
Sri Lanka: Pestizidverbot mit fatalen Folgen
In Sri Lanka protestiert die Bevölkerung gegen die politische Führung des Landes sowie die fatale Versorgungslage mit lebensnotwendigen Gütern. Der Inselstaat wird von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren heimgesucht. Einen wesentlichen Anteil an der Misere hat der letztjährige Entscheid der Regierung, Pflanzenschutzmittel und synthetische Düngemittel zu verbieten. Die Ernten gingen zurück, die Lebensmittelpreise schossen in die Höhe.
Dienstag, 19. Juli 2022
Im April 2021 verhängte Sri Lankas Regierung ein Verbot von chemischen Düngemitteln und Pestiziden. Die Landwirtschaft – rund zwei Millionen Bauern – sollten praktisch über Nacht nur noch biologisch produzieren. Dünger durfte auf einmal nicht mehr importiert werden. Die Konsequenzen zeigten sich schnell. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, ging die Reisproduktion in den ersten sechs Monaten nach dem Düngemittelverbot um 25 Prozent zurück. Plötzlich musste Reis im Wert von 450 Millionen Dollar importiert werden. Die Preise für Reis erhöhten sich in den Supermärkten um 50 Prozent – für viele Haushalte nicht zu verkraften. Zuvor konnte Sri Lanka selbst genügend Reis produzieren.
Plötzlich kein Gemüse mehr im Garten
Betroffen von der Umstellung auf biologische Landwirtschaft war auch die für Sri Lanka berühmte Teeproduktion. In denselben sechs Monaten schrumpften die Erträge auf den Teeplantagen um einen Drittel. Auch dies trifft viele Menschen hart, war doch der Export von Tee ein Garant für harte Devisen. Als synthetischer Dünger und Pestizide noch erlaubt waren, wurde in Sri Lanka rund ein Viertel des weltweit produzierten Tees geerntet. Der Biozwang traf jedoch bei Weitem nicht nur Plantagen- oder Grossgrundbesitzer. Millionen von Menschen bauen in Sri Lanka ihr eigenes Gemüse im Garten an. Nun standen viele plötzlich vor leeren Beeten und mussten auf die Lebensmittelmärkte mit horrenden Preisen für Lebensmittel ausweichen. Razeen Sally vom Institute of Policy Studies, einer angesehenen Denkfabrik für Wirtschaftspolitik in Sri Lanka, nennt die zwangsweise Umstellung auf Bio in der «NZZ am Sonntag» eine «unfassbar dumme Idee». Gemäss Sally hätte keine andere Fehlentscheidung ein so breites Spektrum der Bevölkerung gegen die Regierung aufgebracht.
Dem Bioexperiment fehlt die Evidenz
Bereits im November 2021 musste die Regierung Sri Lankas zurückrudern und den Import von Düngemitteln wieder zulassen. Ernteeinbussen und Preisexplosionen waren zu gross. Wie Björn Lomborg im «Handelsblatt» schreibt, scheiterte das Bioexperiment an einer einfachen Tatsache: Sri Lanka verfügt nicht über genügend Fläche, um synthetischen Dünger durch tierischen Dünger zu ersetzen. Das Land bräuchte sieben bis achtmal mehr Dung, um auf Bio umstellen und die Produktion aufrechterhalten zu können. All dies zeigt, dass eine Umstellung der Produktion nur dann nachhaltig ist, wenn alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit erfüllt sind. Wenn nicht genügend Lebensmittel produziert werden oder diese zu teuer für die Bevölkerung sind, kann nicht von einer nachhaltigen Lösung gesprochen werden. Die Ausrede aus bionahen Kreisen, wonach Sri Lanka einfach zu wenig Zeit für die Umstellung gehabt hätte, ist fadenscheinig. Eine radikale Umstellung von Konventionell auf Bio erfordert Evidenz, dass die zukünftige Lösung funktioniert. Diese Evidenz fehlt bis heute.
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