Wie Gentechnik die Cavendish-Banane rettet

Wie Gentechnik die Cavendish-Banane rettet

Wegen einem hartnäckigen Pilz könnte die beliebteste Bananensorte – die sogenannte Cavendish-Banane – bald verschwinden. Australische Forscher haben eine auf Gentechnik basierende Lösung entwickelt.

Dienstag, 23. April 2024

Kaum eine Frucht ist so beliebt wie die Banane. Sie ist süss, praktisch für unterwegs und sättigt gut. Bananen – die hierzulande fast immer Früchte der Sorte Cavendish sind – gehören in der Schweiz zu den meistgegessenen Früchten.

Seit einigen Jahren ist unsere heissgeliebte Banane aber in Gefahr. Eine neue Krankheit – konkret ein Pilz namens Tropical Race 4 – bedroht die Sorte zunehmend. Das berichtet SRF-Podcast News Plus. Der Pilz hat es in sich: Er infiziert die Banane nicht nur, sondern ist gar in der Lage, die ganze Pflanze in kurzer Zeit abzutöten. Die Krankheit vernichtet damit ganze Ernten. Für die betroffenen Bauern bedeutet das ein riesiger Verlust und es kann lange dauern, bis der Ersatz für die abgestorbenen Pflanzen wieder Früchte trägt. Bananen-Liebhaber in der fernen Schweiz merken das bis jetzt fast nicht, denn die hiesige Kaufkraft reicht für den Import von anderen Anbaugebieten. Über die Jahre werden Bananen aber wohl seltener und teurer werden.


Schon früher wurden die Bananen vom Aussterben bedroht

Eine gentechnisch veränderte Cavendish-Banane könnte jetzt aber Abhilfe für die betroffenen Landwirtinnen schaffen: In Australien wurde die erste ihrer Art zugelassen. Diese unterscheidet sich nur in einem einzigen Gen von der herkömmlichen Banane. Konkret handelt es sich dabei um ein Gen, das aus einem wilden Vorfahren der Cavendish-Banane herausgeschnitten wurde. Dieses war dafür verantwortlich, dass die Banane gegen gewisse Krankheiten resistent war – darunter der neue Pilz.

Übrigens gab es schon in der Vergangenheit eine solche «katastrophale» Bananen-Krankheit: Vor der Cavendish-Banane, in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, hielt nämlich die sogenannte «Big Mike»-Banane die Rolle der beliebtesten Banane inne. Die Sorte war unter anderem deshalb bei den Konsumentinnen so begehrt, da sie keine Samen hatte. In den 1950er Jahren machte eine Krankheit «Big Mike» jedoch das Leben schwer. Da es zu Zeiten des «Big Mikes» noch keine Gentechnik gab, musste eine ganz neue Sorte her. Die Cavendish-Banane, die damals resistent war, brachte den Notstand wieder ins Lot.


Immer öfters werden neue Züchtungstechnologien gefordert

Nun also – gut 70 Jahre später – kommt ein neuer Pilz daher, der die Bahnen-Bäume dahinrafft. Mit ihren Problemen steht die Cavendish-Banane aber nicht allein da: Auch zahlreiche andere Frucht- und Gemüsesorten leiden unter neuen Krankheiten, die sich rasant verbreiten.

Besonders anfällig sind Kulturen, die mit Setzlingen vermehrt werden (sog. vegetative Vermehrung), da dadurch alle Pflanzen sehr nahe verwandt und deshalb auch gleich anfällig auf dieselbe Krankheit sind – genau das ist bei den Bananenbäumen der Fall. Aber auch hierzulande werden viele Kulturen vegetativ vermehrt, etwa Kartoffeln (man erinnere sich an die Kraut- und Knollenfäule, welche im 19 Jahrhundert Hungersnöte in Europa verursachte), Knoblauch oder Spargel. So machen unter anderem die Folgen des Klimawandels den Produzenten immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Stimmen nach neuen Züchtungstechnologien werden deshalb immer lauter.

Wie Gentechnik eine ganze Industrie gerettet hat

Auf Hawaii ging in den 1990er Jahren die Papaya-Ernte aufgrund eines Virus um mehr als die Hälfte zurück. Nur durch jahrelange Forschung und die erfolgreiche «Impfung» der Papaya durch modifizierte Gene konnte die Papaya-Produktion auf Hawaii gerettet werden. Wissenschaftliche Studien haben zudem gezeigt, dass durch Verzehr und Anbau der virusresistenten Regenbogen-Papaya keine Schäden auftraten. Die genmodifizierte Papaya ist sowohl für den Menschen als auch für die Umwelt sicher. Unterdessen sind gentechnisch veränderte Papaya-Sorten in zahlreichen Ländern zugelassen.

Im Oktober letzten Jahres lud swiss food zu einer Podiumsdiskussion Thema Genom-Editierung «Zwischen Protest und Potenzial» ein. Das Video dazu finden Sie hier. Wenn man sich ein Bild des weltweiten Widerstands, der sich gegen Gentechnik gebildet hat, machen will, kann man sich den Dokumentarfilm «Food Evolution» ansehen. Die Regenbogen-Papaya ist Teil der Geschichte.

Doch wieso könnten nicht Mischkulturen die Rettung der Bananen sein? Wie Remco Stam, Forscher und Professor für Pflanzenpathologie, gegenüber «SRF» erklärt, sind Bananenplantagen oft sehr gross sind und sollen möglichst uniforme Früchte produzieren, damit Ernte, Lagerung und Transport einfach und kostengünstiger erfolgen können. «Mit Mischkulturen ist das natürlich meist eher schwierig», so Stam. Höhere Preise wären die Folgen.


Warum robustere Sorten immer gefragter sind

Gerade bei Kulturen mit wenig Diversität wie die Banane, welche durch Setzlinge vermehrt werden und wo Konsumenten an gleichbleibende Qualität gewöhnt sind, bieten neue Züchtungstechnologien oder wie in diesem Fall «altmodischere» Cis-Gentechniken attraktive Möglichkeiten, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Das Interesse an der Züchtung von robusteren Sorten wird immer grösser. Obwohl die Forschung über die Gentech-Banane vielversprechend ist, muss diese jedoch zuerst noch angebaut werden und sich in der landwirtschaftlichen Praxis beweisen.

Denkt man an die Sorte und den Geschmack, die gleich bleiben sollen, wären für die Schweiz – ähnlich wie die Bananen – die Kartoffeln ein interessantes Beispiel. Das Schweizer Parlament zeigte sich bereits gegenüber neuen Züchtungstechnologien offen. So hat sich nach dem Nationalrat auch der Ständerat für eine Lockerung des Gentech-Moratoriums ausgesprochen. Derweil bewegt sich auch in der EU etwas. Das ist auch dringend nötig, wollen die Schweiz und die EU nicht noch mehr abgehängt werden.

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