
Nachhaltigkeit umfassend denken
Der Begriff der Nachhaltigkeit ist aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Unser Essen, unsere Kleidung, unser Energieverbrauch, unsere Mobilität – alles soll so nachhaltig wie möglich sein. Der häufige Gebrauch hat den Begriff der Nachhaltigkeit etwas abgenutzt. Alles kann als «nachhaltig» verkauft werden. Deshalb ist es wichtig, den Begriff etwas zu schärfen. In der Nachhaltigkeit steckt zum einen eine zeitliche Komponente. Zum anderen hat Nachhaltigkeit eine ökologische, ökonomische und soziale Dimension.
Dienstag, 14. Dezember 2021
Als nachhaltig gilt oft, was für die Umwelt auf den ersten Blick gut erscheint. So werden im Namen der Nachhaltigkeit häufig radikale Verbote – etwa von Pestiziden, von fossilen Brennstoffen, von Atomkraft oder von Gentechnik – gefordert. Doch wird dabei nicht an die ökonomischen und sozialen Auswirkungen dieser radikalen Massnahmen gedacht. Und auch ökologische Zielkonflikte werden ausgeblendet.
Eindimensionale Betrachtung führt zu Zielkonflikten
Eindimensionale Lösungsansätze geraten schnell in Konflikt mit anderen, gleichgestellten Anliegen. Ein radikales Verbot von Pflanzenschutzmitteln etwa würde die Ernten bei den acht wichtigsten Nutzpflanzen um einen Drittel verringern. Hunger wäre die Folge. Ein Verbot fossiler Brennstoffe von heute auf morgen würde die gesamte Wirtschaft lahmlegen und auch die landwirtschaftliche Produktion ausbremsen. Kein Traktor, keine Erntemaschine und kein Lastwagen würden mehr fahren. Mit fatalen Folgen für die ganze Gesellschaft.

Syngenta und Bayer setzen sich für Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen ein: ökologisch, ökonomisch und sozial. Eine nachhaltige Entwicklung muss evidenz- und wissenschaftsbasiert erfolgen. Das Wichtigste vorneweg: Wir müssen im Bereich des nachhaltigen Denkens Abschied von kleinräumigen Lösungen nehmen. Nachhaltigkeit muss in einer globalen Dimension gedacht werden. Und hier kommt der forschenden Industrie eine zentrale Rolle zu. Nur sie hat die Kapazität, nachhaltige Lösungen in grossem Massstab voranzutreiben. Denn was im Einzelfall funktioniert, funktioniert nicht zwangsläufig auch bei der Skalierung.
Ökologische Dimension
Selbst wenn jeder Mensch auf der Erde ein Stück Land zur Verfügung hätte, auf dem er oder sie selbst Nahrung produzieren könnte: Zurück zur Selbstversorgung wäre keine sinnvolle Option. Alle Menschen wären nur noch mit der Nahrungsmittelproduktion beschäftigt. Niemand hätte die Kapazitäten, um im grossen Massstab zu forschen und Innovation voranzutreiben. Wären wir Menschen alle Selbstversorger geblieben, wären die medizinischen und technischen Fortschritte der Neuzeit nicht möglich gewesen. Zurück zum Selbstversorger-Modell ist unrealistisch. Doch auch die Produktivität der Nahrungsmittelproduktion würde leiden. Der grössere Flächenverbrauch käme mit dem Wunsch nach möglichst vielen Freiflächen in Konflikt.
Selbst aus ökologischer Sicht ist der Schutz der Umwelt auf Innovation angewiesen. Neue Technologien wie umweltverträglichere, hochspezifische Pflanzenschutzmittel, grüne Gentechnik und an die Erfordernisse des Klimawandels angepasste Nutzpflanzen bieten hier gute Chancen. Gute Rahmenbedingungen für die Forschung sind für eine nachhaltigere Landwirtschaft deshalb zentral. Selbstverständlich muss man immer mit der Natur zusammenarbeiten. Doch wir müssen von der Vorstellung Abschied nehmen, dass nur die Natur nachhaltige Lösungen bieten kann. So braucht es endlich einen Ersatz für die Pilzmittel auf Kupferbasis. In Zukunft werden viele ökologisch sinnvolle Stoffe «künstlich» im Labor hergestellt. Mit grossen Vorteilen für natürliche Ressourcen, die dadurch weniger stark beansprucht werden. Ein «Retour à la nature» ist damit keine sinnvolle Option.
Ökonomische Dimension
Eine nachhaltige Landwirtschaft ist produktiv. Sie nutzt die ihr zu Verfügung stehenden Flächen ressourceneffizient. Ressourcen wie Land, Wasser, Dünger, Pflanzenschutzmittel, Arbeit und Geld sind so effizient wie möglich einzusetzen. Grundsätzlich ist jede landwirtschaftliche Produktion ein Eingriff in die Natur. Die zum Anbau von Nutzpflanzen gebrauchten Flächen stehen anderen Lebewesen nicht mehr zur Verfügung. Auch können landwirtschaftlich genutzte Flächen weniger CO2 speichern als naturbelassene Flächen. Eine unproduktive und extensive Landwirtschaft ist nicht nachhaltig, ja, sogar verschwenderisch. Denn sie «besetzt» Flächen, die nicht optimal für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden. Zudem verlagert sie die Produktion ins Ausland. Nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Eine ökonomisch und ökologisch betriebene Landwirtschaft muss gerade auch vor dem Hintergrund des globalen Bevölkerungswachstums produktiv sein.
Soziale Dimension
Die Produktion von genügend gesunden Lebensmitteln ist die primäre Aufgabe der Landwirtschaft. Doch was nützen gesunde Lebensmittel, die für einen grossen Teil der Menschen unerschwinglich sind? Hier zeigen sich die grossen Nachteile der biologischen Landwirtschaft auch in der sozialen Dimension. Die Produktivität der Biolandwirtschaft ist um 40 Prozent geringer als die der konventionellen. Damit verbunden sind massiv höhere Preise für Lebensmittel, die weder gesünder noch besser für die Umwelt sind. Konsumentinnen und Konsumenten von reichen Ländern können sich solche Produkte leisten. Doch zur Ernährung der Welt sind sie nicht geeignet: Viele Menschen in ärmeren Ländern könnten sich keine Bioprodukte leisten. Landwirtschaft ist nur dann nachhaltig, wenn die Produkte auch zu erschwinglichen Preisen gekauft werden können.
Gleichzeitig muss die Tätigkeit als Landwirtin oder Landwirt attraktiv bleiben. Gemäss Schätzungen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Das heisst, immer weniger Menschen wollen oder können Landwirtschaft betreiben – vor allem auch, wenn die Wertschöpfung nicht auf den Landwirtschaftsbetrieben anfällt, sondern die Margen durch den Detailhandel abgeschöpft werden, wie das in der Schweiz der Fall ist. Das kann für die Ernährung der globalen Stadtbevölkerung fatale Auswirkungen haben. Ein wesentlicher Faktor, damit die Landwirtschaft attraktiv wird, sind sichere Ernten und damit ein gesichertes Einkommen für Bauern in Ländern, wo es keine Direktzahlungen gibt. Deshalb ist es ein Anliegen der forschenden Industrie, den Zugang zu neuen Technologien auch Kleinbauern zu ermöglichen.
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