Ostschweizer Weinernte: Ohne Pflanzenschutz geht es nicht
Der Sommer 2021 wird den Ostschweizer Winzern wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Die nasskalte Witterung mit Hagelstürmen verursacht grosse Ernteausfälle. Erschwerend kommt der Mehltau hinzu, der sich durch die Feuchtigkeit leicht verbreiten konnte. Auch der finanzielle Schaden wiegt schwer.
Mittwoch, 15. September 2021
Wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet, gingen bei der Hagelversicherung in den Regionen Zürich, Thurgau und Schaffhausen dieses Jahr 206 Schadenmeldungen ein. Von 13'000 Hektaren seien rund 320 betroffen. Doch die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen. Wo nicht der Hagel für die Ernteausfälle verantwortlich ist, ist es der Falsche Mehltau. Die Pilzkrankheit breitet sich besonders bei nassen Bedingungen aus und überzieht die Reben mit einer weisslichen Schicht, bis die Trauben letztlich vertrocknen. Auf den frostigen Frühling folgte ein aussergewöhnlich nasser Mai. Viele Winzer behandelten ihre Reben zu spät mit Pflanzenschutzmitteln.
Schwieriger Kampf gegen Mehltau
Der Kampf gegen den Mehltau war für die Winzer in diesem Sommer besonders schwer. Vielerorts waren die Böden derart durchnässt und aufgeweicht, dass Traktoren zum Ausbringen der Fungizide nicht eingesetzt werden konnten. Zusätzlich bitter für die Weinbauern: Schäden durch Mehltau und andere Pflanzenkrankheiten können nicht versichert werden. Obwohl die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln bei starkem Regen nachlässt, gehe es nicht ohne Spritzen, sagt Christian Roth, Präsident des Branchenverbandes Schaffhauser Wein.
Neue Pflanzenschutzmittel blockiert
Doch genau da liegt ein weiteres Problem, das sich in Zukunft verschärfen könnte. Neue Pflanzenschutzmittel erreichen derzeit kaum den Markt, weil sie von Umweltverbänden blockiert werden: «Über 100 Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel sind blockiert. So ist es schwierig, innovativ zu wirken», sagt Stefan Odermatt von Syngenta im «St. Galler Tagblatt». So drohen die für Winzer zur Verfügung stehenden Mittel immer knapper zu werden. Trotzdem haben die Ostschweizer Weinbauern die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Mit einem goldenen Herbst könnte es dennoch eine kleine, aber feine Weinernte geben.
Blockade bei Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel
Das Schweizer Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel ist blockiert. Das ist nicht nur ein Problem für die forschende Industrie, sind doch neue Pflanzenschutzmittel häufig sicherer und umweltfreundlicher als ältere Produkte. Es ist vor allem für die Schweizer Landwirte ein grosses Problem, stehen ihnen doch aufgrund des Rückzugs oder Verbots von Pflanzenschutzmitteln immer weniger verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung. Wenn aber immer mit dem gleichen Wirkstoff behandelt wird, kommt es rasch zu Resistenzen – der Schädling oder die Krankheit wird immun. Was das heisst, wissen wir aus der Diskussion um Antibiotika-Resistenzen.
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