Pflanzenschutzmittel fehlen – und bald auch die ersten Gemüsesorten
Die Gemüseproduzenten haben derzeit zu kämpfen. Grund dafür sind die fehlenden Pflanzenschutzmittel. Es werde zunehmend schwieriger, verkaufsfähige Produkte auf den Markt zu bringen. Einige Landwirte kommen gar derart an ihre Grenzen, dass sie die Produktion gewisser Gemüsesorten einstellen mussten.
Donnerstag, 15. Februar 2024
Statt Pflanzenschutzmittel zu bewilligen oder neue auf den Markt zu bringen, wird deren Einsatz von der Politik blockiert. Häufig werden sie nur mit Sonderbewilligungen oder Notfallzulassungen erlaubt – und das kommt immer öfters vor. Für die Gemüseproduzenten hat das fatale Folgen, wie jetzt ein Bericht der «BauernZeitung» zeigt.
«Für uns wird die Produktion verkaufsfähiger Produkte immer schwieriger und wir können unsere Kulturen kaum mehr genügend schützen», sagte Thomas Wyssa, Gemüseproduzent aus Galmiz FR sowie Vorstandsmitglied der Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg und des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten, im Interview mit der «BauernZeitung». Dementsprechend seien es die fehlenden Pflanzenschutzmittel, welche den Verbänden derzeit «am meisten Probleme» bescheren. Der Schweizer Bauernverband schlug deshalb erst kürzlich am Seeländer Forum Alarm und forderte die Gemüseproduzenten auf, ihre Anliegen und Forderungen für die neue Agrarreform zu platzieren.
Wie Wyssa im Interview weiter berichtet, komme hinzu, dass durch das Fehlen von verschiedenen Wirkstoffen die Resistenz der noch bewilligten Wirkstoffe rasant zunehme. Schon vor einem Jahr wurde in den Medien davor gewarnt, dass das Risiko für Resistenzbildungen und Ernteausfälle mit jedem Pflanzenschutzmittel, das vom Markt verschwindet, steige.
Dass ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln grösstenteils Nachteile mit sich bringt, zeigt das Beispiel von Methomyl, das vor acht Jahren verboten wurde. Das Pflanzenschutzmittel kam zum Einsatz, um der Weissen Fliege, die unter anderem beim Rosenkohl ein Problem ist, den Garaus zu machen. Bis heute gibt es Gemüseproduzent Wyssa zufolge seit dem Verbot jedoch keine Alternative. Die Folge: Ein stark rückläufiger Anbau von Rosenkohl. Und das vor allem im Seeland, das bis vor wenigen Jahren mit 85 Prozent der gesamten inländischen Rosenkohlproduktion noch die grösste Anbaufläche hierzulande aufwies. Heutzutage seien es nach Angaben von Wyssa gerade mal noch 50 Prozent.
Eins ist klar: Trotz weniger Pflanzenschutzmittel haben Abnehmer und Konsumenten den gleichen Anspruch an die Qualität der Produkte. Dem werden einige jedoch nicht mehr gerecht. Die Situation gewisser Landwirte sei gar derart prekär, dass sie die Produktion von einigen Gemüsesorten einstellen mussten. «Bei den Kartoffeln hat es schon Produzenten, welche die Fläche im Anbau reduzieren oder sogar ganz aufgeben», so Wyssa. Und das wird sich wohl nicht so rasch ändern: Denn nach mehreren sehr schwierigen Anbaujahren für Kartoffeln sind nun auch die Pflanzkartoffeln in ganz Europa Mangelware.
Gemüsequalität: Anpassung der Normen gegen unten
Qualitätsnormen regeln, welche Merkmale Schweizer Gemüse aufweisen müssen, um in den Handel gelangen zu können. Sie gelten sowohl für konventionell als auch für biologisch produzierte Ware und werden partnerschaftlich vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) und dem Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels (Swisscofel) bestimmt.
Da es immer schwieriger wird, den Anforderungen von Detailhandel und Konsumenten nach perfektem Erscheinungsbild nachzukommen, wenn gleichzeitig immer weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen und die klimatischen Herausforderungen zunehmen, haben diese Produzentenverbände mit den Abnehmern Mitte 2023 neue Normen ausgehandelt. Was diese in der Praxis bedeuten und welche Toleranz Einkäufer von Verarbeitern und dem Detailhandel dann wirklich an den Tag legen, wird sich nun zeigen müssen. Denn was heisst beispielsweise bei Salaten «einzelne tierische Schädlinge erlaubt» oder bei Kohlrabi «kleine Frassspuren am Laub toleriert»?
Für den Leiter der zuständigen Kommission, Gemüseproduzent Beat Bösiger, war «auch wichtig, dass die Toleranz bei Thripse-Einstichstellen beim Lauch und den Bundzwiebeln hochgeschraubt wurde, weil uns Pflanzenschutzmittel dagegen fehlen.» Die eigentliche Bewährungsprobe für die neuen Normen aber liege bei den Konsumenten, die gerne schönes Gemüse haben, sagt Bösiger und fügt an: «Am besten, denke ich, sollten sie tolerieren, dass Gurken neu etwas krummer sein dürfen und die Kaliber dort angepasst wurden.»
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