Zehn Mythen zur Nahrungsmittelproduktion

Zehn Mythen zur Nahrungsmittelproduktion

Die «richtige» Ernährung spielt für viele Menschen eine immer wichtigere Rolle. Ein gesunder Lebensstil ist zu einem Statussymbol geworden. Entsprechend emotional wird über gesunde Nahrungsmittel und nachhaltige Produktionsweisen debattiert. Viele überholte Vorstellungen und Mythen haben sich in den Köpfen vieler Konsumentinnen und Konsumenten festgesetzt. Nachfolgend zehn Mythen und ihre Dekonstruktion.

Freitag, 19. November 2021

«Pestizide werden immer giftiger»

Neue Wirkstoffe müssen ein strenges Zulassungsverfahren durchlaufen. Oberstes Prinzip ist: Bei sachgerechter Anwendung dürfen sie Mensch und Umwelt nicht gefährden. Die zur Verfügung stehenden Daten belegen, dass Pflanzenschutzmittel in den vergangenen 20 Jahren nicht nur sicherer, sondern auch umweltfreundlicher geworden sind. Es werden immer weniger davon mit besonderem Risikopotenzial zugelassen und verkauft. Die akute Toxizität der Pflanzenschutzmittel hat abgenommen. Zudem müssen für den gleichen Schutzeffekt immer geringere Wirkstoffmengen ausgebracht werden. Dass Pflanzenschutzmittel immer giftiger werden, widerspricht den Tatsachen. Mehr zum Thema


«Gentechnik gefährdet die Gesundheit»

Häufig hört man, gentechnisch veränderte Lebensmittel seien nicht sicher und könnten die Gesundheit von Menschen und Tieren negativ beeinflussen. Diese Behauptungen lassen sich nicht mit Fakten belegen. Gentechnische Pflanzenzüchtung ist nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung genauso sicher wie herkömmliche Züchtungsverfahren. In den USA fressen mittlerweile 95 Prozent der jährlich mehr als neun Milliarden Rinder, Schweine und Geflügeltiere Futter, das aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurde. Mithilfe neuer gentechnischer Verfahren können Forschende Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten oder Schädlinge wie auch gegen Hitze, Nässe oder versalzte Böden machen. Mehr zum Thema


«Bio kann die Welt ernähren»

Zur Produktion der gleichen Menge an Lebensmitteln benötigt Bio rund 40 Prozent mehr Fläche als die konventionelle Landwirtschaft. Um die wachsende Weltbevölkerung komplett biologisch ernähren zu können, wären künftig bis zu 80 Prozent mehr Fläche notwendig. Riesige Waldflächen müssten zusätzlich gerodet werden, damit genügend Ackerland zur Verfügung stehen würde. Die zusätzliche Fläche ginge zulasten von Mooren, Wäldern und Naturschutzgebieten. Die Biodiversität käme weiter unter Druck. Mehr Anbauflächen sind auch vor dem Hintergrund des Klimawandels keine Option. Zudem: Energie, Arbeit und Rohstoffe in den Anbau zu stecken ohne oder mit wenig Ertrag ist nicht ressourceneffizient. Ernteverluste bedeuten geringere Einkommen für Bauern, höhere Konsumentenpreise, sind unökologisch und belasten das Klima. Um die wachsende Weltbevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen, ist eine produktive, ressourceneffiziente Landwirtschaft unabdingbar. Mehr zum Thema


«Pestizide vergiften unser Essen»

Gemessene Rückstände von Pflanzenschutzmitteln werden in den Medien gerne skandalisiert. Die Tatsache, dass diese Rückstände weit unter den Werten liegen, die einen Einfluss auf unsere Gesundheit haben könnten, bleibt dabei meist unerwähnt. Ebenso, dass Pestizide die Produktion von gesunden Lebensmitteln für breite Bevölkerungsschichten überhaupt erst ermöglichen und somit viel zur Volksgesundheit beitragen. Hohe Sicherheitsmargen gewährleisten einen sicheren Genuss. Viele giftige Pilze, Krankheitserreger und gefährliche Unkräuter lassen sich ohne Pestizide nicht bekämpfen. Konsumentinnen und Konsumenten können Schweizer Lebensmittel aus konventionellem Anbau jederzeit bedenkenlos konsumieren. Noch nie waren die Schweizer Lebensmittel so sicher wie heute. Mehr zum Thema


«Jährlich über 200'000 Tote wegen Pestizid-Vergiftungen»

Auf Kundgebungen und in Publikationen gegen forschende Agrarunternehmen hält sich hartnäckig die Behauptung, dass aufgrund des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln jährlich über 200'000 Menschen an Pestizid-Vergiftungen sterben. Bei genauer Betrachtung lässt sich feststellen: Die Zahl stammt aus einer 35 Jahre alten Studie. In einem Gedankenexperiment wurden damals Suizide durch Schädlingsbekämpfungsmittel in Sri Lanka weltweit hochgerechnet. Mit dieser Zahl lässt sich die Behauptung, wonach der landwirtschaftliche Gebrauch von Pestiziden für so viele Tote verantwortlich sei, in keiner Weise belegen. Mehr zum Thema


«Natürlich ist gesund, Chemie ist Gift»

Es ist grundfalsch anzunehmen, die Natur mit «gesund» gleichzusetzen und synthetisch hergestellte Stoffe als «giftig» zu verurteilen. In der Natur kommen viele hochgiftige Stoffe vor und gleichzeitig gibt es viele synthetisch hergestellte Substanzen, welche absolut ungefährlich sind. Das Schimmelpilzgift Aflatoxin ist höchst krebserregend. Mit dem Einsatz von geeigneten Fungiziden kann dieser Gefahr jedoch vorgebeugt werden. Als sogenannt «natürliches» Fungizid kommt im Biolandbau das Schwermetall Kupfer zum Einsatz. Doch Kupfer reichert sich im Boden an und wirkt auf Bodenorganismen wie Regenwürmer toxisch. Die Möglichkeit, Wirkstoffe synthetisch herzustellen, wirkt sich auch positiv auf die Tierwelt und die Biodiversität aus. «Natürliche» Schwermetalle können bei falscher Anwendung sehr schädlich sein. Mehr zum Thema


«Dem Schweizer Wasser geht es schlecht»

Unsere Oberflächengewässer, das Grundwasser sowie das Trinkwasser sind in einem sehr guten Zustand. Die Schweizer Wasserqualität steht im internationalen Vergleich top da. Das Trinkwasser in der Schweiz ist nachweislich von guter Qualität. Der Gewässerschutz ist ein zentrales und prioritäres Thema im nationalen Aktionsplan des Bundesrates zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Landwirtschaft, Behörden und Industrie arbeiten laufend daran, unerwünschte Einträge kontinuierlich zu reduzieren. Einen wichtigen Beitrag leistet auch die forschende Industrie, um den Pflanzenschutz möglichst zielgenau und nachhaltig zu gestalten. Mehr zum Thema


«Pestizide sind schuld am Insektensterben»

Der Rückgang an Insekten ist differenziert zu betrachten und kennt viele Ursachen. Während bei Landinsekten ein Rückgang von neun Prozent pro Jahrzehnt zu verzeichnen ist, haben Wasserinsekten in der gleichen Zeitspanne im Schnitt um elf Prozent zugenommen. Klar ist, dass für den Populationsrückgang von Landinsekten verschiedene Ursachen verantwortlich sind. Dazu gehören: Mangel an Lebensräumen (z.B. durch fehlende Freiflächen und oder Hecken); Flächenversiegelung aller Art (z.B. durch Überbauungen und Strassen); Einbringen von Substanzen in die Umwelt (für Reinigung und Pflanzenschutz); Zunahme der Lichtquellen (z.B. durch Dauerbeleuchtung von Strassen); Verkehrszunahme (Kollisionen mit Insekten); Mangelnder Schutz von Biotopen (weniger Feuchtgebiete). Mehr zum Thema


«Pestizide schaden dem Klima»

Pflanzenschutzmittel helfen, auf weniger Nutzfläche mehr Lebensmittel herzustellen. Höhere Flächenerträge schützen die Ressource Boden vor einer noch grösseren Inanspruchnahme – und das nicht nur regional, sondern weltweit. Wälder, Sümpfe und Moore werden davor bewahrt, landwirtschaftlich genutzt zu werden. Auch der Verzicht auf den Pflug senkt die CO2-Emissionen. Moderne Direktsaattechniken, bei denen der Acker vor der Aussaat nicht umgepflügt wird und das natürliche Bodengefüge deswegen erhalten bleibt, würden ohne Herbizide nicht funktionieren. Ohne Bodenbearbeitung verringert sich die Erosion, Regenwürmer und anderes Bodenleben sind vielfältiger und Humus bildet sich schneller. Mehr zum Thema


«Bio kommt ohne Pestizide aus»

Dass Biolandwirte ohne Pestizide arbeiten, ist zwar eine weitverbreitete Ansicht, ist aber klar falsch. Pestizide können als Pflanzenschutzmittel auf dem Feld gespritzt werden oder als Biozide in der Lagerhaltung zum Einsatz kommen. Rund 60 Prozent der in der Schweiz am meisten verkauften Pflanzenschutzmittel sind auch für den Biolandbau zugelassen. Eine Biolandwirtschaft, wie sie heute in der Schweiz betrieben wird, kann ohne Pflanzenschutzmittel nicht existieren. Mehr zum Thema

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