Meinungen
Dr. Teresa Koller

«Gentechnik und Umweltschutz gehen Hand in Hand»

Dr. Teresa Koller forscht am Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich. Umweltschutz und Grüne Gentechnik sind für sie keine Gegensätze. Menschen können krank werden. Viele Leute denken nicht daran, dass auch Pflanzen krank werden. Und genauso wie Menschen brauchen auch sie Schutz vor Krankheitserregern. Der Kampf gegen Pflanzenkrankheiten und Schädlinge ist Alltag von Millionen von Landwirten auf der ganzen Welt.

Donnerstag, 12. November 2020

Seit vielen Jahren erforschen wir am Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich (UZH) das Immunsystem von Getreide. Ziel ist, die vielfältigen Wechselwirkungen von Pflanzen und Pathogenen (Krankheitserreger) besser zu verstehen. Damit sich die Pflanzen gegen Schädlinge und Krankheiten besser zur Wehr setzen können. Es ist ein ständiger Wettlauf zwischen dem Immunsystem der Pflanze und dem Krankheitserreger, der sich dem Immunsystem anpasst. Wir Pflanzenforscher helfen Bauern dabei, ihre Kulturpflanzen auch in Zukunft gesund zu halten.


Beispielsweise können Pilzkrankheiten zu grossen Ernteverlusten führen. Der Bauer hat verschiedene Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Pflanzenschutzmittel sind Medikamente für Pflanzen, deren Immunsystem zu schwach ist, einen Schädling zu bekämpfen. Noch besser ist es natürlich, wenn die Pflanze gar nicht erst befallen würde. Am Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie suchen wir nach Möglichkeiten, um das Immunsystem von Pflanzen auf bestimmte Schädlinge vorzubereiten. Mit der Gentechnik, insbesondere der Genschere CRISPR/Cas9, können wir Pflanzen helfen, den Kampf gegen Schädlinge auf nachhaltige Art und Weise zu gewinnen.


Wir sind heute in der Lage, bestimmten Weizensorten Resistenzgene gegen Pilzkrankheiten wie Mehltau und Rost zu entnehmen. Diese setzen wir dann in das Erbgut anderer Weizensorten oder sogar anderer Pflanzen wie Gerste oder Mais ein. Das Ergebnis: Die Pflanze ist gegen die Pilzkrankheiten immun. Auf unserem Testfeld in Reckenholz bauen wir transgenen Weizen, Mais und Gerste an und evaluieren die Krankheitsresistenz im Feld. Es ist faszinierend zu sehen, wie die Pflanzen saftig grün bleiben – ganz im Gegensatz zu den Pflanzen ohne Schutz. Gefahr für die Umwelt besteht natürlich keine. Was wir machen ist naturidentisch, nur müssen wir nicht über Jahrzehnte auf Zufälle warten.


Ich war in meiner Jugend selber Mitglied bei Greenpeace. Der Umweltschutz liegt mir sehr am Herzen. Die militante Ablehnung der Gentechnik finde ich schade. Gentech wird oft mit irgendeinem Super-Gemüse gleichgesetzt, das «künstlich» herangezogen wird. Das hat mit der Realität nichts zu tun. Gentechnik ist keine Wunderwaffe und auch nicht des Teufels. Es ist eines von vielen Verfahren, das einen Beitrag zur Pflanzengesundheit leisten kann. Umweltschutz und Gentechnik sind für mich überhaupt kein Widerspruch. Im Gegenteil: Mit der Gentechnik kann beispielsweise der Flächen- oder Wasserverbrauch, aber auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden. Die Gesellschaft muss ihre Haltung gegenüber neuen Gentechverfahren der Umwelt und unserem Klima zuliebe überdenken. Damit das gelingt braucht es Aufklärung und einen offen geführten Dialog. Eine Aufgabe, der ich mich neben meiner Forschungstätigkeit in Zukunft mehr widmen möchte.

Dr. Teresa Koller arbeitet am Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich. Bild: Madeleine Schoder/Landbote.

«Die Angst vor Gentech-Pflanzen ist unnötig»

Anke Fossgreen

Anke Fossgreen

Leiterin Wissenteam Tamedia

«Politik darf Nahrungsmittelpreise nicht weiter in die Höhe treiben»

Babette Sigg Frank

Babette Sigg Frank

Präsidentin Konsumentenforum

«Nachhaltigkeit bedeutet mehr»

Hendrik Varnholt

Hendrik Varnholt

Ressortleiter Industrie bei der Lebensmittel Zeitung

«Ein Drittel Bio löst das Problem nicht»

Olaf Deininger

Olaf Deininger

Entwicklungs-Chefredakteur Agrar-Medien

«Allein mit ökologischen Methoden werden wir es nicht schaffen»

Saori Dubourg

Saori Dubourg

Mitglied des Vorstands der BASF SE

«Die meisten Ängste gegenüber Pestiziden sind unbegründet»

Michelle Miller

Michelle Miller

Kolumnistin bei Genetic Literacy Project und AGDaily

«Moderne Pestizide können zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen»

Jon Parr

Jon Parr

Präsident von Syngenta Crop Protection

«Wer hat Angst vor den bösen GVO?»

Jürg Vollmer

Jürg Vollmer

Chefredaktor Zeitschrift «die grüne»

«Was uns Pflanzenzüchtung bringt»

Achim Walter

Achim Walter

Professor für Kulturpflanzenwissenschaften, ETH Zürich

«Forschungs- und Werkplatz braucht Impuls»

Jan Lucht

Jan Lucht

Leiter Biotechnologie bei Scienceindustries

«Landwirtschaft spielt eine tragende Rolle»

Jan Grenz

Jan Grenz

Dozent für Nachhaltigkeit, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL

«Wirkungsmechanismen der Natur besser verstehen»

Urs Niggli

Urs Niggli

Agrarwissenschafter und Präsident von Agroecology Science

«Ernährungssicherheit braucht echte Schweizer Produktion»

Jil Schuller

Jil Schuller

Redaktorin «BauernZeitung»

«Laien lassen die Dosis völlig ausser Acht»

Michael Siegrist

Michael Siegrist

Professor für Konsumentenverhalten, ETH Zürich

«Ist Bio wirklich gesünder?»

Anna Bozzi

Anna Bozzi

Leiterin Bereich Ernährung und Agrar bei scienceindustries

«Gentechnik und Umweltschutz gehen Hand in Hand»

Dr. Teresa Koller

Dr. Teresa Koller

Forscht am Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich

«Die «Greta»-Generation wird mit Paradigmen rigoros aufräumen.»

Bruno Studer

Bruno Studer

Professor für Molekulare Pflanzenzüchtung, ETH Zürich

«Stadt-Land-Graben mit konstruktiver Agrarpolitik überwinden»

Jürg Vollmer

Jürg Vollmer

Chefredaktor Zeitschrift «die grüne»

«Wir schützen was wir nutzen»

Regina Ammann

Regina Ammann

Leiterin Business Sustainability, Syngenta Schweiz

«Der Kampf gegen Food Waste beginnt auf dem Acker»

Joel Meier

Joel Meier

Joel Meier ist Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Phytomedizin.

Ähnliche Artikel

Bei Bio Suisse klaffen Schein und Wirklichkeit auseinander
Medien

Bei Bio Suisse klaffen Schein und Wirklichkeit auseinander

Der Dachverband Bio Suisse hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Organisation mit fast einhundert Angestellten entwickelt. Um die vom Detailhandel geforderten Mengen und die hohe, auch optische Qualität des konventionellen Anbaus erzielen zu können kommt auch Bio Suisse nicht um Flächenspritzungen mit Insektiziden herum.

Exportiert die Industrie verbotene Pestizide?
Wissen

Exportiert die Industrie verbotene Pestizide?

Die Medien sind voll von Berichten über Schweizer Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, die Pestizide exportieren, die in der Schweiz verboten sind. Schwache Vorschriften in den Importländern würden bewusst ausgenutzt. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die Schweizer Hersteller halten sich beim Export von Pflanzenschutzmitteln an strenge internationale Normen. Da Zulassungen zudem kulturspezifisch und abgestimmt auf die agronomischen Bedürfnisse und den Markt erfolgen, macht eine generelle Zulassung in der Schweiz keinen Sinn.

Weil Pflanzen Schutz vor Schädlingen und Krankheiten brauchen
Wissen

Weil Pflanzen Schutz vor Schädlingen und Krankheiten brauchen

Die Gesundheit unserer Nutzpflanzen ist keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: In unserer von Mobilität geprägten Welt verbreiten sich Schädlinge und Pflanzenkrankheiten wie die Lauffeuer. Als Brandbeschleuniger wirkt der Klimawandel. Wenn Schädlinge migrieren und sich neue Pflanzenkrankheiten in unseren Breitengraden etablieren, können sie zur Gefahr für einheimische Arten werden. Daran erinnert jeweils am 12. Mai der internationale Tag der Pflanzengesundheit. Und der Tag zeigt: Um die Pflanzengesundheit auch in Zukunft zu gewährleisten, braucht es vor allem Forschung und Innovation.

Bio Suisse lehnt moderne Züchtungsmethoden ab
Medien

Bio Suisse lehnt moderne Züchtungsmethoden ab

Die Delegierten von Bio Suisse lehnten an ihrer Versammlung vom April 2023 den Gebrauch von neuen Züchtungsmethoden in der biologischen Landwirtschaft ab. Damit verschliesst sich der Bio-Verband der Möglichkeit durch moderne Präzisionszüchtungen produktiver und zugleich nachhaltiger zu werden, etwa durch die Einzüchtung von Krankheitstoleranzen mit der Genschere Crispr/Cas. Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, fiel der Entscheid der Delegierten deutlich aus. Eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung zum Thema habe nicht stattgefunden.