Auch die Zahlungsbereitschaft ist nicht unendlich hoch. In einer Erhebung des Bundesamtes für Statistik gaben 2015 fast 75 Prozent der Befragten an, zumindest gelegentlich teurere Bioprodukte zu kaufen. Gleichzeitig liegt der Marktanteil von Bio aber nur bei knapp zehn Prozent. Diese Diskrepanz zeigt: Beim Kaufentscheid spielt auch der Preis eine grosse Rolle. Doch was viele vergessen: Hohe Qualität zu bezahlbaren Preisen ist nur mit dem Einsatz moderner Pflanzenschutzmittel zu erreichen. Die Qualität steigert auch die Haltbarkeit der Produkte und verhindert so, dass der Einkauf im Abfall landet. Moderner Pflanzenschutz ist ein Beitrag gegen Foodwaste.
Die Produkte unserer Bauern würden massiv teurer
Ein Verbot von synthetischen Pflanzenschutzmitteln würde das Lebensmittelangebot in der Schweiz radikal verknappen: Die Produkte unserer Bauern würden massiv teurer. Ohne wirksamen Pflanzenschutz würden Ertragsausfälle grösser und die Herstellung aufwendiger. Sie können bis zu 40 Prozent betragen. Bei Kulturen wie Kartoffeln, Obst, Gemüse oder auch Reben kann es je nach Witterung sogar zu Totalausfällen kommen. Insgesamt würde sich das Angebot an regionalen Lebensmitteln in den Schweizer Läden stark verringern. Weil die Initiative auch Importe von mit Pestiziden behandelten Produkten verbietet, würde sich die Verknappung noch verschärfen. Notabene wären davon auch viele Biolebensmittel betroffen, sind doch über 40 Prozent der Pflanzenschutzmittel auch im Biobereich zugelassen. Und auch Biopflanzenschutzmittel sind teilweise synthetisch hergestellt oder enthalten synthetische Komponenten. Klar ist: Das massiv verringerte Angebot würde die Preise erhöhen und die Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland steigern.
Rigorose Verbote haben unerwünschte Nebenwirkungen
Auch aus sozialer Sicht wäre ein radikales Verbot von Pflanzenschutzmitteln höchst fragwürdig. Denn Lebensmittel müssen alle kaufen. Preiserhöhungen bei Lebensmitteln treffen besonders Leute mit knapperem Budget. Sie müssten auf die massiv teureren regionalen Produkte verzichten. Hier lässt die Initiative jedoch noch ein Schlupfloch. Im grenznahen Ausland könnten Private weiterhin günstige Nahrungsmittel kaufen, auch wenn sie mit synthetischen Pflanzenschutzmitteln hergestellt wurden. So schwächt die Initiative die preisliche und qualitative Konkurrenzfähigkeit von einheimischen Produkten und fördert den Einkaufstourismus. Das ist nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht unerwünscht. Der Schweizer Detailhandel und die Bauern kämen buchstäblich unter die Räder der Einkaufstouristen. Der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln erfordert Sorgfalt von allen Beteiligten. Das gilt für den Gesetzgeber, die zulassende Behörde, die forschende Industrie und die Bauern. Die Risiken sind weiter zu reduzieren. Rigorose Verbote sind jedoch die falsche Antwort und haben unerwünschte Nebenwirkungen. Auch in Zukunft müssen Landwirte ihre Kulturen gegen Schädlinge und Krankheiten schützen können. Davon profitieren sowohl die Bauern als auch die Konsumentinnen und Konsumenten.
Babette Sigg ist Präsidentin des Konsumentenforums kf und Präsidentin der CVP Frauen Schweiz. Dieser Beitrag ist in der «Handelszeitung» vom 4. April 2019 erschienen.