Wird eine Fläche für einen bestimmten Zweck genutzt, steht sie für einen anderen Zweck nicht mehr zur Verfügung. Das gilt in gewisser Weise auch für landwirtschaftlich genutzte Flächen, egal ob biologisch oder konventionell. Denn Landwirtschaft ist immer ein Eingriff in die Natur. Wo Mais angebaut wird, bleibt wenig Platz für Biodiversität – ausser man arbeitet mit Blühstreifen neben den Äckern. Den bedeutendsten Einfluss auf die Biodiversität dürfte in Europa wie auch in der Schweiz jedoch die rege Bautätigkeit und die damit verbundene Versiegelung und Zersiedelung der Landschaft haben. Aus der Taschenstatistik Umwelt 2020 des Bundesamts für Gesundheit (S.7) geht hervor, dass die Siedlungsflächen seit Anfang der 1980er Jahre schneller wachsen als die Bevölkerung. Der Flächenbedarf pro Person hat zugenommen. Böden verschwinden und können ihre wichtigen Funktionen für den Nährstoff- und Wasserkreislauf nicht mehr erfüllen. Der Lebensraum für immer mehr Tier- und Pflanzenarten geht verloren. Zielkonflikte sind zu adressieren.
Bessere Flächennutzung spart Land
Das Verschwinden von immer mehr Landfläche kann aber nicht der Landwirtschaft angelastet werden. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die weltweit genutzte landwirtschaftliche Fläche in den letzten 40 Jahren konstant geblieben ist. In der Schweiz ist sie in den vergangenen 20 Jahren sogar leicht gesunken. Und dass die Landwirtschaft auf weniger Fläche mehr produzieren kann, ist auch modernem Pflanzenschutz zu verdanken. Ohne Pflanzenschutzmittel wäre zur Produktion der gleichen Menge an Nahrungsmitteln ungefähr 40 Prozent mehr Anbaufläche nötig. Die Biodiversität nähme ab, da Lebensräume zerstört würden.
Positive Effekte
Pestizide tragen in vielfältiger Weise zum Erhalt der Biodiversität bei. Beispielsweise können Herbizide den Boden von invasiven Unkräutern befreien, welche die einheimischen Pflanzenarten immer mehr verdrängen. Sie tun dies, ohne dass gepflügt werden muss und schonen damit Bodenorganismen und Regenwürmer. Und Insektizide können die Ausbreitung von invasiven Insektenarten stoppen, die sonst überhandnehmen und zur Bedrohung für die Artenvielfalt werden. Der Rückgang der Artenvielfalt ist in erster Linie auf Eingriffe des Menschen in die Natur zurückzuführen und nicht auf die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Seit Jahren nehmen die verkauften Mengen an Pflanzenschutzmitteln ab. Die angebotenen Substanzen werden zudem immer umweltfreundlicher, weil sie immer spezifischer wirken. Dagegen bleibt die Belastung der Böden durch Schwermetalle seit Jahrzehnten gleich, wie aus Seite 30 der Taschenstatistik des BFS hervorgeht. In der Erhebungsperiode 2010 bis 2014 war bei 20 Prozent der untersuchten Böden der Richtwert für mindestens ein Schwermetall (Blei, Kupfer, Cadmium oder Zink) überschritten.
Ohne Pflanzenschutzmittel wäre die Lebensmittelproduktion viel weniger effizient. Sie bräuchte viel zu viel Fläche. Das wäre auch ökologisch eine Katastrophe. Fruchtbare Ackerböden sind nämlich sehr begrenzt. Zudem sind mögliche Anbauflächen häufig wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Eine Ausbreitung der Landwirtschaft in Urwälder ist unerwünscht.
Fakt ist:
Die unberührte Natur ist nur ein Mythos. Landwirtschaft (egal ob Bio oder konventionell) ist immer ein Eingriff in die Natur. Der Mensch musste sich seit er sesshaft geworden ist und Kulturpflanzen anbaute, gegen die Natur wehren. Diese will sich mit Krankheiten und Schädlingen das von Menschen bewirtschaftete Land «zurückerobern» (siehe zum Beispiel in dieser Reportage ab Minute 10). Dass wir heute auf weniger Fläche mehr Lebensmittel produzieren können und somit unberührte Natur schützen können, ist auch ein Verdienst von modernem Pflanzenschutz.
Gut zu wissen:
Die Schweizer Landwirtschaftspolitik unternimmt bezüglich Biodiversität im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viel. Kaum in einem anderen Land sind die gesetzlichen Vorschriften strenger als bei uns. Unsere landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 1 Mio. Hektaren umfasst über 190’000 Hektaren Biodiversitätsförderflächen. Das sind 19 Prozent der Gesamtfläche und stellt international einen Spitzenwert dar. Ein guter Indikator für den Zustad der Biodiversität sind Brutvögel. Gemäss Taschenstatistik Umwelt 2020 (S. 33) ist der Trend der regelmässig in der Schweiz brütenden Vogelarten über die letzten knapp dreissig Jahre ausgeglichen.
Vernetzung von Lebensräumen
Biodiversität lebt von der Vernetzung der Lebensräume. In jeder Balkonkiste können Wildblumen angepflanzt werden, jeder Gartenbesitzer kann einen Beitrag leisten, indem er Lebensräume für Insekten und Kleintiere schafft, zum Beispiel durch das Anpflanzen von Sträuchern und Hecken und das Liegenlassen von Laub und Asthaufen und das späte und gestaffelte Mähen von Blumenwiesen. Idealerweise erfolgen die Massnahmen standortangepasst: Vegetation und Insekten können bereits in kurzer Distanz ganz anders sein. Hilfe für standortgerechte Wildpflanzen bieten die Informationsplattformen floretia.ch oder www.futureplanter.ch