Wissenschaft wehrt sich gegen Verbot von GVO-Kulturen
Der Oberste Gerichtshof in den Philippinen will den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen Golden Rice und Bt-Aubergine (Bacillus thuringiensis) stoppen. Bei der Regierung und der Wissenschaft kommt das alles andere als gut an: Das Verbot könnte die Ernährungssicherheit des Landes gefährden.
Montag, 13. Mai 2024
Zwei Jahrzehnte lang hat das Internationale Reisforschungsinstitut (IRRI) gemeinsam mit PhilRice an der Weiterentwicklung des von Ingo Potrykus von der ETH Zürich erfundenen Golden Rice gearbeitet. Die Erkenntnisse sollen jetzt aber nicht umgesetzt werden können. Der Oberste Gerichtshof in den Philippinen hat dem Anbau der gentechnisch veränderten Pflanzen Golden Rice und Bt-Aubergine (Bacillus thuringiensis) den Riegel geschoben. Das berichtet das philippinische Portal inquirer.net unter Berufung auf einen Gerichtsbeschluss von Mitte April.
Den Wissenschaftern und Akademikern stösst das Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen sauer auf. Der Beschluss könnte sich auf die Ernährungssicherheit des Landes auswirken. Doch damit nicht genug: Ihrer Ansicht nach würde er gar «mehr Schaden als Nutzen» anrichten. Das ist einer Erklärung des Landwirtschaftsministeriums und eines aus Experten bestehenden Beratungsgremiums zu entnehmen. Das Rechtsteam der Regierung prüfe derzeit gar, ob die Anordnung des Gerichts rechtens war.
Wird das Gesetz benutzt, um eine extremistische Ideologie zu unterstützen?
Auch die Nationale Akademie für Wissenschaft und Technologie (NAST), die dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie (DOST) unterstellt ist, zeigte sich über das Verbot besorgt und fand in einem offiziellen Schreiben klare Worte: «Würden wir nicht durch moderne Technik in die Natur eingreifen, hätten wir nicht die Lebensqualität erreicht, die wir heute geniessen», heisst es. Die NAST unterstütze deshalb den Einsatz moderner Biotechnologie in der Pflanzenzucht klar.
Die Akademie befürchtet, dass der Gerichtsentscheid «überfällige Innovationen unnötig verzögern könnte» und setzt gar noch einen obendrauf: So werde befürchtet, dass das Urteil des Court of Appeals dazu führen könnte, dass «das Gesetz als Waffe benutzt wird, um eine extremistische Naturideologie zu unterstützen, nämlich dass eine unberührte Umwelt erhalten werden muss und dass moderne biologische Technologien diesem Ziel entgegenwirken.»
Harsche Kritik am Vorsorgeprinzip
Des Weiteren kritisiert die NAST in ihrem Schreiben ein völlig überzogenes Vorsorgeprinzip. Das Vorsorgeprinzip kommt vor allem in der Umwelt- und Gesundheitspolitik zur Anwendung und dient dazu, negative Auswirkungen (z.B. einer Technologie) zu verhindern. Gemäss NAST wird die Anforderung zur Last, wenn den Entwicklern einer Technologie auferlegt wird, das Nichtvorhandensein von Schäden zu beweisen. Das Vorsorgeprinzip wird zum Blockadeprinzip. Wenn verlangt wird, die absolute Freiheit von allen bekannten und unbekannten Risiken zu beweisen, dann übersteigt die Anforderung die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Methode. «Keine Technologie ist risikofrei, [und] die fortschrittlichsten Gesellschaften sind diejenigen, die bereit sind, Risiken einzugehen», heisst es im Bericht.
Vielmehr müsse man die zahlreichen Vorteile, die GVO-Kulturen mit sich bringen, berücksichtigen. So hätten moderne Eingriffe in die Pflanzenzucht zu «verbesserten Sorten» von Nutzpflanzen und anderen medizinischen Technologien wie Impfstoffen und Antibiotika geführt.
In Bezug auf die Bt-Auberginen belegen nach Angaben der NAST mehr als 20 Jahre wissenschaftliche Erkenntnisse, dass diese «das Einkommen der Landwirte durch die Verringerung von Verlusten aufgrund von Insektenschäden erheblich verbessern ... und die Gesundheit der Landwirte fördern können, indem sie weniger auf schädliche chemische Pestizide angewiesen sind.» Denn Schadinsekten im Kerngehäuse der Auberginen stellen in vielen Regionen eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit dar. Die äusserliche Behandlung mit Insektiziden eignet sich in diesem Fall nicht.
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