Glossar

Bio-Pestizide

Auch die biologische Landwirtschaft ist auf den Einsatz von Pestiziden (Pflanzenschutzmittel und Biozide) angewiesen. Mehr als 40 % der in der Schweiz verkauften Pestizide sind für den Bio-Landbau zugelassen. Unter den zehn meistverkauften Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz befinden sich vier Bio-Pestizide. Viele von Bio-Bauern eingesetzte Pflanzenschutzmittel sind nicht direkt natürlichen Ursprungs. So werden sämtliche im Bio-Landbau eingesetzten Kupfersalze synthetisch hergestellt. Auch Schwefelprodukte, Kaliumbicarbonat, Kaliseife und Eisenphosphat, die als Bio-Pestizide eingesetzt werden, gelten als synthetisch. Viele Bio-Mittel enthalten zudem Zusatz- und Hilfskomponenten, die synthetisch produziert werden. Lockstoffe, die in Bio- wie konventioneller Landwirtschaft zum Beispiel gegen den Apfelwickler oder die Kirschessigfliege eingesetzt werden, sind alle synthetisch hergestellt, denn es macht schlicht keinen Sinn, Millionen von Insekten auszuquetschen, um an den Lockstoff zu kommen. Somit ist auch die heutige in der Schweiz praktizierte Bio-Landwirtschaft stark von synthetischen Pestiziden abhängig.

Für den Bio-Landbau zugelassene Pflanzenschutzmittel sind nicht per se umweltfreundlicher. Spinosad und (aus in Monokulturen angebauten Chrysanthemen gewonnene) Pyrethrine sind bienentoxisch, Kupfer reichert sich als Schwermetall im Boden an und schädigt dort Regenwürmer und andere Mikroorganismen. Ob biologisch oder synthetisch: Die Herstellung eines Stoffes sagt noch nichts über sein toxikologisches Potenzial aus. Entscheidend ist, ob eine chemische oder biologische Substanz sicher für Mensch und Umwelt angewandt werden kann. Das ist bei Kupfer aufgrund seiner Persistenz nicht der Fall und es ist auf der Liste der sogenannten «Substitutionskandidaten» des Bundesamts für Landwirtschaft, das heisst, es muss ersetzt werden.

Vergleich Pflanzenschutz-Statistiken 2010-2019

Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft BLW: Verkaufsmengen der Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe



2010 (Tonnen WS)

2019 (Tonnen WS)

Differenz (%)

Bio-PSM

542.4

927.4

Bio-PSM mit besonderem Risikopotential (Kupfer)

71.2

71.6

+ 0.6 %

Bio-PSM Total

613.6

999

+ 63 %

Konv. PSM

1379.1

866.0

Konv. PSM mit besonderem Risikopotential

215.6

140.8

- 35 %

Konv. PSM Total

1594.7

1006.8

- 37 %

Erläuterungen:

  • Die Menge an Wirkstoffen für den ausschliesslich konventionellen Landbau und davon diejenige mit besonderem Risikopotenzial ist von 2010 bis 2019 markant (um 37 % resp. 35 %) zurückgegangen. Dass die Risiken bei diesen Pflanzenschutzmitteln so stark zurückgegangen sind, ist ein Beleg für die Anstrengungen von Industrie und Landwirtschaft. Der Rückgang der Mengen bei den Wirkstoffen für den ausschliesslich konventionellen Landbau geht stark auf den Herbizidverzicht zurück. Das heisst: Statt klimafreundliche und bodenschonende Herbizide einzusetzen, wird nun vermehrt gepflügt, was die Erosion und die Bodenverdichtung fördert und durch vermehrte Durchfahrten den Energieverbrauch erhöht.
  • Die stark steigenden Mengen für die auch im Bio-Anbau zugelassenen Produkte belegen, dass Landwirte auf Pflanzenschutz angewiesen sind. Dass bei dieser Kategorie die Risiken nicht zurückgehen, ist vor allem auf Kupfer zurückzuführen. Von den im Jahr 2019 verkauften Wirkstoffen mit besonderem Risikopotential war Kupfer der mit Abstand am meistverkaufte Wirkstoff (34%). Der Wirkstoff, der auch im Bio-Landbau zugelassen ist, reichert sich im Boden an und ist für Würmer und Bodenorganismen giftig. Ob es zudem wirklich umweltverträglicher ist, anstatt wenige Gramme moderner Pflanzenschutzmittel grosse Mengen älterer, unspezifisch wirkender Mittel wie die Erdölderivate Paraffinöl oder Schwefel einzusetzen, ist fraglich.