
Frühwarnsystem gegen Krautfäule schützt Kartoffelernte
Sommerzeit ist in der Landwirtschaft Schädlingszeit. Der Druck auf die landwirtschaftlichen Kulturen ist gross. Insbesondere bei den Kartoffeln ist das Risiko für Krautfäule im Moment hoch. Geschuldet ist dies der feuchtwarmen Witterung.
Donnerstag, 8. Juli 2021
Das Wichtigste in Kürze:
- In regnerischen Sommern steigt für Kartoffelbauern die Gefahr durch die Kraut- und Knollenfäule.
- Die Krankheit breitet sich rasant auf den Feldern aus und muss bekämpft werden.
- Mit einem Krautfäuleradar bereiten sich Bauern auf einen möglichen Befall vor.
In den vergangenen Tagen zeigt sich meteorologisch fast immer das gleiche Bild. Gewitterzüge ziehen über den Jura und das westliche Mittelland bis nach Zürich und Schaffhausen. Die Ostschweiz bleibt mehrheitlich verschont.

Hagelzüge und überschwemmte Keller sind die eine Folge, doch mit dem feuchtwarmen Klima verbreiten sich auch Pflanzenkrankheiten. Anhaltende Blattfeuchte und Temperaturen zwischen 18 bis 24 Grad Celsius sind laut Strickhof, dem Kompetenzzentrum in Agrar-, Lebensmittel- und Hauswirtschaft des Kantons Zürich, ideale Bedingungen für die Ausbreitung der Krautfäule bei den Kartoffeln. Die Kraut- und Knollenfäule ist eine Infektionskrankheit, die mit Sporen übertragen wird. Ohne Fungizidschutz kann der Pilz in einem Feld Fuss fassen. Gefährdet sind dann auch Nachbarfelder in einem Umkreis bis zu 20 Kilometern, denn die Sporen werden über die Luft übertragen. Der Strickhof hält fest: «Die erste Fungizidbehandlung gegen Krautfäule sollte nun wegen festgestellter Befälle und der Witterung zum heutigen Zeitpunkt in allen Beständen – unabhängig vom Entwicklungsstadium – erfolgt sein.»
Auch das Institut für biologischen Landbau (FiBL) empfiehlt den Biobauern, jetzt vorbeugend Kupfer zu spritzen, um ihre Kulturen zu schützen. Auf der Website Bioaktuell lautet die FiBL-Empfehlung: «Sobald in der Region ein Befall gemeldet wird, sollte eine erste Kupferspritzung zum Schutz der Pflanzen erfolgen. Das vorbeugend wirksame Kupfer muss auf jeden Fall vor einer Infektion (das heisst auch vor Niederschlägen) ausgebracht werden. Für einen optimalen Applikationserfolg ist ein gleichmässiger Spritzbelag auf der Blattober- und -unterseite nötig. Wenn seit der letzten Anwendung mindestens 30 Millimeter Niederschlag gefallen sind, oder wenn seither viele neue Blätter gebildet wurden (nach sieben bis zehn Tagen), muss der Kupferbelag erneuert werden.» Zwar gibt es bei leichterem Befall auch andere Biomittel. Doch das FiBL hält unmissverständlich fest: Die wirksamsten Mittel gegen die Krautfäule sind nach wie vor die anorganischen Kupferpräparate.
Bei feuchtwarmer Witterung schauen die Kartoffelbauern nicht nur auf den Wetterradar. Sie haben auch einen eigenen Krautfäuleradar. Die Prognosen zur Kartoffelkrankheit basieren auf Meldungen von Bauern und werden mehrmals täglich von Agroscope aktualisiert. Über die Website oder App lässt sich die Befallskarte abrufen (phytopre.ch).

Auffallend dabei: Die Meldungen über die Befälle gleichen dem Verlauf der feuchten Witterung der letzten Tage und Wochen. Wo die Feuchtigkeit ist, verbreiten sich die Pflanzenkrankheiten.
Der Strickhof schreibt auch: «Schon im Mai wurden im Kanton Zürich Krautfäulebefälle in Frühkartoffeln festgestellt.» Den betroffenen Produzenten ist es zu verdanken, dass sie Befälle über die App oder Website an Agroscope gemeldet haben. Anhand der Warnungen können andere Bauern ihre Ernten gezielt schützen. Ein Beispiel dafür, wie die Digitalisierung in der Landwirtschaft Einzug hält und sie in ihren Entscheidungen unterstützt.
Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für den Schutz der Kartoffeln gegen die Kraut- und Knollenfäule zu reduzieren, braucht es resistente Sorten. Das ist mit Gentechnik möglich. Gemäss «BauernZeitung» hat die landwirtschaftliche Forschungsanstalt Reckenholz in den letzten Jahren Freilandversuche mit Gentechkartoffeln gemacht, die auch gegen die in der Schweiz vorkommenden Krautfäuleinfektionen resistent sind. Dafür verantwortlich war die Molekularbiologin Susanne Brunner von Agroscope. Das Fazit: Die gentechnisch veränderten Kartoffeln überzeugten, doch der Anbau ist wegen des Gentech-Moratoriums in der Schweiz verboten.
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