«Biologicals» – biologically active substances from research

«Biologicals» – biologically active substances from research

Modern crop protection products must be safe, targeted and short-lived – i.e. degraded shortly after reaching their target – without leaving behind biologically active degradation products.

Thursday, January 19, 2023

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Biologicals sind eine vielfältige Gruppe von Pflanzenschutz-Strategien und -Produkten, die aus lebenden oder natürlich vorkommenden Materialien wie Mikroben oder Pflanzenextrakten hergestellt werden oder nützliche Insekten einsetzen.
  • Sie können auch im Labor synthetisiert werden, sind aber in ihrer Zusammensetzung der Natur ähnlich. Ein Beispiel sind Insektenpheromone, die im Rahmen integrierter Schädlingsbekämpfungsstrategien zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden.
  • Biologicals sind eine wichtige Ergänzung zu herkömmlichen synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Ihre Bedeutung für die Forschung nimmt stetig zu.

Was einfach tönt, schlägt sich in intensiver Forschung und einem strengen Zulassungsprozess nieder: Die Entwicklung eines neuen Wirkstoffs dauert zwischen 10 bis 12 Jahren und kostet über 280 Millionen Schweizer Franken – wobei ein Drittel von Zeit und Kosten für die Toxikologie-Studien für die Produktregistrierung aufgewendet werden. Zusätzlich wird die Suche nach einem neuen Wirkstoff immer schwieriger und gleicht der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen: Nur eine von 160 000 getesteten Einzelsubstanzen schafft es schliesslich als Pflanzenschutzmittel auf den Markt.

Innovation im Pflanzenschutz durch Biologicals (CropLife International)

Wichtig für Resistenzmanagement

Sogenannten Biologicals kommt daher als Quelle für neue Wirkungsmechanismen eine immer wichtigere Rolle zu. Sie sind wertvolle Instrumente im Resistenzmanagement – auch im ÖLN-Anbau (Ökologischer Leistungsnachweis) oder in der integrierten Produktion. Sie ergänzen den synthetischen Pflanzenschutz, aber auch Pflanzenschutzstrategien, wo der Handel oder Verarbeiter eine Maximalzahl für Wirkstoffe im Endprodukt vorgibt – beispielsweise im Weinbau oder bei Obst und Gemüse (Rückstandsoptimierung). Biologicals müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllen:

  • Aktivität von Biologicals muss überzeugen, das heisst, sie müssen wirksam sein.
  • Darüber hinaus müssen die biologischen Produkte auch in die normale Landwirtschaftspraxis passen. Sie sollten ein bis zwei Jahre gelagert werden können. Auch Tankmischungen sollten möglich sein. Lebende Organismen müssen zudem draussen im Feld noch biologisch aktiv sein.
  • Die Grundlage der Biologicals soll in der Natur in ausreichender Menge vorkommen und nachhaltig gewinnbar sein. Beispielsweise sind Extrakte aus seltenen Pflanzen ein «No-Go», da die Biodiversität für Pflanzenschutzlösungen nicht geopfert werden darf. Solche Extrakte mit Pflanzenschutzlösung können aber im Labor synthetisch hergestellt werden – ohne die negativen Auswirkungen auf die Natur bei der Gewinnung.

Biocontrol im Einsatz gegen den Kartoffelkäfer (Syngenta).

Ergänzung zum synthetischen Pflanzenschutz

Entscheidend für die Wirksamkeit ist das Timing bei der Ausbringung. Die Anwender müssen zum Beispiel wissen, wie sich Pathogen- und Insektenpopulationen entwickeln, welches Stadium gerade vorhanden ist oder auch welches Pathogen genau bekämpft werden soll. Biologische Wirkstoffe wirken in der Regel noch spezifischer als synthetische Wirkstoffe, brauchen aber häufig auch mehr Zeit, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Allein im Segment der Mikroorganismen steckt noch viel Potenzial, das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Noch kaum Lösungen gibt es aber für die Unkrautbekämpfung. Eine der künftigen Herausforderungen wird es sein, selektive Biologicals zu finden, die man spritzen und auch bei Mischverunkrautung einsetzen kann. Biologicals sind daher kein «Allheilmittel», sondern bleiben eine wichtige und an Bedeutung zunehmende Ergänzung zum synthetischen Pflanzenschutz. Denn auch künftig ist jede Art von Landwirtschaft darauf angewiesen, ihre Kulturen zu schützen, um die Produkte in der vom Konsumenten gewünschten Qualität zu einem erschwinglichen Preis herzustellen – egal ob ÖLN, IP oder Bio-Landbau. Biologicals bieten sehr viele Möglichkeiten und Ansätze zur Bekämpfung von unliebsamen Insekten oder Pflanzenkrankheiten. Sie sind eine Ergänzung zu synthetisierten Pflanzenschutzmitteln für ein optimiertes Rückstands- wie Resistenzmanagement und werden in vier Klassen eingeteilt:

  • Pflanzenextrakte
  • Makroorganismen wie Insekten, die als Nützlinge Schadinsekten vernichten
  • Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Viren
  • RNA basierte Biologicals: Dabei wird Doppelstrang-RNA auf der Pflanze verteilt, welche die Schädlinge beim Fressen der Pflanze aufnehmen. Die RNA stoppt dann im Schädling die Synthese essentieller Proteine und legt so den Erreger oder Schädling lahm. Erste Mittel, die auf RNAi basieren, sind bereits zugelassen oder befinden sich auf dem Weg in Richtung Zulassung. Bei der Entwicklung sprühfähiger RNAi-basierter Pestizide steht momentan die Bekämpfung des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata) im Fokus. In den USA ist eine vom Unternehmen Bayer entwickelte transgene Maissorte bereits erhältlich, die per RNA-Interferenz den Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) attackiert. Der gefürchtete Schädling stammt aus Mittelamerika, ist aber inzwischen auch in den USA und Kanada sowie in Europa weitverbreitet.


Pflanzenextrakte haben auch Nachteile

Die forschende Industrie ist auch bei Biologicals stark engagiert. Biologische Stoffe werden als wertvolle Ergänzung zu synthetischen Pestiziden erachtet. Sie sind aber nicht deren Ersatz. Pflanzenextrakte können auch viele erhebliche Nachteile haben:

  • Die Moleküle sind «naturgegeben» und können nicht verbessert werden, beispielsweise, wenn sie zu toxisch sind, um als Pflanzenschutzmittel registriert zu werden.
  • Sie sind nicht konsistent wie ein synthetischer Stoff, dessen Eigenschaften wir genau kennen und einschätzen können.
  • Viele Naturstoffe sind nicht photostabil, das heisst, sie bauen sich auf dem Feld zu rasch ab.
  • Sie sind nicht beliebig reproduzierbar, denn man muss zuerst die Pflanze anbauen, aus der das Pflanzenschutzmittel gewonnen werden kann. Intensiver Chrysanthemenanbau in Monokultur zur Gewinnung natürlicher Pyrethrine für die Bio-Landwirtschaft oder Raubbau im Urwald als Stichworte.

Auch das Ausbringen von Mikroorganismen in ein Ökosystem muss risikobasiert und kontrolliert erfolgen. Denn lebende Organismen interagieren und entwickeln sich weiter – im Gegensatz zu einem stabilen synthetischen Pflanzenschutzmittel. Mikroorganismen können wie Pflanzen oder Tiere in einem Gebiet als heimische Art gelten, aber in einem anderen Gebiet invasiv sein und unter Umständen negative Auswirkungen auf die lokale Artenvielfalt haben.

Es braucht daher auch bei Biologicals wissenschafts- und risikobasierte Zulassungsprozesse, die aber gleichzeitig der Andersartigkeit gegenüber rein synthetisch hergestellten Pflanzenschutzmitteln Rechnung tragen.

Zwei Wirkungsmechanismen kurz erklärt:

  • Biocontrols: Schädlinge wie Insekten, Milben oder Unkräuter und Pflanzenkrankheiten sollen mit anderen Organismen bekämpft werden. Die Wirkungsweisen sind vielfältig und können auf Wettbewerb um Nährstoffe, Verdrängung, Parasitismus, direkte Hemmung oder anderen natürlichen Mechanismen beruhen.
  • Biostimulants: Hierbei ermöglichen die Biologicals ein verbessertes Pflanzenwachstum durch Optimierung der Aufnahme von Nährstoffen, durch Stimulation von wichtigen Stoffwechselprozessen in der Pflanze oder gar durch Schutz gegen abiotische Umweltfaktoren wie Dürre, Hitze, Kälte usw.. Zur Erforschung und Entwicklung dieser Produkte werden neuartige molekulare und analytische Techniken eingesetzt.

Gut zu wissen

Auch Nützlinge sind «nicht ohne»: Sie vernichten zwar Schadinsekten, können aber auch die lokale Biodiversität gefährden, wenn sie ihrerseits keine natürlichen Feinde haben. So geschehen beim Einsatz des asiatischen Marienkäfers in Gewächshäusern für den Gemüseanbau: Dieser Nützling vernichtet Blattläuse viel effizienter als der einheimische Marienkäfer – aber er vermehrt sich auch viel schneller und gefährdet als invasives Insekt nun den Bestand des lokalen Marienkäfers.

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