«Gentechnik gefährdet die Gesundheit»
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«Gentechnik gefährdet die Gesundheit»

Häufig hört man, gentechnisch veränderte Lebensmittel seien nicht sicher und könnten die Gesundheit von Menschen und Tieren negativ beeinflussen. Diese Behauptungen lassen sich jedoch nicht mit Fakten belegen. Gentechnische Pflanzenzüchtung ist nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung genau so sicher wie herkömmliche Züchtungsverfahren. Und Gentechnik erhöht die Lebensmittelsicherheit und trägt zur verbesserten Verdaulichkeit bei.

Freitag, 19. März 2021

Das Wichtigste in Kürze

  • Pflanzen die mit gentechnischer Unterstützung gezüchtet wurden, sind mindestens genau so sicher, wie herkömmlich gezüchtete Pflanzen.
  • In den USA fressen mittlerweile 95% der jährlich mehr als neun Milliarden Rinder, Schweine und Geflügeltiere Futter, das aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurde.
  • Mithilfe neuer gentechnischer Verfahren können Forscher Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten oder Schädlinge wie auch gegen Hitze, Nässe oder versalzte Böden machen.

Seit der Einführung der Gentechnik in der Landwirtschaft hat sich jede mit gentechnischer Unterstützung gezüchtete Pflanze als mindestens genauso sicher und verträglich für Gesundheit und Umwelt erwiesen wie Pflanzen, die mit anderen modernen oder klassischen Methoden gezüchtet wurden.


So sicher wie herkömmliche Organismen

Mit der Sicherheit von gentechnischen Verfahren haben sich in Europa zahlreiche Behörden und Wissenschaftsorganisationen befasst. Die Schweizerischen Akademien der Wissenschaften fassen die Ergebnisse in einem Faktenblatt wie folgt zusammen: «Sie (die Studien) kommen übereinstimmend zum Schluss, dass die bisher berücksichtigten neuen Techniken so sicher wie bisher eingesetzte Züchtungsverfahren sind und darüber hinaus erst noch präziser wirken.» Zudem müssen sämtliche neuen Sorten – unabhängig von der Züchtungstechnik – einer mehrjährigen Prüfung standhalten, bevor sie in den Sortenkatalog aufgenommen werden.

Auch das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat sich mit den Auswirkungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln beim Menschen beschäftigt. Und bestätigt dabei, was Forscher seit vielen Jahren wissen: dass gentechnisch veränderte Lebensmittel, ebenso wie nicht gentechnisch veränderte, im Verdauungstrakt in kleine Bruchstücke zerlegt werden und somit die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für den Menschen als sehr unwahrscheinlich eingestuft wird.

Moderne Gentechnik bietet die Möglichkeit Pflanzen so zu beeinflussen, dass sich Vorteile für die menschliche Ernährung, die Umwelt und das Klima ergeben. Konsumenteninnen und Konsumenten setzen sich keinem neuen oder andersartigen Risiko aus, wenn sie Lebensmittel konsumieren, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt sind. Der Vermerk «ohne GVO» kann irreführend sein. Tierprodukte können in der Schweiz mit dem Vermerk «ohne GVO» (ohne gentechnisch veränderte Organismen) gekennzeichnet werden, wenn die Tiere ohne gentechnisch veränderte Futterpflanzen ernährt wurden. Die Kennzeichnung wirft jedoch Fragen auf: Futtermittel enthalten häufig Zusatzstoffe, die mithilfe von Gentechnik hergestellt wurden.

Blindspot-Artikel

Eine umfassend nachhaltige Lebensmittelproduktion und eine gesunde Ernährung sind komplexe Themenfelder. Es braucht die Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln. Doch unliebsame Fakten kommen in der öffentlichen Diskussion häufig zu kurz. Wir beleuchten, was gerne im Schatten bleibt. So kommen die Zielkonflikte zur Sprache.

Keine Gefahr für Nutztiere- aber viel Nutzen

Seit einigen Jahren gibt es auch eine grosse Studie an Nutztieren: In den USA fressen mittlerweile 95% der jährlich mehr als neun Milliarden Rinder, Schweine und Geflügeltiere Futter, das aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurde. Forscher der University of California in Davis haben anhand öffentlich zugänglicher Daten für die Jahre 1983 bis 2011 untersucht, ob es in diesem Zeitraum irgendwelche auffälligen Trends bei der Gesundheit von Nutztieren gegeben hat. Ihr Fazit: Beginnend mit dem Jahr 2000 haben in den USA über 100 Milliarden Nutztiere mit Gentechnik erzeugte Futterpflanzen gefressen. Alle Tiere wurden vor der Schlachtung von Veterinären untersucht – so, wie es vom Gesetz vorgeschrieben ist. Der Milchertrag der Kühe und das Schlachtgewicht von Schweinen, Rindern und Geflügel haben stetig zugenommen, die Zahl kranker Tiere hat dagegen kontinuierlich abgenommen. Dazu hat sicher auch Tiermedizin beigetragen, die wie die Humanmedizin auch zu einem wesentlichen Teil auf moderner Biotechnologie beruht. Die Vorteile dieser Technologien zu anerkennen, erschliesst auch neue Lösungen: So könnten die eiweissreichen Pressrückstände von Raps mithilfe von «Genome Editing» zu einem besser verdaubaren Futtermittel für Nutztiere werden, was in mehrerer Hinsicht ökologischer ist.


Chance für mehr Ertrag und Nachhaltigkeit

Weil die Weltbevölkerung bis 2050 auf fast 10 Milliarden Menschen anwachsen wird, muss mehr Ertrag auf möglichst wenig Fläche erzielt werden. Mithilfe neuer gentechnischer Verfahren können Forscher Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten oder Schädlinge wie auch gegen Hitze, Nässe oder versalzte Böden machen. Ferner ist möglich, Pflanzen mit wertvollen Nährstoffen oder Vitaminen anzureichern. Für die globale Landwirtschaft sind solche Eigenschaften von enormer Bedeutung, denn Klima und Wetter verändern sich rasch. Ebenso verändert sich permanent der biotische Stress für eine Pflanze: Neue Konkurrenzpflanzen, Insekten oder Krankheiten breiten sich aus. Die Gentechnik kann hier einen entscheidenden Beitrag zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit leisten. Mehr als 100 Nobelpreisträger sprachen sich 2016 deshalb für Gentechnik in der Landwirtschaft aus. Gleichzeitig können aber auch Umwelt und Klima durch den geringeren Flächenverbrauch entlastet werden.

Viele Vorteile bietet bereits der vor allem in den USA, Brasilien und Argentinien angebaute Mais, der durch gentechnische Veränderung resistent gegen bestimmt Insekten ist. Er liefert mehr Ertrag, es müssen weniger Insektizide eingesetzt werden und er ist mit sehr viel weniger Schimmelpilzgiften, sogenannte Mykotoxinen, belastet. Diese treten sonst bei Pflanzen nach Insektenbefall auf, weil sich in den Frassstellen Schimmel bildet. Mykotoxine können giftig sein oder auch Allergien oder Krebs auslösen. Das ist insbesondere in Entwicklungsländern ein grosses Problem: Experten gehen davon aus, dass die Folgen durch die Vergiftung mit Aflatoxinen tödlicher ist als Malaria und Tuberkulose. Rund 40 Prozent der Leberkrebstoten in Afrika stünden in Zusammenhang mit der Einnahme von Aflatoxinen.

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