Fleischalternativen noch zu teuer
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Fleischalternativen noch zu teuer

Im «Veganuary» werden Fleischersatzprodukte prominent beworben. Doch diese sind im Laden häufig viel teurer als die Originalprodukte aus richtigem Fleisch. Das liegt vor allem daran, dass die Produkte noch in kleinen Mengen hergestellt werden. Eine Rolle spielen auch die Herstellungskosten, die Rohstoffpreise, Innovationskosten und die Abschöpfung der Zahlungsbereitschaft.

Dienstag, 1. Februar 2022

Wie die «SonntagsZeitung» berichtet, kann der «Veganuary» – der vegane Januar – ziemlich ins Geld gehen. Die Preise für pflanzliche Fleischalternativen sind nämlich hoch. Viele Produkte kosten deutlich mehr als richtiges Fleisch. Als Beispiel nennt die Zeitung den veganen Speck «Vacon», der mit über fünf Franken pro 100 Gramm fast doppelt so teuer wie normaler Bratspeck ist. Dasselbe gilt für den pflanzlichen «Green Mountain Burger», der bei Coop ungefähr ein Drittel teurer als eine herkömmliche Fleischvariante des gleichen Herstellers ist. Urs Niggli, Agrarwissenschaftler und Schweizer Biopionier, sagt gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Vegane Produkte sind Nischenprodukte für eine Elite.»


Vielfältige Faktoren für hohe Preise

Die Gründe für die hohen Preise sind indes vielfältig. Für Sarah Moser von der veganen Gesellschaft Schweiz spielen die hohen Margen der Detailhändler eine Rolle. Mit der Vermarktung als Lifestyleprodukte würden vor allem Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft angesprochen. Dass es zudem wenig Konkurrenz in der Branche gäbe, erhöhe den Preis zusätzlich. Die Detailhändler verweisen gemäss «SonntagsZeitung» auf die geringen Absatzmengen, die komplett neue Technologie sowie die in begrenzten Mengen zur Verfügung stehenden Rohstoffe. Alle diese Faktoren tragen zu hohen Produktionskosten und damit hohen Preisen für Konsumentinnen und Konsumenten bei.


Geringe Nachfrage bei Konsumentinnen und Konsumenten

Die Anbieter von alternativen Fleischprodukten haben aktuell auch sonst mit höheren Kosten zu kämpfen. Die beiden Firmen Oatly und Beyond Meat müssen für Hafermilch oder Rapsöl deutlich höhere Preise zahlen. Das drückt auf die Gewinnmarge und die aufkommende Konkurrenz drückt auf die hohen Konsumentenpreise: Im Juni 2021 war Hafermilch noch mehr als doppelt so teuer wie Kuhmilch, im November 2021 senkte Coop die Hafermilchpreise. Die Konkurrenz im veganen Segment nimmt weiter zu. Auch Grosse wie Nestlé und Unilever sind ins Geschäft mit pflanzlichen Fleischalternativen eingestiegen – Nestlé bietet zum Beispiel eine erbsenbasierte Pflanzenmilch oder auch eine vegane Thunfischalternative an. Der Preis wird entscheidend sein, ob sich die Produkte im Markt etablieren können. Für Konsumentinnen und Konsumenten ist er immer noch einer der wichtigsten Faktoren für den Kaufentscheid.


Gesundheitliche Bedenken und Ekel als Hindernis

Viele Konsumentinnen und Konsumenten sind der Ansicht, dass Vegi-Produkte ungesünder und umweltschädlicher sind als Fleisch. Das zeigt eine Untersuchung der ETH Zürich. Die ablehnende Haltung schlägt sich auch beim Einkauf nieder. Vegi-Produkte sind auch daher nach wie vor Nischenprodukte. Bei manchen überwiegt aber auch der Ekel: Die Migros hat ihre getrockneten Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken im November 2021 nach rund drei Jahren aus dem Sortiment genommen. Dies, obwohl Vertreter der Insektennahrung ihre Produkte gegenüber den pflanzlichen Proteinquellen im Vorteil sehen. Sie könnten vom menschlichen Körper besser aufgenommen werden. Noch dürfte es jedoch ein steiniger Weg sein, bis sich hierzulande Fleischersatz-Produkte aus Insekten als Snacks bei den Konsumentinnen und Konsumenten durchsetzen.


Nachhaltigkeitsnachweis noch zu liefern

Die Zielgruppe für Insekten- und vegane Produkte waren von Anfang an Menschen, die aus ökologischen Gründen auch vermehrt pflanzliche Nahrung bevorzugen. Ausschliesslich vegan lebende Menschen sind für Lebensmittelverarbeiter und Detailhändler nach wie vor uninteressant. Sie machen nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung aus. Doch wer bei diesen Konsumentinnen und Konsumenten, die vermehrt auch auf Klima- und Umweltschutz achten, punkten will, muss die Evidenz für die umfassende Nachhaltigkeit dieser Produkte liefern. Die «NZZ am Sonntag» bezweifelt am Beispiel von künstlichem Fleisch, dass dieses tatsächlich nachhaltiger ist. Fazit: Bis Fleischersatzprodukte mehr als eine Nische bedienen, sind noch einige Aufgaben zu lösen.

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