
Europäische Landwirtschaft: «Globalen Rahmen im Blick behalten»
An den Agrar-Gesprächen von Bayer in Zusammenarbeit mit der «agrarzeitung» wurde über die Ernährungssicherheit in Europa sowie die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft gesprochen. Dabei wurde klar: Europa kann nicht isoliert betrachtet werden. Jede Veränderung in der europäischen Produktion hat Auswirkungen auf andere Weltregionen.
Montag, 13. Dezember 2021
Der «Green Deal» der Europäischen Union wirft Fragen bezüglich der Versorgungssicherheit Europas mit Nahrungsmittel auf. Der Plan will zwar die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt reduzieren, führt jedoch zu einer Drosselung der landwirtschaftlichen Produktion in Europa. Das Problem: Leicht geht vergessen, dass Produktionsverschiebungen in andere Regionen mit teilweise massivem Landverlust verbunden sind. Das wiederum schadet dem Klima. Trotzdem können und müssen nicht sämtliche Nahrungsmittel aus der Region stammen. Gemäss Professor Martin Qaim von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn spielen Handel und Transport beim Klimawandel nicht die entscheidende Rolle. «Entscheidend bleibt die Art und Weise, wie wir produzieren», sagte er. Einer Extensivierung der Produktion steht er jedoch kritisch gegenüber. Denn die Ernten im Ökolandbau fallen deutlich geringer aus als in der konventionellen Landwirtschaft.
Auf europäischer Ebene bedeute dies, so Qaim, weniger Exporte und mehr Importe. Für die reichen Länder Europas stellt dies zunächst kein Problem dar. Doch in ärmeren Ländern der Welt kann dies Auswirkungen auf die Umwelt haben. Was nicht in Europa angebaut werde, müsse andernorts produziert werden. So gehe wertvolles und knappes Land in anderen Regionen der Welt verloren. Das schadet auch der Biodiversität und dem Klima. «Was wir bei uns einsparen, führt anderswo zu höheren Emissionen», erläuterte er. «Wir müssen deshalb immer den globalen Rahmen im Blick behalten.»
Produktion nicht drosseln
In der Drosselung der Produktion ortet Qaim ein sehr europäisches Denken. Man müsse immer im Blick behalten, dass ein Zurückfahren der europäischen Landwirtschaft die Produktion in anderen Teilen der Welt hochfahren lasse und dort mit teilweise enormem Flächenverlust einhergehe. Qaim plädiert dafür, nicht von der einen Lösung zu sprechen. Transformation in der Produktion mittels Innovation und Digitalisierung sind für ihn geeignete Ansätze zur Sicherung unserer Ernährungssysteme. «Wir brauchen letztlich einen vollen Werkzeugkasten», so Qaim weiter. Hoffnungen ruhen auf neuen Züchtungsmethoden, die robustere Pflanzen ermöglichen, die Vielfalt fördern und die Nachhaltigkeit voranbringen.
Ähnliche Artikel

Staatsgelder für vermeidbare Ernteausfälle: weder nachhaltig noch ressourceneffizient
Reduzierter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln führt bei Weizen und Raps zu stark verminderten Erträgen. Eine Studie von Agrarforschung Schweiz zeigt nun, dass diese Ernteausfälle nur durch staatliche Zuschüsse ausgeglichen werden können. Das ist weder nachhaltig noch ressourceneffizient.

Invasive Arten gefährden einheimische Pflanzen
Die wirtschaftliche Verflechtung der Welt hat über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte stark zugenommen. Durch die rege Handelstätigkeit zwischen den Kontinenten verbreiten sich auch invasive Pflanzen- und Tierarten immer schneller. Für die einheimische Vegetation und Landwirtschaft kann dies zu ernsthaften Problemen führen. Der Kanton Tessin ist gemäss BAFU besonders stark betroffen.

Invasive Schädlinge reisen mit
Invasive Schädlinge und Pflanzenkrankheiten gehören zu den grössten Herausforderungen für Biodiversität und Landwirtschaft. Sie gelangen oft über den Reiseverkehr sowie Warenimporte in die Schweiz und richten grosse Schäden bei Kultur- und Wildpflanzen an. Seit 2020 ist die Einfuhr von Pflanzen aus nicht EU-Ländern verboten. Eingeschleppte Schädlinge sind jedoch ein weltweites Problem.

Reisefreudiger Japankäfer bedroht einheimische Pflanzen
Der Japankäfer wurde in der Schweiz zum ersten Mal im Jahr 2017 im Tessin entdeckt. Nun hat er es auf die Alpennordseite geschafft. Nach Funden in Basel-Stadt und Solothurn ist in Kloten erstmals eine grössere Population der Käfer gefunden worden. Sie werden mit Fallen, aber auch Pflanzenschutzmitteln bekämpft.