Offenheit für Genom-Editierung bei konkretem Nutzen

Offenheit für Genom-Editierung bei konkretem Nutzen

Die Bevölkerung zeigt eine grosse Offenheit für die Anwendung von innovativen Technologien in der Landwirtschaft. Dies gilt auch für gezielte Züchtungen mit modernen Methoden wie der Genom-Editierung. Wenn deren Einsatz Kulturpflanzen gegen Krankheiten wie Feuerbrand oder Falschen Mehltau resistent macht, votieren überwiegende Mehrheiten der Bevölkerung für die Zulassung dieser Methoden. Dies gilt auch, wenn durch gezielte Züchtungen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert oder die regionale Produktion geschützt werden kann. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage von gfs.bern im Auftrag der Wissensplattform swiss-food.ch.

Dienstag, 21. September 2021

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ist der konkrete Nutzen bekannt, sind Schweizerinnen und Schweizer gegenüber neuen Technologien in der Landwirtschaft aufgeschlossen. Das zeigt eine Umfrage von gfs.bern.
  • Mehr als 80 Prozent der Befragten finden die Genom-Editierung nützlich, wenn damit Kulturpflanzen gegen Pflanzenkrankheiten resistent gemacht werden können.
  • Die Umfrage widerlegt das häufig geäusserte Argument, wonach Konsumentinnen und Konsumenten die Genom-Editierung ablehnten.

Das Parlament in Bern ist im Begriff, das bestehende Gentech-Moratorium erneut zu verlängern und auch noch die nobelpreisgekrönte Genschere (Crispr/Cas) dem Moratorium zu unterstellen. Doch die Umfrage zeigt deutlich: Bringt Genom-Editierung einen konkreten Nutzen, dann sprechen sich grosse Mehrheiten für die Anwendung von präzisen Züchtungen in der Landwirtschaft aus.


Die stärkste Zustimmung – Mehrheiten über 80 Prozent – erhalten Züchtungen mit Genom-Editierung, wenn sie Kulturpflanzen gegen konkrete Pflanzenkrankheiten resistent machen. Ebenfalls grosse Zustimmung erhalten entsprechende Züchtungen, wenn mit ihnen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesenkt werden kann.


  • 82 Prozent finden es nützlich, wenn mit Genom-Editierung traditionelle Apfelsorten resistent gegen Feuerbrand werden.
  • 81 Prozent finden es nützlich, wenn Weizen weniger Pilzbefall hat und daher seltener Pflanzenschutzmittel gespritzt werden müssen.


Klar bejaht wird auch der Nutzen genom-editierter Pflanzen für Entwicklungsländer, für den Schutz der regionalen Produktion, für das Klima, die Verhinderung von Food Waste und die preisliche Entlastung von Konsumentinnen und Konsumenten.


  • 80 Prozent sehen es positiv, wenn Kleinbauern in Entwicklungsländern dadurch weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen müssen.
  • 79 Prozent finden es nützlich, wenn regionaler Anbau besser geschützt wird.
  • 76 Prozent finden es nützlich, wenn sich mit der Genschere gezüchtete Pflanzen schneller an den Klimawandel anpassen können.
  • 75 Prozent finden es nützlich, wenn Getreide mit kürzeren Halmen gezüchtet wird, das bei Stürmen weniger umknickt.
  • 73 Prozent finden es nützlich, wenn Grundnahrungsmittel in Entwicklungsländern mit wichtigen Vitaminen und Mikronährstoffen angereichert werden können, um Mangelernährung und deren Folgen wie zum Beispiel Erblindung zu bekämpfen.
  • 70 Prozent finden es nützlich, wenn durch gezielte Züchtung die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängert und damit Food Waste vermindert werden kann.
  • 69 Prozent befürworten, wenn durch genom-editierte Pflanzen regionales Gemüse und Obst preisgünstiger werden.


Insgesamt widerlegt die Umfrage die pauschale Aussage, dass «Konsumenten Genom-Editierung ablehnen», deutlich. Aus Sicht von swiss-food bestätigt die Befragung: Mit klarer Kommunikation des Nutzens lässt sich die Akzeptanz neuer Technologien steigern. Die Bevölkerung ist für neue Technologien sehr empfänglich, wenn durch ihren Einsatz konkrete Risiken für die regionale Produktion, die Umwelt oder die Gesundheit aus dem Weg geräumt werden können.


Die Resultate basieren auf einer repräsentativen Befragung von gfs in Auftrag von swiss-food. Sie wurde Ende Juli 2021 durchgeführt. Es wurden 1010 Personen aus der ganzen Schweiz befragt. Die Befragung zeigt auch, dass 78 Prozent der Bevölkerung sehr zufrieden sind mit der Schweizer Landwirtschaft. Gleichzeitig anerkennen grosse Mehrheiten, dass die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz grossen Risiken ausgesetzt ist. Dies spiegelt auch die Erfahrung mit dem nassen Sommer 2021 und den grossen Schäden bei den landwirtschaftlichen Kulturen.


  • 90 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung anerkennt, dass die Schweizer Pflanzenproduktion verschiedenen Risiken wie Klimawandel, Schädlingen und Pflanzenkrankheiten ausgesetzt ist.
  • 70 Prozent verstehen, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen.


Zwei Drittel der Schweizer Stimmbevölkerung finden, dass die Schweizer Landwirtschaft aufgeschlossen gegenüber modernen Technologien ist. Den Befragten wurden auch verschiedene moderne Technologien, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden (könnten), mit ihrem Nutzen präsentiert. Sie konnten dann angeben, wie stark sie mit der Anwendung dieser Technologien in der Schweizer Landwirtschaft einverstanden sind. Drei Typen von Technologien stehen besonders gut da:

Megatrend: Digitalisierung


1. Digitalisierung der Landwirtschaft
86 Prozent befürworten datensammlungs-orientierte Technologien wie der Einsatz von Drohnen zur Überwachung gegen Schädlingsbefall. 72 Prozent befürworten ein datenbasiertes Anbaumanagement zur Überwachung der ganzen Produktionskette bis zum Konsumenten. 63 Prozent sehen den Einsatz von 5G-Technik zur Übermittlung von Bilddaten an Roboter, die Unkraut bekämpfen, positiv. Auch der Einsatz von autonomen landwirtschaftlichen Maschinen und Traktoren erhält mehrheitliche Zustimmung (60 Prozent).

2. Gezielte Züchtung und gezielter Pflanzenschutz
79 Prozent befürworten die gezielte Züchtung von resistenten Pflanzen. Und 69 Prozent sind einverstanden mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die sehr gezielt wirken.

3. Moderne Formen von Landwirtschaft
Mehrheitliche Zustimmung erhalten auch Vertical Farming (67 Prozent) und bodenunabhängige Produktion (52 Prozent).

    Zu Beginn der Befragung wurden die Stimmberechtigten generell gefragt, was sie von Genom-Editierung – also der gezielten Züchtung beispielsweise mit der Genschere CRISPR/Cas9 – halten. Während sich bei der spontanen Frage nach Genom-Editierung noch viele Befragte nicht äussern konnten, ist dies nach einer kurzen Erklärung anders. 65 Prozent der Befragten beurteilen die Technologie generell als nützlich. Eine relative Mehrheit spricht sich gar gegen das bundesrätliche Ansinnen aus, Genom-Editierung dem Gentechnik-Moratorium zu unterstellen.

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