Wasser bedenkenlos trinken
Für die welsche Konsumentensendung «A Bon Entendeur» wurden verschiedene Mineralwasser auf ihre Reinheit untersucht. Bei einigen wurden Rückstände von Abbauprodukten des Pflanzenschutzmittels Chlorothalonil gefunden. Gemäss der Ökotoxikologin Nathalie Chèvre der Universität Lausanne besteht jedoch kein Grund zur Beunruhigung.
Dienstag, 28. Mai 2024
Nathalie Chèvre war zu Gast in «La Matinale» von Radio Télévision Suisse (RTS). Der französichsprachige SRG-Sender bat die Ökotoxikologin um Einordnung der Resultate der Untersuchung der Konsumentensendung «A Bon Entendeur». Ihr Verdikt ist klar: «Die erlaubten Pestizidwerte im Wasser stehen in keinem Verhältnis zu den toxikologischen Auswirkungen». Die Konsumentinnen und Konsumenten brauchen sich gemäss der Forscherin beim Konsum der betreffenden Mineralwässer keine Sorgen zu machen. Zwar lassen sich Schadstoffe in gewissen Getränken nachweisen, doch sei Wasser vielleicht das Geringste, dem wir ausgesetzt sind.
Insbesondere in den Mineralwässern von Henniez, Valser, Swiss Alpina oder San Pellegrino hat die Untersuchung Substanzen nachgewiesen, die verboten sind. Gefunden wurden auch Rückstände von Chlorothalonil. Es handelt sich dabei um ein Fungizid, das in der Landwirtschaft eingesetzt wurde. Die EU hat es 2019 verboten. Die Schweiz zog nach, allerdings hat Syngenta gegen den Entscheid Beschwerde eingelegt.
Im Interview mit RTS führt die Ökotoxikologin Nathalie Chèvre aus, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gebe angesichts der Rückstände dieses Produkts. Sie verweist darauf, dass es sich bei der Substanz, die in den betroffenen Mineralwässern gefunden wurde, nicht um Chlorthalonil an sich handle, sondern um Abbauprodukte, «die ihrerseits bislang nicht als krebserregend bekannt sind».
Gemäss der Gewässerschutzverordnung darf das als Trinkwasser verwendete Grundwasser den Grenzwert von 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter nicht überschreiten. Die Ökotoxikologin verweist jedoch darauf, dass dieser Grenzwert nicht mehr zeitgemäss ist. Letztlich sage der Grenzwert nichts über die toxikologischen Auswirkungen aus. Er wurde in den achtziger und neunziger Jahren festgelegt, weil die 0,1 Mikrogramm der Leistungsfähigkeit der damaligen analytischen Werkzeuge entsprach. Das heisst: Er entsprach dem, was man damals nachweisen konnte. Es handelt sich nicht um einen gesundheitlich motivierten Grenzwert.
Mit dem Risiko einer Vergiftung hat der Grenzwert nichts zu tun. Laut der Forscherin sind die Normen problematisch, denn «ein Wasser kann über dieser Norm liegen, ohne dass es ein Gesundheitsproblem gibt». Die Wissenschaftlerin weist zudem darauf hin, dass es nicht gefährlich ist, Wasser aus Flaschen oder aus dem Wasserhahn in der Schweiz zu trinken. Und sie fügt hinzu: «Bevor wir uns mit dem Wasser beschäftigen, sollten wir uns mit dem beschäftigen, was in unseren Lebensmitteln oder Kosmetika enthalten ist».
Angesprochen auf die Pestizidrückstände im Mineralwasser reagiert ein weiterer Experte entspannt: «Diese Ergebnisse sind uns bekannt und entsprechen den Kontrollen, die wir durchführen», kommentiert Christian Richard, Kantonschemiker des Kantons Waadt gegenüber «24heures» und erinnert daran, dass das Waadtländer Mineralwasser weiterhin dem Lebensmittelrecht entspricht.
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