Krieg in der Ukraine bedroht die Aussaat
Wer ernten will, muss säen. Doch der Krieg in der Ukraine bedroht die Aussaat für wichtige Kulturen und gefährdet die globale Nahrungsmittelversorgung. Falls sich die Kämpfe in den Westen des Landes ausdehnen, drohen grosse Ernteausfälle, die sich katastrophal auf andere Regionen der Welt auswirken könnten. Die Preise für Lebensmittel werden aufgrund der Knappheit steigen.
Dienstag, 22. März 2022
Wie die englische «Financial Times» schreibt, wird der Krieg in der Ukraine «enorme Auswirkungen» auf die Lebensmittelversorgung und die Preise haben. Wie John Rich, Vorstandsvorsitzender des führenden ukrainischen Lebensmittellieferanten MHP sagt, ist die Pflanzsaison im Frühjahr für Raps, Gerste und Mais gefährdet. Zudem ist unklar, ob der im bereits im Herbst angepflanzte Weizen im Sommer geerntet werden kann. Weil die Ukraine zu den wichtigsten Weizen- und Pflanzenölexporteuren gehört, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Ukraine, sondern auch auf viele andere Regionen der Welt.
30 Prozent der Agrarflächen bedroht
Die Pflanzsaison wäre gemäss Rich umso mehr gefährdet, je weiter sich der Krieg in den Westen der Ukraine verlagert. Die Vereinten Nationen haben dementsprechend bereits davor gewarnt, dass rund 30 Prozent der Agrarflächen in der Ukraine aufgrund des Krieges entweder nicht bepflanzt oder nicht abgeerntet werden können. Dies könnte gemäss Rich eine «Inflationsspirale» bei den Kosten für Weizen, Mais und anderen Rohstoffen verursachen. Durch die Dürren im vergangenen Sommer 2021 sowie die gestiegene Nachfrage infolge des Nach-Corona-Aufschwungs haben die Preise bereits vor dem Konflikt angezogen. «Das ist eine ziemlich giftige Mischung», sagt Rich in der «Financial Times».
Neben der Ukraine gehört auch Russland zu den wichtigsten Exporteuren von Weizen. Noch ist unklar, wie stark Russland die Welt aufgrund der internationalen Sanktionen mit Agrarprodukten beliefern kann. Aufgrund der fehlenden Absatzmärkte geht die FAO jedoch von Produktionsrückgängen bei russischen Landwirten aus. Die Landwirtschaftsminister der G7-Länder riefen dazu auf, Exportverbote zu vermeiden und die Grenzen für Lebensmittel- und Agrarprodukte offen zu halten.
Auch Düngemittel und Tierfutter werden knapp
Neben dem Weizen und Sonnenblumenöl drohen aber auch andere Produkte aus Russland knapp zu werden. So bezieht die EU rund einen Drittel ihrer Düngemittel aus Russland. Und auch das mit Russland verbündete Weissrussland ist ein wichtiger Lieferant von Düngemitteln. Die stark gestiegenen Erdgaspreise treiben die Preise von Stickstoffdünger auch in die Höhe, da Stickstoffdünger direkt aus Erdgas gewonnen wird. Es droht gemäss «Financial Times» deshalb ein Versorgungsengpass bei Düngemitteln, der sich wiederum verstärkend auf die fragile Lage bezüglich der Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln auswirkt.
Der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas, machte gemäss «Financial Times» kürzlich in einem Interview auf die Abhängigkeit Europas bei pflanzlichen Proteinen sowie Düngemitteln aufmerksam. Zwar bestehe für Spanien kein Grund zur Sorge bezüglich der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Doch auch im Bereich des Tierfutters – beispielsweise Mais fürs Vieh – sei man zu 22 Prozent von der Ukraine abhängig. Er fordert deshalb Lockerungen der rigiden EU-Pestizidrückstandsauflagen und bei GVO, damit mehr aus Argentinien und den USA importiert werden könne.
Der Landwirtschaftsminister äusserte auch Besorgnis über die Auswirkungen der Preisanstiege im Mittelmeerraum – insbesondere in Nordafrika. So seien die Ereignisse rund um den Arabischen Frühling von 2011 zum Teil durch hohe Getreidepreise verursacht worden. Es stellt sich nicht zuletzt die Frage nach Solidarität bei der Agrarproduktion.
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