
Gefrässiger Falter auf dem Vormarsch
Einmal mehr macht ein neuer Schädling den Schweizer Bauern das Leben schwer. Die wandernde Baumwollkapseleule wurde 2025 erstmals wieder in der Schweiz gesichtet. Sie frisst sich durch Bohnen, Mais und andere Kulturen – mit verheerenden Folgen für die Ernte.
Sonntag, 6. Juli 2025
Wie die «BauernZeitung» berichtet, wurde 2025 erstmals wieder die sogenannte Baumwollkapseleule (Helicoverpa armigera) in der Schweiz gesichtet. «In den entsprechenden Grenzregionen haben wir aktuell die ersten Falterfänge registriert», sagt Cornelia Sauer von Agroscope. Der hellbraune Nachtfalter ist wärmeliebend und wandert jeweils im Sommer aus dem Süden, Westen und Osten in die Schweiz ein.
Der Schädling ist kein Unbekannter: Bereits 2023 verursachte er massive Schäden im Gemüsebau. Tonnenweise Bohnen mussten damals vernichtet werden, weil sie von den Raupen des Falters durchlöchert waren. Der Falter hat es in sich: Seine Larven fressen nicht nur Blätter, sondern auch Hülsen, Früchte und Kolben. Dabei ernährt sich die Baumwollkapseleule von über 200 verschiedenen Pflanzenarten. Damit ist sie eine echte Bedrohung für zahlreiche Kulturen. Wetterbedingungen mit viel Wärme und Südwind begünstigen die Einwanderung der Schädlinge.
«Grundsätzlich sind alle Kulturen, die im Sommer an einem betroffenen Standort wachsen und in denen der Schädling seinen Entwicklungszyklus abschliessen kann, einem gewissen Risiko ausgesetzt», sagt Stève Breitenmoser von Agroscope gegenüber der «BauernZeitung».
Bekämpfung mit Insektiziden möglich
Seit 2024 wird die Baumwollkapseleule durch ein schweizweites Monitoring mit Pheromonfallen und Feldkontrollen genau beobachtet. Das hat sich ausgezahlt: «Dank der Überwachung konnten die Bestände nach den ersten Raupenschäden vorsorglich mit einem Insektizid geschützt werden», erklärt Cornelia Sauer. So konnten befallsbedingte Rückweisungen beispielsweise von Buschbohnen verhindert werden.
Einmal mehr stellen aber die grösste Herausforderung die fehlenden Pflanzenschutzmittel dar. In der Schweiz sind kaum wirksame Mittel gegen die Baumwollkapseleule zugelassen. Deshalb braucht es jährlich neue Notfallzulassungen, um die Pflanzen zu schützen. Für 2025 wurden deshalb das Virenpräparat Helicovex für Kichererbsen und Zuckermais sowie Helicovex und Coragen für Bohnen und Erbsen zugelassen.
Pflanzenschutz bedeutet Pflanzengesundheit
Die Baumwollkapseleule ist nicht der einzige Schädling, der die Schweizer Landwirtschaft bedroht. David Brugger vom Schweizer Bauernverband bringt es auf den Punkt: «Es fehlen Lösungen gegen Drahtwurm, Kirschessigfliege oder die Baumwollkapseleule, welche die Ernten ganzer Kirschenanlagen, Bohnen- und Zuckermaisfelder vernichten. Aber auch Lücken bei Herbiziden machen zu schaffen. Problemungräser und -unkräuter breiten sich immer weiter aus. Dass es so nicht weitergehen kann, ist inzwischen auch dem Bund klar.»
Die Gesundheit unserer Nutzpflanzen ist keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: In unserer vernetzten Welt verbreiten sich Schädlinge und Pflanzenkrankheiten immer schneller. Zusätzlich wird diese Entwicklung durch Globalisierung und Klimawandel befeuert. Neue Schädlinge wie der Japankäfer, die Marmorierte Baumwanze (manchmal auch als «Chinesische Stinkwanze» bezeichnet) oder eben die Baumwollkapseleule bedrohen unsere Ernten – und damit unsere Versorgungssicherheit.
Invasive Schädlinge auf dem Vormarsch
Invasive Schädlinge stellen eine wachsende Bedrohung für die Schweizer Landwirtschaft und Biodiversität dar. Durch globalen Handel, Klimawandel und Reiseverkehr gelangen immer mehr fremde Arten in die Schweiz und richten erhebliche Schäden an Kultur- und Wildpflanzen an.
Beispiele dafür sind der Japankäfer, der sich rasant ausbreitet und einheimische Kulturpflanzen gefährdet, sowie die Asiatische Hornisse, die eine ernste Bedrohung für die Honigbienen darstellt. Weitere invasive Schädlinge wie die Edelkastaniengallwespe, die Kirschessigfliege oder der Asiatische Laubholzbockkäfer machen Landwirten und Naturschützern zunehmend Sorgen.
Der Schutz von Pflanzen vor diesen Bedrohungen bleibt eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Effektive Pflanzenschutzmittel, praxistaugliche Bekämpfungsstrategien und ein konsequentes Monitoring sind essenziell, um die Ausbreitung dieser Schädlinge einzudämmen.
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