
Gemüse schützt Obst – und umgekehrt
Plastikverpackungen im Lebensmittelhandel schützen Obst und Gemüse vor dem Verderb, sorgen aber auch für beträchtliche Mengen Müll. Gemeinsam mit der Empa hat Lidl Schweiz nun eine Schutzhülle für Obst und Gemüse entwickelt, die auf nachwachsenden Rohstoffen basiert.
Dienstag, 4. Januar 2022
Früchte und Gemüse während Transport und Lagerung vor Verderb zu schützen und damit Food Waste zu verhindern, ist eine der grossen Herausforderungen in der Lebensmittelkette. Forschende der Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) haben nun gemeinsam mit Lidl Schweiz eine Cellulose-Schutzschicht für Früchte und Gemüse entwickelt. Die neuartige Cellulose-Schutzschicht wird aus Trester – also den festen Rückständen von ausgepressten Frucht- und Gemüseschalen – hergestellt. Die damit beschichteten Früchte und Gemüse bleiben bedeutend länger frisch. Die Beschichtung wird entweder auf die Früchte gesprüht oder als Tauchbad auf die Produkte aufgetragen und ist einfach abwaschbar.
Effiziente Verwendung von Rückständen
Die innovative Lösung reduziert nicht nur Verpackung und Verderben, es werden auch die festen Rückstände, die nach dem Auspressen des Saftes von Obst, Gemüse oder Pflanzen übrig bleiben, optimal weiterverwendet. Bisher landeten diese Pflanzenrückstände in Biogasanlagen oder wurden direkt auf dem Feld entsorgt. Künftig kann aus diesen Rückständen die Schutzbeschichtung für frische Früchte oder Gemüse entstehen. Da sie für den Verbraucher unbedenklich ist, kann sie gemäss Empa auch ohne Probleme mitverzehrt werden. Das Potenzial der Cellulose-Beschichtung sei dabei noch lange nicht ausgeschöpft: Es bestehe die Möglichkeit, Zusätze wie Vitamine oder Antioxidanten etc. hinzuzufügen.
Die an der Empa entwickelte Cellulose-Schicht wird nun in den nächsten zwei Jahren zusammen mit Lidl Schweiz und einem Obst- und Gemüselieferanten getestet und weiter verbessert. Ziel ist es, dass die neue Technologie nach der erfolgreichen Hauptstudie in allen Lidl Filialen in der Schweiz zum Einsatz kommen kann.
Längere Haltbarkeit mit Neuzüchtungen
Die Haltbarkeit von Früchten und Gemüsen zu verbessern oder Verpackung zu vermeiden, ist auch ein wichtiges Züchtungsziel. So hat etwa Syngenta eine Salatgurke entwickelt, die ohne die verpönte Plastikverpackung auskommt. Was einfach tönt, erfordert grosses züchterisches Know-how, denn beim Hineinzüchten einer weiteren Eigenschaft geht leicht eine andere verloren. Aber eine Sorte soll möglichst alle Ansprüche erfüllen: Der Landwirt wünscht sich etwa Resistenz gegenüber Schädlingen, Trockenheitstoleranz für Dürreperioden oder gleichzeitige Reifung der Feldfrüchte, etwa bei Rispentomaten, das erleichtert die Ernte und verringert den Ausschuss. Für die Verarbeiter spielen etwa Eigenschaften wie konstanter Stärkegehalt bei Getreide oder möglichst wenig Rüstabfall bei Gemüse eine wichtige Rolle. Aussehen, Geschmack, Haltbarkeit und Transportfähigkeit sind gerade bei unverarbeiteten Produkten wie Gemüse und Früchten wichtig für den Detailhandel. Und die Konsumenten wünschen sich lange Frische und Haltbarkeit und positive Pflanzeneigenschaften, die ihnen helfen, lange jung und gesund zu bleiben. Moderne Züchtungsverfahren wie die Genom-Editierung erleichtern das gezielte Hinzufügen oder auch Eliminieren von Eigenschaften einer Sorte.
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