Raps-Anbau in der Schweiz gefährdet

Raps-Anbau in der Schweiz gefährdet

Rapsöl aus Schweizer Produktion ist hochbegehrt. Für Schweizer Nahrungsmittelproduzenten bietet Rapsöl aus regionaler Produktion deshalb eine wichtige Alternative zu importiertem Palmöl. Doch der Anbau von Raps in der Schweiz ist gefährdet. Es fehlen Pflanzenschutzmittel. Mehr Importe sind nötig.

Freitag, 8. September 2023

Im Rapsöl brutzeln Pommes Chips und Pommes Frites – und die Produkte erfreuen sich grosser Beliebtheit. Das gilt umso mehr, weil sie mit regionalem Öl produziert werden können. Rund ein Viertel des Schweizer Pflanzenölbedarfs wird mit Rapsöl gedeckt. Wie der Tages-Anzeiger berichtet, setzen Firmen wie Zweifel und McDonalds auf Schweizer Rapsöl, doch weil einige Pflanzenschutzmittel verboten wurden, werde es für die einheimischen Landwirte immer schwieriger Raps anzubauen.


Viele Schädlinge gefährden den Raps

Es ist paradox: Rapsöl wurde zunehmend alslokale Alternative zum importierten Palmöl positioniert und entsprechend von vielen Lebensmittelverarbeitern im Marketing hervorgestrichen. Die gelben Rapsfelder erfreuen im Frühsommer auch die Bevölkerung. Zudem sagt Landwirt Stefan Höhn aus Wädenswil gemäss dem Tages-Anzeiger, Raps sorge für einen besseren Boden und sei eine spannende Nutzpflanze. Der Raps wird Ende Sommer ausgesät und kann dann im Jahr darauf geerntet werden. Doch die Ernte ist immer mehr in Gefahr. Verschiedene Schädlinge bedrohen die Rapskulturen. Ohne Insektizide lässt sich Raps fast nicht kultivieren. Wenn die Schädlinge zuschlagen, sind die Erträge zu klein und der Anbau lohnt sich nicht mehr. Im Herbst machen dem Raps vor allem die Erdflöhe zu schaffen, im Frühling sind es dann Stängelrüssler und Rapsglanzkäfer, die sich ausbreiten und grossen Schaden anrichten. Zudem müssen die Bauern auch Unkräuter bekämpfen, damit der Raps gedeihen kann.


Ohne Insektizide massive Verluste

Immer weniger Pflanzenschutzmittel sind erlaubt. Fiona Eyer von der Fachstelle Pflanzenschutz vom Zürcher Strickhof erklärt im erwähnten Artikel: «Mittlerweile steht uns nur noch eine Art von Pflanzenschutzmittel zur Verfügung.» Das ist ein Problem, denn wenn immer das gleiche Mittel eingesetzt wird, können sich Resistenzen bilden. Und wenn die Käfer resistent werden, stehen die Bauern machtlos da. Ohne Pflanzenschutz verschwindet der Raps von den Schweizer Feldern. Schon etliche Landwirte würden wegen den grossen Ausfällen auf den Anbau von Raps verzichten. Tatsache ist: Professioneller Pflanzenschutz baut auf unterschiedliche Mittel und Wirkstoffe. Das ist aufgrund von Verboten in der Schweiz heute nicht mehr möglich. Auch die Fachleute vom Strickhof kommen zum Schluss, während es bei der Bekämpfung von Unkraut mechanische Alternativen gibt, drohen ohne Insektizide beim Raps je nach Witterung und Jahr massive Verluste.

Pressrückstände als Tierfutter

Bei der Ölproduktion entstehen Pressrückstände, die einen hohen Eiweissgehalt und eine günstige Zusammensetzung an Aminosäuren aufweisen. Das sind gute Voraussetzungen für die Verwendung als Futtermittel. Mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 könnten die Pressrückstände von Raps künftig als Tierfutter verwendet werden. Damit müsste weniger Tierfutter wie beispielsweise Soja aus dem Ausland importiert werden. Der Anbau von Raps mit niedrigerem Gehalt an Phytinsäure, bietet lokalen Landwirten die Möglichkeit, zusätzliches Tierfutter von guter Qualität zu produzieren, ohne dabei die Eigenschaften der Pflanze für die Ölproduktion zu verändern. Auf der gleichen Fläche kann somit ein deutlich höherer Output erzielt werden.

Regionale Produktion oder Import?

Früher konnten die Bauern das Saatgut mit Neonicotinoid beizen. Insbesondere vor dem Erdfloh waren die Felder dadurch in der so wichtigen ersten Wachstumsphase geschützt. Heute werde der Rapserdfloh fast flächendeckend zum Problem und führe teilweise zum Totalausfall, erklärt Markus Hochstrasser vom Strickhof gegenüber dem Schweizer Bauer. Insektizide werden häufig wegen der potenziellen Bienengefährdung verboten. Tatsache ist aber auch, dass die blühenden Rapsfelder sehr wichtig sind für Bienen. Gemäss Lohnunternehmer Hansjörg Imbach aus Oetwil lässt sich Bienenschutz und Pflanzenschutz vereinbaren. Er sagt gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Wir spritzen die Rapsfelder nur beim Eindunkeln, wenn die Bienen nicht fliegen, oder an bewölkten Tagen. Sobald der Raps blüht, ist es verboten, ihn zu spritzen.» Eine Alternative zum regionalen Rapsöl aus der Schweiz ist der Import aus dem Ausland. Ob dies allerdings sinnvoll sei, stellt Imbach in Frage. Die Nachfrage von Lebensmittelindustrie, Detailhandel und Konsumenten gibt ihm recht. Beim Verzicht von Pflanzenschutzmittel werden Landwirte für die Mindererträge zum Teil entschädigt. Was für den Schweizer Bauern allenfalls halbwegs aufgehen mag, ist keine Lösung für die globale Landwirtschaft. Die Schweiz kann es sich leisten, systematisch Ertragsausfälle zu entschädigen und im Gegenzug die benötigten Rohstoffe aus dem Ausland zu importieren. Für die Landwirte der meisten anderen Ländern der Welt hört sich ein solches Konzept unsinnig an. Sie müssen von dem leben, was ihr Acker hergibt.

Einseitige Risikooptik führt zu neuen Risiken

Den Schweizer Bauern stehen zur Behandlung von Pflanzenkrankheiten immer weniger Mittel zur Verfügung. Einsprachen von Umweltverbänden blockieren den Zulassungsprozess. Umweltverträglichere Produkte, die in den Nachbarländern längst zum Einsatz kommen, können aus diesem Grund in der Schweiz Jahre später immer noch nicht verwendet werden. Auch der Rapsanbau zeigt: Wenn Pflanzenschutzmittel verboten werden, hat dies Konsequenzen für die regionale Produktion. Die lokale und gesunde Alternative zum Palmöl ist gefährdet. Ausfälle müssen durch Importe aufgefangen werden. Doch auch die EU hat sich strikte Reduktionsziele gesetzt, auch ihre landwirtschaftliche Produktivität nimmt ab. Damit wird die ökologische Zielsetzung pervertiert. Die Mindererträge der EU müssen weltweit kompensiert werden. Dadurch nehmen global die benötigten Agrarflächen zu. Die Umweltbelastung wird exportiert und die Preise steigen massiv. Diesen Beleg liefert die Studie des Joint Research Center of the EU (JRC), die die Auswirkungen der Farm to Fork-Strategie der EU im Rahmen des europäischen «Green Deal» untersuchte.

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