Hipster-Imkerei gefährdet Biodiversität
In Schweizer Städten boomt die Bienenzucht. Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner möchten damit einen Beitrag zur Erhaltung der Honigbiene leisten. Doch eine Studie der Forschungsanstalt WSL zeigt, dass die Hobbyimkerei nicht nachhaltig ist. Sie gefährdet die Biodiversität in Städten, indem die Honigbienen zunehmend Wildinsekten verdrängen.
Montag, 7. März 2022
Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, finden Wildinsekten wie Schmetterlinge oder Wildbienen aufgrund der hohen Bienenstockdichte in Stadtgebieten fast keine Nahrung mehr. In vielen Städten reichen die Grünflächen nicht aus, um den Honigbienen genügend Nahrung zur Verfügung zu stellen. Dies geht aus einer Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hervor. Zwischen 2012 und 2018 haben sich gemäss den Autoren die Anzahl der städtischen Bienenstöcke von 3139 auf 9370 erhöht – das entspricht einer Verdreifachung in nur sechs Jahren. Studienautor Joan Casanelles Abella sagt in einer Medienmitteilung des WSL: «Die Kernaussage unserer Resultate ist, dass die Grünflächen mit der bestehenden Dichte der Bienenstöcke nicht mithalten können.»
Bessere Regulierung gefordert
Die Studienautoren sehen aufgrund ihrer Erkenntnisse einen Regulierungsbedarf für die Imkerei in städtischen Gebieten. Es brauche eine nachhaltige Strategie. Dazu gehört etwa die Regulierung der Anzahl Imkerstandorte sowie Dichte der Bienenstöcke. Solche Regeln fehlten derzeit komplett. Aber auch eine Aufwertung des Nahrungsangebots für Insekten in den Städten – etwa ein besseres Blütenangebot oder aufgewertete Lebensräume für Bestäuber – sei nötig. Letztlich, so die Studienautoren, müssen die Menschen aber auch besser aufgeklärt werden. Honigbienen sind Nutztiere. Die Imkerei eine landwirtschaftliche Tätigkeit: «Die Menschen nehmen Honigbienen oft als wilde Tiere wahr, weil sie frei leben und sich frei bewegen. In Wirklichkeit werden sie aber gleich wie andere Nutztiere gehalten und gezüchtet. Wie für diese muss der Mensch auch für Honigbienen ein ausreichendes Futterangebot zur Verfügung stellen», sagt Casanelles Abella.
Blindspot-Artikel
Honigbiene nicht bedroht
Weil die Honigbiene ein Nutztier ist und grösstenteils von Menschen gehalten wird, ist sie, entgegen vielen Darstellungen in den Medien, nicht vom Aussterben bedroht. Zu viele Honigbienen können, wie geschildert, sogar zu einer Bedrohung für Wildbienen werden. Im Gegensatz zur Honigbiene sind viele Wildbienenarten und andere Bestäuber vom Aussterben bedroht. Gemäss «bienen.ch» sind aktuell 40 Prozent der Schweizer Wildbienen vom Aussterben bedroht. Der wohl wichtigste Grund dafür stellt der fortschreitende Verlust an geeigneten Lebensräumen dar. Um den Wildbienen zu helfen, gibt es für urbane Bienenfreunde sinnvollere Massnahmen als die Züchtung von Honigbienen. Zum Beispiel das Anpflanzen von einheimischen Pflanzenarten oder das Anlegen von geeigneten Nistplätzen.
Sources
Ähnliche Artikel
Kartoffelbauern wollen robuste Sorten
Da der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln massiv reduziert werden soll, will die Kartoffelbranche nun auf robustere Sorten setzen. Die Branche hat gar mit dem Bund eine Zielvereinbarung abgeschlossen. Diese ist ambitioniert: Bis 2040 sollen auf 80% der Kartoffel-Anbauflächen robuste Sorten gedeihen.
Wie Gentechnik die Cavendish-Banane rettet
Wegen einem hartnäckigen Pilz könnte die beliebteste Bananensorte – die sogenannte Cavendish-Banane – bald verschwinden. Australische Forscher haben eine auf Gentechnik basierende Lösung entwickelt.
Wird dieser Feldversuch die Gersten-Produktion revolutionieren?
Ab diesem Frühling startet in Zürich der erste Feldversuch der Schweiz, bei dem Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien zum Einsatz kommen. Konkret soll eine Sommergerste gezüchtet werden, die mehr Körner pro Ähre herstellt. Funktioniert der Versuch, dürfte die Technologie für die Schweizer Landwirtschaft von grossem Interesse sein.
Foie Gras ohne schlechtes Gewissen
Der Begriff Foie Gras ist häufig negativ behaftet. Grund dafür ist die Stopfleber-Produktion, bei der die Tiere grosse Qualen erleiden. Nachdem bereits Spitzengastronomen Rezepte mit ungestopfter Leber entwickelten, bietet nun auch die Migros «Happy Foie» an. Dabei handelt es sich um ein tierfreundliches Foie Gras, das geschmacklich genauso gut sein soll wie das Original. Patente dienen dabei dem Schutz der Erfinder.