Invasive Schädlinge reisen mit

Invasive Schädlinge reisen mit

Invasive Schädlinge und Pflanzenkrankheiten gehören zu den grössten Herausforderungen für Biodiversität und Landwirtschaft. Sie gelangen oft über den Reiseverkehr sowie Warenimporte in die Schweiz und richten grosse Schäden bei Kultur- und Wildpflanzen an. Seit 2020 ist die Einfuhr von Pflanzen aus nicht EU-Ländern verboten. Eingeschleppte Schädlinge sind jedoch ein weltweites Problem.

Mittwoch, 9. August 2023

Das Wichtigste in Kürze:

  • Invasive Schädlinge verbreiten sich durch den internationalen Personen- und Warenverkehr immer stärker.
  • Sie verdrängen an neuen Gebieten die einheimische Fauna und Flora und richten teilweise massive Schäden in der Landwirtschaft an.
  • Um der Gefahr entgegenzuwirken, braucht es forschungs- und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen.

Megatrend: Globalisierung

Nach den Corona-Lockerungen sehnen sich viele Leute wieder nach Ferien im Ausland. Wer reist, trägt jedoch auch eine Verantwortung für die einheimische Pflanzengesundheit. Pflanzen aus exotischen Gebieten sollten nicht mit nach Hause genommen werden. Es besteht die Gefahr, dass sie von Krankheiten oder Schädlingen befallen sind, die sich hier ausbreiten könnten. Seit dem 1. Januar 2020 ist es untersagt, Pflanzen, Früchte, Gemüse, Schnittblumen oder Samen aus nicht EU-Staaten in die Schweiz einzuführen. Ausnahmen sind Ananas, Bananen, Datteln, Durian und Kokosnüsse. Die Schweiz hat ihre Regelungen im phytosanitären Bereich mit der EU harmonisiert. Die Massnahme zeigt: Die einheimische Pflanzenwelt ist bedroht. Viele invasive Schädlinge haben sich bereits ausgebreitet.

Keine natürlichen Feinde

Zum Beispiel der Japankäfer. Er stammt ursprünglich aus Japan und gelangte vor gut 100 Jahren nach Nordamerika. 2014 wurde er zum ersten Mal auf dem europäischen Festland bei Mailand entdeckt. Im Sommer 2023 wurde in Kloten zum ersten Mal eine grössere Population von Japankäfern nördlich der Alpen entdeckt. Die Behörden handelten sofort und setzten zur Bekämpfung des Käfers Insektizide sein. So soll eine Ausbreitung in weitere Gebiete verhindert werden. Denn das könnte für die Landwirtschaft verheerende Folgen haben. Der Käfer fällt über Bäume (z.B. Apfel, Ulme, Linde, Ahorn, Pfirsich), Sträucher (z.B. Weinbeere, Brombeere, Rose) und andere Pflanzen (z.B. Mais, Sojabohne) her. Er frisst die Pflanzen teilweise bis auf die Zweige und Blattskelette kahl. Der Japankäfer kennt in der Schweiz keine natürlichen Feinde und ist äusserst schwer zu bekämpfen.

Wie wird der Japankäfer bekämpft?

Bei der Bekämpfung des Japankäfers sind die Behörden auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Sichtungen des Käfers sind sofort den zuständigen Behörden zu melden. Bekämpft wird er anschliessend durch das Aufstellen von Fallen, durch ein Bewässerungsverbot und durch die Anwendung hochwirksamer Pestizide. Die von den Behörden in Kloten eingesetzten Insektizide wurden befristet per Notfallzulassung zugelassen. Dieser Pragmatismus ist richtig, denn zurzeit kann der Japankäfer mit Pflanzenschutzmitteln am wirksamsten bekämpft werden.

Gefahr für Marroni

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Edelkastaniengallwespe. Auch sie stammt ursprünglich aus Asien und gefährdet einheimische Pflanzen. Sie wurde 2002 zum ersten Mal in Norditalien gesichtet und hat 2009 den Sprung über die Grenze ins Tessin geschafft. Mittlerweile sind praktisch alle Kastanienwälder im Tessin befallen. Die Weibchen der Edelkastaniengallwespe legen ihre Eier in die Zweig- und Blütenknospen von Kastanienbäumen. Dadurch entstehen auffällige Gallen an den Trieben, Blättern und Blüten. Zwar sterben die Bäume in den seltensten Fällen ab, doch sie sind durch den Befall geschwächt und anfälliger für Krankheiten. Die Kastanienernte sinkt drastisch.


Grosse Schäden im Obstbau

Die Marmorierte Baumwanze, auch Stinkwanze genannt, wurde aus Asien eingeschleppt und bereitet vor allem im Obstbau grosse Sorgen. Besonders stark betroffen ist der Kanton Thurgau. Im letzten Jahr gingen dort aufgrund der Wanze rund 25 Prozent der Birnen verloren. Die Stinkwanze hinterlässt in den Birnen Einstiche, die zu Dellen und Deformationen führen. Die Bekämpfung gestaltet sich als schwierig. Wirksame chemische Mittel sind in der Schweiz nicht zugelassen. Die Samurai-Wespe ist ein natürlicher Feind der Wanze und könnte in der Schweiz zur Bekämpfung der Baumwanze eingesetzt werden. Bevor sie in freier Wildbahn ausgesetzt werden kann, sind jedoch mehrjährige Testverfahren notwendig. Dies, um sicherzustellen, dass die Wespe keine Gefahr für einheimische Tiere darstellt.

Asiatische Hornisse

Eine Gefahr für einheimische Bienen stellt hingegen die Asiatische Hornisse dar. Sie hat sich im vergangenen Jahr stark in der Schweiz ausgebreitet. Das Problem: Sie jagt die Honigbiene.

Forschung nicht behindern

Nicht nur in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt ist das Thema präsent. Pflanzen sind für die Biodiversität und das Leben unerlässlich. Sie produzieren Sauerstoff und liefern Nahrung für die allermeisten Lebewesen. Rund 80 Prozent der vom Menschen verzehrten Lebensmittel sind pflanzlichen Ursprungs. Invasive Schädlinge bedrohen Wild- und Kulturpflanzen weltweit. Das betrifft die Ernährungssicherheit von Millionen von Menschen. Damit in Zukunft genügend Nahrungsmittel für die wachsende Weltbevölkerung zur Verfügung stehen, sind Landwirte auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angewiesen. Gegen diverse Krankheiten und Schädlinge gibt es jedoch noch keine geeigneten Mittel. Deshalb braucht es Forschung – auch in der Schweiz. Dass immer wieder politische Vorstösse die Herstellung und Anwendung von Pestiziden in der Schweiz ganz verbieten wollen, wirkt vor diesem Hintergrund absurd. Ein Verbot würde nicht nur den Gebrauch gegen invasive Schädlinge verhindern, sondern auch die Weiterentwicklung von Pflanzenschutzmitteln verunmöglichen.

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