
Klimawandel: niedrigere Ernten bereits ab 2030?
Der Klimawandel wirkt sich auf die Qualität und Quantität von Ernten aus. Gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie drohen bereits ab Mitte der 2030er Jahre deutlich niedrigere Maisernten. Betroffen sind in erster Linie Afrika und Südamerika. Doch auch Europa muss aufpassen, dass die landwirtschaftliche Produktion nicht vernachlässigt wird.
Mittwoch, 3. November 2021
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Klimawandel verringert landwirtschaftliche Ernten früher als erwartet.
- Die Erträge bei Mais werden bereits innerhalb der nächsten 20 Jahre drastisch zurückgehen. Auch Reis und Sojabohnen werden deutlich geringere Ernten einbringen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam mit Beteiligten von amerikanischen, deutschen und österreichischen Instituten.
- Betroffen werden vor allem tropische und subtropische Gebiete sein. Doch auch in Europa sollte mehr für die Ernährungssicherheit unternommen werden. Eine weitere Extensivierung der Landwirtschaft ist der falsche Weg.
Wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet, hat sich ein internationales Forschungsteam mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die wichtigsten Kulturpflanzen der Welt befasst. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift «Nature Food» veröffentlicht. Die Forscherinnen und Forscher kommen zum Schluss, dass sich der Klimawandel früher als bisher angenommen auf die Erträge von Nutzpflanzen auswirken wird. Dies gelte insbesondere für Mais, Reis aber auch Sojabohnen. Gemäss der Studie könnten sich erste negative Auswirkungen auf die Maisernte bereits ab dem Jahr 2032 zeigen.
Eine Vielzahl an Faktoren
Für die schlechteren Ernten sind eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich. Dazu gehören intensivere Dürre- und Hitzeperioden, der Anstieg der Durchschnittstemperatur, veränderte Regenmengen sowie der Anstieg der CO2-Konzentration in der Luft. Wie die «NZZ» schreibt, sei es jedoch schwierig, aus den komplexen Wechselwirkungen der einzelnen Faktoren genaue Vorhersagen zu machen. So könne sich beispielsweise eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre sogar positiv auf das Wachstum von Mais auswirken. Höhere Temperaturen möge der Mais jedoch nicht. Klar ist: Die Klimaveränderungen werden sich früher oder später negativ auf landwirtschaftliche Erträge auswirken.
Globaler Süden besonders betroffen
Matin Quaim, Agrarökonom und Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung in Bonn, sagt gegenüber der «NZZ», die Ergebnisse müssten ernst genommen werden. Der Zeitraum für mögliche Anpassungen in der landwirtschaftlichen Produktion werde kürzer. Ohne geeignete Veränderungen drohten einigen Regionen Versorgungengpässe und sogar Hungersnöte. In besonderem Masse vom Klimawandel betroffen sind tropische und subtropische Anbaugebiete. Dort wirken sich die veränderten klimatischen Bedingungen besonders negativ auf das Pflanzenwachstum aus.
Wie der «Landfreund» schreibt, wirkt sich der Klimawandel in ärmeren Ländern zusätzlich negativ auf die teilweise jetzt schon prekären Verhältnisse bei der Ernährungssicherheit aus. Gemäss Studienautoren könnten die Maiserträge, die vor allem im globalen Süden anfallen, bis Ende Jahrhundert um bis zu 25 Prozent zurückgehen. Beim Weizen, der eher in nördlicheren Gebieten wächst, könnten sich die Anbaubedingungen dagegen verbessern. Dort erwarten die Studienautoren Mehrerträge von 17 Prozent. Allerdings muss betont werden, dass neue Technologien der Pflanzenzüchtung nicht in die Modelle der Studie einflossen. Gerade diese könnten jedoch einen entscheidenden Einfluss auf die Züchtung trocken- und hitzeresistenter Pflanzensorten haben.
Extensivierung ist keine Option
Das Fazit der «NZZ», wonach die Ernährungssicherheit in Europa nicht gefährdet sei, muss jedoch kritisch betrachtet werden. Der von der EU beschlossene «Green Deal» führt gemäss Untersuchungen der Universität Wageningen zu einer 20 Prozent niedrigeren europäischen Agrarproduktion. Dies, weil der grundlegende Gedanke hinter der Strategie eine Extensivierung der Produktion ist. Die EU wird mehr landwirtschaftliche Güter aus anderen Regionen importieren müssen, was dort das Angebot wiederum minimiert und schlimmstenfalls die Ernährungssicherheit von Millionen von Menschen bedroht. Die Verlagerung der Produktion in andere Gebiete exportiert den ökologischen Fussabdruck und erhöht das Risiko für die Versorgungssicherheit – insbesondere, wenn das Angebot auch andernorts knapp wird. Es tut sich eine Schere auf.
Blindspot-Artikel
Die extensive Landwirtschaft ist angesichts drohender Mindererträge durch den Klimawandel der falsche Weg. Zudem wirkt sich ein höherer Flächenverbrauch auch negativ auf die Biodiversität aus. So kommt eine Studie der Universität Cambridge zum Schluss, dass mit einer intensiven Produktion auf kleineren Flächen der Artenvielfalt besser geholfen ist. So kann weltweit wertvoller Lebensraum für Lebewesen eingespart und der Natur überlassen werden. Gerade ein Land wie die Schweiz, das nur wenig Fläche, aber genügend Wasser und im Mittelland auch gute Böden zur Verfügung hat, sollte diese so optimal und ressourceneffizient wie möglich nutzen.
Sources
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