
Pflanzenkohle für Boden und Klima
Zuger Landwirte produzieren Kohle aus Pflanzenabfällen, um ihre Böden damit zu düngen und der Atmosphäre Kohlenstoff zu entziehen. Sie erhielten für ihre Pionierleistung kürzlich den Energiepreis Watt d’Or des Bundes verliehen. Wir gratulieren.
Mittwoch, 9. März 2022
Wie das Wissenschaftsmagazin von «SRF» berichtet, diente den Zuger Landwirten um Fredy Abächerli die sogenannte «Terra preta» als Vorbild. Der portugiesische Begriff bedeutet so viel wie «schwarze Erde». Die indigene Bevölkerung im Amazonasgebiet mischte während Hunderten von Jahren Holz und Pflanzenkohle dem Boden bei. So entstand aus ursprünglich kargen Flächen die äusserst fruchtbare schwarze Erde.
Verkohlen statt verbrennen
Die Zuger Landwirte suchten nach Möglichkeiten, Grünabfälle mit hohem Holzanteil verwerten zu können. Diese eignen sich nämlich nicht für die Vergärung. Im Jahr 2011 begannen sie schliesslich Pflanzenkohle aus Pflanzenschnitzeln herzustellen, in einem mithilfe eines deutschen Hochschul-Spin-offs hergestellten Reaktor. Sie gründeten die Firma Verora AG und haben ihre Methode und Produktion stetig verfeinert. Der zugrunde liegende Prozess wird als Pyrolyse bezeichnet. Die Holzschnitzel gelangen über ein Förderband in den Reaktor, worin sie auf 500 bis 600 Grad Celsius erhitzt werden. Weil der Reaktor luftdicht ist und kein Sauerstoff enthält, verbrennen die Schnitzel nicht. Sie verkohlen. Der Kohlenstoff bleibt in der Kohle. Die entstehenden Gase werden von einem zweiten Reaktor verbrannt. Die Abwärme wird genutzt, um das angrenzende Haus zu heizen.
Der Atmosphäre CO2 entziehen
Bei der Herstellung von Pflanzenkohle handelt es sich um eine sogenannte Negativemissionstechnologie (NET). Das heisst, sie entzieht der Atmosphäre CO2. Pflanzen nehmen während des Wachstums CO2 aus der Luft auf. Durch die Verkohlung bleibt das CO2 in der Kohle und wenn ausgebracht, im Boden. Derzeit wird davon ausgegangen, dass dieser Kohlenstoff mehrere Jahrtausende im Boden verbleibt. Die Technologie ist deshalb in den vergangenen Jahren in Fachkreisen zum Hoffnungsträger fürs Klima geworden. Doch so einfach ist es nicht. Um die Klimabilanz der Erde mit Pflanzenkohle auszugleichen, bräuchte es jährlich das 2500-fache Volumen des Matterhorns. Trotzdem hat die Technologie das Potenzial, um bei der Senkung der Treibhausgase mithelfen zu können.
Neben dem positiven Effekt auf das Klima bringt die Pflanzenkohle zudem weiteren Nutzen: «Wir sehen eindeutig, dass sich die Bodenqualität verbessert und die Böden wieder besser funktionieren, sie sind klimaresistenter», so Abächerli. Zudem kann die Pflanzenkohle auch als Futtermittelzusatz verwendet werden. Sie bindet Giftstoffe und bewirkt, dass die Kühe beim Verdauen weniger Methan ausstossen.
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