Dürretoleranter Mais als Reaktion auf Klimawandel

Dürretoleranter Mais als Reaktion auf Klimawandel

Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft vor zunehmende Herausforderungen. Mit Hochdruck arbeitet die Pflanzenzüchtung deshalb an der Entwicklung von Sorten mit besserer Widerstandsfähigkeit gegen Umweltstress. Dürretoleranz spielt dabei eine besonders wichtige Rolle.

Montag, 25. Oktober 2021

Pflanzenforscher in den USA sind einem neuartigen Mechanismus auf die Spur gekommen, mit dem Mais unempfindlicher gegen vorübergehende Trockenperioden gemacht werden kann. Die verstärkte Produktion eines pflanzeneigenen Stickstoff-Speichereiweisses macht die Pflanzen unempfindlicher gegen Dürre während der Blütezeit. So können die Erträge im Vergleich zu herkömmlichen Sorten bei schwierigen Wachstumsbedingungen deutlich gesteigert werden.

Megatrend: Klimawandel

Höhere Temperaturen, häufigere Wetterextreme, längere Dürreperioden: der Klimawandel stellt die Landwirtschaft zunehmend vor Herausforderungen. Mit Hochdruck arbeitet die Pflanzenzüchtung an der Entwicklung von Sorten mit besserer Widerstandsfähigkeit gegen Umweltstress. Dürretoleranz spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Zwar kann keine Pflanze ganz ohne Wasser überleben, aber das Ertragen von vorübergehender Trockenheit ohne massive Schäden bietet grosse Vorteile, wenn Niederschläge eine Zeitlang ausbleiben. Dadurch können Ertragsschwankungen und Ernteverluste reduziert werden.

Dürretoleranz dank Genom-Editierung

In den wichtigsten Maisanbauregionen der USA haben herkömmlich gezüchtete Sorten mit besserer Trockentoleranz innerhalb weniger Jahre einen Flächenanteil von 20 Prozent erreicht, im besonders regenarmen Westen von bis zu 40 bis 60 Prozent. Für die Dürretoleranzzüchtung kommen auch neue Technologien wie die Genom-Editierung (POINT 225, März 2021) zum Einsatz. Diese zeigen ein grosses Potenzial und gelangen zunehmend in den Anbau (POINT 220, Oktober 2020).

Übersicht über die Eigenschaften von 140 marktorientierten Nutzpflanzen, die mittels Genom-Editierung gezüchtet wurden. (Quelle: POINT Newsletter Oktober 2020)
Übersicht über die Eigenschaften von 140 marktorientierten Nutzpflanzen, die mittels Genom-Editierung gezüchtet wurden. (Quelle: POINT Newsletter Oktober 2020)

Pflanzenforscher aus den USA und aus Mexiko sind jetzt unerwartet einem neuartigen Mechanismus auf die Spur gekommen, mit dem Mais dürretoleranter gemacht werden kann. Eigentlich waren sie auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Speicherkapazität in Maispflanzen für das wichtige Düngerelement Stickstoff zu verbessern, damit die Pflanzen trotz schwankender Versorgung von aussen ohne Einschränkung weiterwachsen können. Sie beobachteten, das Maispflanzen bei guter Stickstoffversorgung verstärkt ein bestimmtes Eiweiss mit unbekannter Funktion, ZmLOX6, produzierten. Viele zweikeimblättrige Pflanzen haben vegetative Speicherproteine (VSPs) als Stickstoffspeicher. In Gräsern sowie in Getreide und Mais waren solche bisher aber nicht bekannt.


Besonders effektiv während der Blütezeit

Die Forschenden vermuteten, dass ZmLOX6 als Stickstoffspeicher im Mais wirken könnte. Um die Funktion des Proteins zu verstehen, entwickelten sie Maispflanzen, in denen die Ablesung des Gens von einem starken Pflanzenpromotor angetrieben wurde und die das Protein daher anreicherten. In Feldversuchen in verschiedenen Regionen der USA unter unterschiedlichen Wachstumsbedingungen stellten sie fest, dass die modifizierten Pflanzen im Vergleich zu herkömmlichen Sorten bessere Erträge aufwiesen. Besonders deutlich waren die Unterschiede bei Trockenheit während der Blütezeit, hier lag der Ertragsvorteil bei manchen Sorten bei fast 20 Prozent.

Der genaue Mechanismus, wie ein mögliches Stickstoffspeicherprotein die Dürretoleranz erhöhen kann, ist noch nicht klar. Die Forschenden vermuten, dass die genetisch veränderten Pflanzen nach Ende der Trockenperiode aufgrund des gespeicherten Stickstoffs schneller wieder ein normales Wachstum aufnehmen können. Der Zusammenhang zwischen Pflanzenernährung und Dürretoleranz soll jetzt weiter untersucht werden, um neue Ansätze zur Entwicklung dürretoleranter Sorten zu erhalten.

Dieser Beitrag entstammt dem Newsletter POINT des Wirtschaftsverbands scienceindustries vom 29. Oktober 2021. POINT befasst sich in regelmässigen Abständen mit aktuellen Entwicklungen in der Biotechnologie.

Klimawandel erfordert Präzisionszüchtung

Durch den Klimawandel wird es in Mitteleuropa tendenziell heisser und trockener. Dadurch können sich auch Schadorganismen bei uns festsetzen, für die es in diesen Breitengraden vorher zu kalt war. Die Landwirtschaft ist gefordert. Um Ernten auch vor invasiven Schädlingen schützen zu können, braucht es robuste neue Pflanzensorten. Dazu bieten sich innovative Methoden wie die Präzisionszüchtung mittels Genom-Editierung an.

Ähnliche Artikel

Vom Molekül zum Pflanzenschutzmittel
Pflanzenschutz Wissen

Vom Molekül zum Pflanzenschutzmittel

Weltweit werden jährlich im Schnitt noch fünf Pflanzenschutzmittel für den Markt zugelassen. Neuentwicklungen sind anspruchsvoll, zeitaufwändig und teuer. Von der Suche nach einer geeigneten Substanz bis zur Zulassung des marktfertigen Produkts vergehen heutzutage über 12 Jahre. Die Kosten belaufen sich auf über 300 Millionen US-Dollar. Jedes neue Pflanzenschutzmittel muss strenge Anforderungen erfüllen. Die Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel sind vergleichbar mit denen für neue Medikamente.

Der ideologische Missbrauch «wissenschaftlicher» Studien
Wissen

Der ideologische Missbrauch «wissenschaftlicher» Studien

Wissenschaft dient als Grundlage für politische Entscheidungen, auch im Naturschutz. Eine zentrale Frage ist jedoch: Wie vertrauenswürdig sind die zugrundeliegenden Studien und Daten? Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag» und die Erläuterungen von «Quarks» bieten aufschlussreiche Perspektiven über die Qualität von wissenschaftlichen Studien und den möglichen Missbrauch von Zahlen.

Wie lässt sich Biodiversität effizient schützen?
Wissen

Wie lässt sich Biodiversität effizient schützen?

Biodiversität ist eine wichtige Lebensgrundlage. Und das Thema ist sehr aktuell: Die Pflicht zur Ausscheidung von Biodiversitätsförderflächen in der Schweizer Landwirtschaft hat offensichtlich nicht die angestrebten Ziele erreicht. Die Artenvielfalt bleibt gemäss aktuellen Veröffentlichungen unter Druck. Dies ist Anlass für swiss-food, das Spannungsfeld Biodiversität und Landwirtschaft in den Mittelpunkt des periodischen Talks, der am 26. Juni stattgefunden hat, mit drei ausgewiesenen Experten zu stellen und Hintergründe auszuleuchten.

Warum KI in der Landwirtschaft noch nicht ihren Durchbruch hatte
Wissen

Warum KI in der Landwirtschaft noch nicht ihren Durchbruch hatte

Künstliche Intelligenz ist in vielen Bereichen auf dem Vormarsch. In der Landwirtschaft scheint die neue Technologie aber noch nicht wirklich angekommen zu sein. Schuld daran ist die Natur, welche KI einen Strich durch die Rechnung macht. Nichtsdestotrotz wären die Chancen, welche KI der Landwirtschaft zu bieten hätte, immens.

Weitere Beiträge aus Wissen