlossen. Ziel des Vereins ist gemäss dessen Präsidenten, den neuen Züchtungsverfahren wie der Genom-Editierung in der Schweiz eine Chance zu geben.
Mittwoch, 24. November 2021
Die Breite der Trägerschaft ist für die Schweiz bemerkenswert. Der Verein deckt die gesamte Lebensmittelkette ab, vom Züchter über Verarbeitung und Handel bis zum Konsumenten. Damit fällt ein weiterer Stein aus der Mauer, die Gentech-Gegner in der Schweiz aufgebaut haben. Bereits im Sommer zeigte eine Umfrage von gfs.Bern , dass die Schweizer Konsumenten aufgeschlossener gegenüber den neuen Züchtungsmethoden sind, als dies von den Gegnern gerne ins Feld geführt wird.
Inhaltlich wird sich der Verein auf jene Züchtungsverfahren beschränken, bei denen kein artfremdes Erbgut in einen Organismus eingefügt wird. Kreuzungen von Wild- und Kulturäpfeln mit dem Ziel einer feuerbrandresistenten Sorte wären für den Verein also denkbar, mit Bt-Toxin vor Insektenfrass geschützte Pflanzen hingegen würde man ablehnen wie die «Bauernzeitung» schreibt.
Auch Wissenschaftskommission des Ständerats für Liberalisierung
Dass sich «Sorten für morgen» gerade jetzt konstituiert, dürfte kein Zufall sein. Dieser Tage wird im Parlament über die Verlängerung des Gentech-Moratoriums beraten. Gemäss Vorlage des Bundesrates sollen die neuen Züchtungsmethoden ins Moratorium hineininterpretiert werden. Offensichtlich erachtet man diese Stossrichtung als Fehler. Genauso wie beispielsweise die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates, welche eine Weiterführung des Moratoriums befürwortet, jedoch für genomeditierte Pflanzen künftig eine eigene Zulassungspraxis haben möchte. Auch dort ist man offenbar zur Ansicht gelangt, dass die modernen Züchtungsmethoden eine Chance verdienen.
Gerade auch angesichts der Herausforderungen, vor denen auch die hiesige Landwirtschaft steht, braucht es in Zukunft robuste und leistungsfähige Sorten. Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre hätten den Handlungsbedarf «in aller Deutlichkeit» gezeigt, argumentiert man auch von Seiten «Sorgen für morgen». Es ist zu hoffen, dass auch die Politik die Zeichen der Zeit erkennt und den neuen Züchtungsmethoden in der Schweiz eine Chance gibt. Bewährte und beliebte Sorten klimaresilienter zu machen ohne sich an neue Geschmäcker gewöhnen zu müssen, dürfte auch im Interesse der Konsumenten sein.
Ähnliche Artikel
Katastrophale Weizenernte: Schlechtes Wetter und Einschränkungen beim Pflanzenschutz
Die Meldungen häufen sich: 2024 geht als schlechte Weizenernte seit Jahrzehnten in die Geschichte ein. Eine der grössten Schweizer Getreidesammelstellen in Thalheim an der Thur erleidet einen historischen Verlust.
«Die Berner Winzer spritzen und spritzen»
Der viele Regen diesen Sommer hat den Berner Winzern zugesetzt und einmal mehr klar gemacht, dass es ohne Pflanzenschutz nicht geht – schon gar nicht in schwierigen Anbaujahren. Dass auch pilzwiderstandsfähige Sorten von Ernteverlusten betroffen sind, zeigt, wie prekär die Lage ist. Nichtsdestotrotz zaudert der Bund, wenn es um die Zulassung moderner Pflanzenschutzmittel und neuer Züchtungstechnologien geht.
Wieso Quallen bald auf unseren Tellern landen könnten
Werden Quallen der neue Stern am Superfood-Himmel? Fachleute empfehlen ihren Verzehr und schwärmen von den glibberigen Meerestieren als neue Proteinquelle. Doch die Zulassung solcher Produkte steht noch aus.
Prekäre Lage für die Kartoffelbauern
Kartoffelbauern in der Schweiz schlagen Alarm. Wegen des vielen Regens breitet sich die Knollenfäule aus, die ihnen die Ernte vernichtet. Die Rede ist von desaströsen Zuständen oder von einem «Schicksalsjahr» für Schweizer Kartoffeln. Bereits 300 ha Kartoffelfelder mussten aufgegeben werden – weitere könnten folgen. Inzwischen hat auch der Bund erste Konsequenzen gezogen.