Produktive Landwirtschaft für Klima und Biodiversität

Produktive Landwirtschaft für Klima und Biodiversität

Die Ansicht, dass Bio gut fürs Klima ist und die Biodiversität fördert, ist weit verbreitet. Doch sie erweist sich je länger je mehr als falsch. Der grössere Flächenverbrauch der Ökolandwirtschaft führt dazu, dass Flächen mit hoher Bindungswirkung für Treibhausgase nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine englische Studie kommt zudem zum Schluss, dass sich der grössere Flächenverbrauch schlechter auf die Artenvielfalt auswirkt als eine intensive Landwirtschaft auf geringeren Flächen.

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Wissenschaft verdichten sich die Hinweise, dass die Biolandwirtschaft dem Klima und der Biodiversität unter dem Strich schaden.
  • Grund dafür ist der grosse Flächenverbrauch. Im Schnitt liefert Bio bei gleicher Fläche nur halb so grosse Erträge wie die konventionelle Landwirtschaft.
  • Gemäss einer Studie der Universität Cambridge profitiert die Artenvielfalt von "verdichteter Produktion". Das heisst: Auf kleinen Flächen viel produzieren, damit anderes Land voll und ganz der Natur überlassen werden kann.

Unter dem Titel «Der Öko-Irrtum» berichtet die deutsche Zeitung «Die Welt» über die Nachteile des Biolandbaus für das Klima. Viele Wissenschaftler sind sich einig: Unter dem Strich schadet Bio dem Klima. Grund dafür ist gemäss dem renommierten Agrarökonomen Herbert Ströbel, dass der ökologische Landbau auf derselben Fläche im Schnitt nur halb so grosse Erträge liefert wie die konventionelle Landwirtschaft. Die zusätzlich benötigten Flächen in Form von Wäldern und anderen naturnahen Landschaften können infolge ihrer Bewirtschaftung deutlich weniger CO2 binden als vorher. Bei der Produktion von acht Tonnen Getreide werden im Ökolandbau bis zu zwölf Tonnen mehr Kohlendioxid freigesetzt als auf konventionellen Anbauflächen. Das entspricht ungefähr den Emissionen von 4000 Litern Heizöl.


Bio hilft weder Klima noch Artenvielfalt

Dass die Biolandwirtschaft mehr Fläche benötigt, ist keine neue Erkenntnis. Doch in letzter Zeit häufen sich Berichte von Journalisten und Wissenschaftlern, die den Finger auf den wunden Punkt der Ökolandwirtschaft legen. Eine britische Studie aus dem Jahr 2019 zeigt, dass die Agrarproduktion in England und Wales um 40 Prozent sinken würde, sofern man komplett auf Biolandbau umsteigen würde. Auch ein Forscherteam der Universität Göttingen machte in einer Studie auf den Umstand aufmerksam, dass Bio mehr Fläche verbraucht und daher für die Förderung der Artenvielfalt untauglich ist. Umso erstaunlicher ist, dass die Politik in der EU wie auch in der Schweiz die Bioproduktion deutlich erhöhen will. Eine Ausweitung des Ökolandbaus hilft weder dem Klima noch der Biodiversität.


Auf kleinen Flächen viel produzieren

Der britische «Independent» berichtet über eine englische Studie, die zeigt, dass eine intensive, produktive Landwirtschaft auf kleiner Fläche besser dafür geeignet ist, die Biodiversität zu erhalten, als eine extensive Produktion. Die Langzeitstudie von Forschern der Universität Cambridge belegt, dass die meisten der 2'500 untersuchten Arten von einem solchen Ansatz des «Landsparens» profitieren würden. Auch die Biolandwirtschaft stellt einen Eingriff in die Natur dar und verdrängt viele Spezies. Durch den zusätzlich benötigten Flächenverbrauch schadet sie der Artenvielfalt mehr als eine produktive Landwirtschaft.

Bei der Landwirtschaft gilt im Grundsatz das Gleiche wie in der Raumplanung: Verdichtung statt Zersiedelung. Eine produktive Landwirtschaft schafft Freiräume für die Natur. Und kleinere Felder dienen der besseren Vernetzung. (Bild: Adobe Stock)
Bei der Landwirtschaft gilt im Grundsatz das Gleiche wie in der Raumplanung: Verdichtung statt Zersiedelung. Eine produktive Landwirtschaft schafft Freiräume für die Natur. Und kleinere Felder dienen der besseren Vernetzung. (Bild: Adobe Stock)

Kleinere Felder und Abwechslung

Kleine Felder mit langen Rändern und naturnahen Lebensräumen wirkten sich auch gemäss den Studienautoren der Universität Göttingen stärker auf die Biodiversität aus als die Öko-Zertifizierung. Eine Landschaft mit Feldern von der Grösse von einem statt sechs Hektar könne sechsmal mehr Pflanzen- und Insektenarten beheimaten. Gleichzeitig lasse sich mit Abwechslung beim Anbau die Artenzahl verdoppeln. Auch die biologische Schädlingskontrolle sowie die Bestäubungsleistung von Insekten könne so verbessert werden.

Megatrend: Ressourcenknappheit

Grösste Herausforderung dieses Jahrhunderts

Die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen und gleichzeitig ein massives Artensterben zu verhindern, ist eine der wohl grössten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert. Es gelte die ressourcenintensivsten Produktionsformen zu verringern aber die Bedürfnisse der Menschen zu den geringsten Kosten für die Natur zu decken. Für die Landwirtschaft heisst das: Auf kleinen Flächen so viel wie möglich herausholen, um dafür andere Flächen ganz der Natur überlassen zu können. Durch die so eingesparten Flächen kann mehr CO2 gebunden werden. Naturbelassene Flächen bieten zudem die besten Voraussetzungen für eine positive Entwicklung der Biodiversität.

Vernetzung von Lebensräumen
Biodiversität lebt von der Vernetzung der Lebensräume. In jeder Balkonkiste können Wildblumen angepflanzt werden, jeder Gartenbesitzer kann einen Beitrag leisten, indem er Lebensräume für Insekten und Kleintiere schafft, zum Beispiel durch das Anpflanzen von Sträuchern und Hecken und das Liegenlassen von Laub und Asthaufen und das späte und gestaffelte Mähen von Blumenwiesen. Idealerweise erfolgen die Massnahmen standortangepasst: Vegetation und Insekten können bereits in kurzer Distanz ganz anders sein. Hilfe für standortgerechte Wildpflanzen bieten die Informationsplattformen floretia.ch oder www.futureplanter.ch

Ähnliche Artikel

Mit Crispr gegen Klimawandel
Medien Forschung

Mit Crispr gegen Klimawandel

Im «Tages-Anzeiger» spricht die Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna über die Chan-cen und Risiken der Genschere. Mit dem Werkzeug lassen sich Erbkrankheiten gezielt behandeln, dürretolerante Pflanzen züchten und der Treibhausgasausstoss von Kü-hen senken.

Angstschweiss als Hilferuf
Medien Forschung

Angstschweiss als Hilferuf

Pflanzen leben gefährlich. Sie sind von Fressfeinden umgeben. Doch ganz ausgeliefert sind sie nicht. Dies zeigt jahrzehntelange Forschung. So sondern Pflanzen bei einer Attacke beispielsweise Duftstoffe ab. Die Erkenntnis könnte zu neuen Strategien beim Pflanzenschutz führen. Ob dies jedoch jemals zu einem breit angewendeten Produkt führt, ist noch unsicher.

Genauer hinschauen lohnt sich
Medien Forschung

Genauer hinschauen lohnt sich

Pestizide seien schuld an einer Häufung von Hirntumoren bei Kindern im Zürcher Weinland und dem Berner Seeland, sagte eine Studie von vor drei Jahren.

Globale Ereignisse erfordern Anpassungen
Forschung

Globale Ereignisse erfordern Anpassungen

Die Schweizerinnen und Schweizer wollen möglichst viel einheimische Nahrungsmittel auf dem Teller. Ein Wunsch, der immer schwerer zu erfüllen ist. So haben die Bauern immer grössere Mühe, ihre Ernten zu schützen. Kein Wunder ist der Eigenversorgungsgrad im Sinkflug.

Weitere Beiträge aus Forschung