«Pestizide schaden dem Klima.»
Pestizide sind schlecht fürs Klima? Nein, gerade das Gegenteil ist der Fall. Denn Pflanzenschutzmittel helfen, auf weniger Nutzfläche mehr Lebensmittel herzustellen und schonen so die Ressource Boden. Zudem weist der konventionelle Landbau eine bessere CO2- und Energiebilanz auf als Biolandbau.
Samstag, 2. November 2019
Das Wichtigste in Kürze:
- Der moderne Pflanzenschutz wirkt sich auf den Produktionsfaktor Boden positiv aus. So schützen die höheren Flächenerträge vor einer noch grösseren Inanspruchnahme der knappen Ressource Boden – und das nicht nur regional, sondern weltweit.
- Moderne Direktsaat-Techniken, bei denen der Acker vor der Aussaat nicht umgepflügt wird und das natürliche Bodengefüge deswegen erhalten bleibt, würden ohne Herbizide nicht funktionieren.
- Ohne Bodenbearbeitung verringert sich die Erosion, Regenwürmer und anderes Bodenleben sind vielfältiger, und Humus bildet sich schneller.
Ohne Pflanzenschutzmittel wäre die Lebensmittelproduktion viel weniger effizient. Die Weltbevölkerung kann mit einer Biolandwirtschaft nicht ernährt werden. Um die bis 2050 auf etwa 10 Milliarden angewachsene Bevölkerung komplett mit Biolandbau ernähren zu können, müssten gemäss FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) bis zu 81 Prozent mehr Flächen als heute landwirtschaftlich genutzt werden. Dies ist nicht realistisch und wäre auch ökologisch eine Katastrophe. Fruchtbare Ackerböden sind nämlich sehr begrenzt. Zudem sind mögliche Anbauflächen häufig wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Eine Ausbreitung der Landwirtschaft in Urwälder ist unerwünscht.
Bio braucht mehr Fläche
Aus klimapolitischer Sicht ist vor allem auch die Tatsache wichtig, dass natürliche und naturnahe Räume wie zum Beispiel Waldflächen, die nicht zusätzlich landwirtschaftlich genutzt werden müssen, viel Kohlenstoff speichern und somit das Weltklima stabilisieren helfen. Zum selben Ergebnis bezüglich Klimabilanz kommt eine internationale Studie, die Ende 2018 in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Untersuchung der internationalen Forscherteams zeigt klar auf, dass der Biolandbau aufgrund des deutlich höheren Flächenbedarfs, welche zur Erzeugung einer bestimmten Menge an Lebensmitteln notwendig ist, klimatechnisch schlechter abschneidet als die konventionelle Landwirtschaft.
Herbizide reduzieren CO2-Emissionen
Zudem geben Äcker, bei denen das Unkraut mit Pestiziden bekämpft wurde, weniger CO2 ab als mechanisch bearbeitete Äcker. Gemessen an den CO2-Emissionen pro Produktionseinheit (und nicht pro Flächeneinheit) schneidet der konventionelle Landbau am besten ab. Für das Ausbringen von modernem Pflanzenschutz muss viel weniger über den Acker gefahren werden. Er ist daher grundsätzlich energieeffizient und im Vergleich zu einer möglichen Alternative, die auf eine zunehmende Ökologisierung des Landbaus abzielt, konkurrenzlos. Die zusätzliche Mechanisierung wegen des Herbizidverzichts verschlechtert ganz klar die Energiebilanz im Feld.
Blindspot-Artikel
Sources
Ähnliche Artikel
Rückstände, Grenzwerte, Vertrauen – sachlich hinter die Schlagzeilen schauen
Im Gespräch mit dem Fachtoxikologen Lothar Aicher geht es darum, wie Rückstände vom Körper aufgenommen werden, wie deren Gefährlichkeit bewertet wird und welche Rolle moderne Analytik spielt.
Gefahr ist nicht gleich Risiko: Wie wir Grenzwerte verstehen – und verstehen sollten
In dieser Episode des Podcasts spricht Angela Bearth, Risikoforscherin, über Rückstände und Grenzwerte in Lebensmitteln – ein Thema, das oft emotional diskutiert wird.
PFAS, Zielkonflikte und Verantwortung – wie Politik und Landwirtschaft Lösungen finden
In dieser Episode der gemeinsamen Serie von Agrarpolitik – der Podcast und swiss-food.ch spricht Nationalrätin Christine Badertscher darüber, wie Rückstände und Grenzwerte im Parlament diskutiert werden.
Grenzwerte, Zulassung, Verantwortung – wie Pflanzenschutzmittel wirklich beurteilt werden
Oft stehen Grenzwerte im Zentrum der öffentlichen Diskussion – doch in der Realität sind sie nur ein kleiner Teil eines viel umfassenderen Systems zur Risikobeurteilung. Michael Beer, Leiter der Abteilung Lebensmittel und Ernährung beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit, klärt auf.