Vorsorgeprinzip
Das Vorsorgeprinzip kommt vor allem in der Umwelt- und Gesundheitspolitik zur Anwendung. Mit dem Vorsorgeprinzip sollen negative Auswirkungen (z.B. einer Technologie) verhindert werden. Es existiert keine einheitliche Definition des Begriffs. Gemäss dem wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments ist jedoch die «ungewisse wissenschaftliche Beweislage» wichtiger Bestandteil der meisten Konzepte. Das Vorsorgeprinzip liefert eine Entscheidungsgrundlage für politische Entscheidungsträger. Es sollte angewendet werden, wenn ein Nichttätigwerden der Behörden erhebliche Folgen haben könnten.
Zur Anwendung des Vorsorgeprinzips gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Gemäss EU-Parlament gehen die meisten Experten davon aus, dass ein Verbot oder eine Umkehrung der Beweislast nicht dazugehören. Denn ein allzu strikt angewandtes Vorsorgeprinzip kann zur Lähmung in Politik, Gesetzgebung und Wissenschaft führen. Es wird so schnell zum «Verbotsprinzip». Der US-Amerikanische Ökonom Cass R. Sunstein kritisiert in seinem Werk «Gesetze der Angst: jenseits des Vorsorgeprinzips» zu strenge Auslegungen des Vorsorgeprinzips folgendermassen: «Der Ausgangspunkt meiner Argumentation ist, dass das Vorsorgeprinzip in seinen stärksten Formulierungen tatsächlich inkohärent ist, und zwar aus dem folgenden Grund: Jede soziale Situation birgt Risiken. Deshalb wirkt das Prinzip lähmend; es verbietet uns genau jene Massnahmen, die es fordert. Da jede Vorgehensweise Risiken birgt, verbietet das Vorsorgeprinzip sowohl ein Tätigwerden als auch ein Nichttätigwerden und alles, was dazwischen liegt. […]»
Zusammengefasst:
Die Behörden in der EU und der Schweiz arbeiten nach dem sogenannten Vorsorgeprinzip. Das heisst vereinfacht, dass sämtliche potenzielle Risiken oder Schäden für die Umwelt im Voraus ausgeschlossen oder vermieden werden sollen. Im Zweifelsfall wird dabei ein Wirkstoff oder ein Produkt nicht zugelassen oder verboten. Länder wie die USA, Japan, Australien oder Brasilien gehen anders vor. Die Behörden dort gehen davon aus, dass jedes Produkt ein gewisses Risiko birgt, die Gesellschaft aber damit umgehen, die Risiken managen kann. Dieser Ansatz steht (dringend benötigten....) Innovationen offener gegenüber und heisst dennoch nicht, einfach alles von vorneherein zuzulassen. Er beruht aber auf dem Prinzip der Risikoabwägung – und schliesst damit auch die Evaluation von Chancen und Nutzen und das Risiko einer Nichtanwendung einer neuen Technologie mit ein.
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