
Food Trends: Innovative Technologien unumgänglich
Klimawandel und Umweltprobleme werden unsere Essgewohnheiten in Zukunft verändern. Die Ernährung der Zukunft muss gesund sein und gleichzeitig den Planeten schützen. Das ist nur möglich, wenn die Menschen umdenken. Zudem braucht es eine technologische Umwälzung der gesamten Produktionskette. Dazu gehören auch Gentechnik und Fleisch aus dem Labor. Die von der Werbeindustrie verbreitete «Bauernromantik» ist kein Modell für die Zukunft.
Montag, 23. August 2021
Das Wichtigste in Kürze:
- Klimawandel und Umweltprobleme erfordern eine Umstellung unserer Ernährunsgewohnheiten.
- Das Essen der Zukunft muss ausgewogen sein und innerhalb der planetaren Grenzen produziert werden.
- Damit dies gelingen kann, braucht es neue Technologien wie die Gentechnik oder Fleisch aus dem Labor.
In weiten Teilen der Welt steht den Menschen heute eine nie gekannte Menge und Auswahl an Lebensmitteln zur Verfügung. Früchte und Gemüse aus allen Regionen der Erde und zu jeder Jahreszeit sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Täglich Poulet, Rind oder Schweinefleisch auf dem Teller wäre noch vor ein bis zwei Generationen unvorstellbar gewesen. Gemäss dem «European Food Trends Report» des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) könnte unsere gegenwärtige Ernährungsweise schon bald wieder der Vergangenheit angehören. Zur Deckung des globalen Konsums sind derzeit 1,75 Planeten nötig. Ein Schweizer Konsument benötigt sogar 2,85 Erden. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung gemäss Prognosen der EU bis 2050 auf 10 Milliarden Menschen. Der Klimawandel führt zu immer schwierigeren Anbaubedingungen für Landwirte. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Megatrend: Gesundheit
Gesunde und umweltfreundliche Ernährung
Damit der Menschheit in Zukunft genügend gesunde Lebensmittel zur Verfügung stehen, deren Herstellung den Planeten nicht übermässig belasten, braucht es einerseits veränderte Essgewohnheiten. Das GDI spricht von einer «Planetary Health Diet». Das bedeutet besonders für Europäer weniger Fleisch, Zucker oder Kartoffeln. Dafür mehr Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse. Andererseits sind auf sämtlichen Ebenen der Produktion und des Konsums technische Innovationen erforderlich. Heiss diskutierte Themen sind die grüne Gentechnik, alternative Proteinquellen bis zu Fleisch aus dem Labor, mehr Automatisierung und Vernetzung beim Vertrieb, Augmented-Reality-Retail sowie individualisierte Menüs und Essen nach DNA.
Grüne Gentechnik nutzen
In Zukunft sollte sich die Nahrungsmittelproduktion nicht bloss auf die reine Anzahl Kalorien beschränken. Lebensmittel müssen auch gesund sein. Das macht sich auch bei den gegenwärtig beobachtbaren Esstrends bemerkbar. Immer mehr Menschen ernähren sich rein pflanzlich, trinken weniger Alkohol und essen weniger Zucker. Gleichzeitig haben Millionen von Menschen keinen oder nur sehr beschränkten Zugang zu Gemüse und Früchten. Mangel- und Fehlernährung sind weit verbreitet. Damit sich mehr Menschen gesunde pflanzliche Ernährung leisten können, braucht es einen Innovationsschub in der Pflanzenzüchtung. David Bossard, GDI-Executive Advisor, spricht hier die Grüne Gentechnik, insbesondere neue Technologien wie die Genom-Editierung, an: «Die Gentechnik CRISPR/Cas wird uns auf die nächste Ebene der Diskussion bringen, nicht nur in Bezug auf die Bekämpfung von Viren wie COVID-19, sondern auch in Bezug auf die Lebensmittelproduktion. Es geht jetzt mehr um Biologie und weniger um Chemie – wie das anhaltende Bestreben, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, zeigt.»
Nachhaltigkeit aus dem Labor
Um nachhaltigere Lebensmittel zu produzieren, sind wir in Zukunft vermehrt auf das Labor angewiesen. Dies gilt beispielsweise bei der Produktion von künstlichem Fleisch. Die Idee ist, dass Fleisch nicht mehr am Tier wachsen wird, sondern aus Stammzellen im Labor. Bei einer Verletzung bilden Stammzellen neues Muskelgewebe. In einem Medium, das Nährstoffe und Wachstumsförderer enthält, können sich Stammzellen auch ausserhalb des Tierkörpers zu Muskelzellen und Muskelfasern entwickeln. Einem israelischen Unternehmen ist kürzlich sogar gelungen, ein ganzes Steak in der Petrischale zu «züchten». Zwar hat bis jetzt noch kein solches Produkt die Marktreife erlangt, doch könnte sich dies bald ändern. Die Vorteile sind offensichtlich: Es müssen keine Tiere mehr in Massenbetrieben gehalten und geschlachtet werden. Bis auf die Entnahme der Stammzellen ist das Tier nicht mehr Teil des Produktionsprozesses. Die Flächen der Tierhaltung stehen beispielsweise für die Pflanzenproduktion oder Biodiversitätsmassnahmen zur Verfügung.
Cultivated meat mit grossem Wachstumspotenzial
Auch McKinsey widmet sich in einer Artikel- und Interview-Serie dem «cultivated meat» aus dem Labor. Ihren Prognosen zufolge dürfte dies im Jahr 2030 ein globaler Markt von 25 Mia. USD sein – innerhalb und ausserhalb der heutigen Ernährungswirtschaft.
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