Industriefinanzierte Forschung steigert Erträge wichtiger Nutzpflanzen

Industriefinanzierte Forschung steigert Erträge wichtiger Nutzpflanzen

Getreide wie Reis, Weizen und Mais liefern den grossen Teil der weltweit verzehrten Kalorien. Nutzpflanzen wie Tef oder Maniok wurden bisher eher vernachlässigt. Fortschritte in der Forschung machen jedoch den Anbau attraktiver. Das ist insbesondere wegen des Klimawandels wichtig.

Mittwoch, 11. Januar 2023

Die drei Getreidesorten Reis, Mais und Weizen liefern rund 50 Prozent aller von Menschen konsumierten Kalorien. Sie spielen auf dem Weltmarkt eine entscheidende Rolle. Demgegenüber haben sich sogenannte «Orphan-Crops» – Nutzpflanzen, die von Forschung und Landwirtschaft eher vernachlässigt wurden – nie auf dem Weltmarkt etablieren können. Dazu gehören etwa Pflanzen wie die Zwerghirse (Tef) oder die Cassava-Wurzelknolle (Maniok). Viele «Orphan-Crops» werden indes in Entwicklungsländern angebaut und spielen dort eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, könnte ihre Bedeutung dank intensivierter Forschung zunehmen.


Höhere Ernten dank Neuzüchtungen

Tef und Maniok zeichnen sich durch ihre geringen Ansprüche an die Umgebung aus. Die Pflanzen wachsen auch auf kargen und trockenen Böden und sind relativ robust gegenüber Umwelteinflüssen. Zudem sind sie reich an Nährstoffen wie Zink oder Eisen. Ein Problem sind jedoch die geringen Erträge, weshalb der Anbau von Tef und Maniok lange Zeit als unattraktiv galt. Die Züchtung neuer Sorten ist ein entscheidender Faktor, um die Erträge zu steigern. Das zeigt gemäss «NZZ am Sonntag» eine neue Tef-Sorte. «Tef hat einen geringen glykämischen Index und enthält kein Gluten, weswegen die Nachfrage global steigt», sagt der Biologe und gebürtige Äthiopier Zerihun Tadele von der Universität Bern, der die Zwerghirse im Rahmen des Tef Improvement Project mit der Finanzierung durch Industriestiftungen seit fast zwei Jahrzehnten erforscht und verbessert. Die kürzeren und kräftigeren Halme machen die Pflanze widerstandsfähiger. Dank der Innovation konnten in Äthiopien, dem Herkunftsland von Tef, die Erträge von 1,7 Tonnen auf 3 Tonnen pro Hektar gesteigert werden. Das entspricht dem durchschnittlichen Ertrag von Weizen im Land.


«Methode, die am einfachsten zum Ziel führt»

«Orphan Crops» werden vor allem im globalen Süden angebaut, wo die Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich am stärksten wachsen wird. Um die regionale Versorgungssicherheit zu stärken, müssen lokal verankerte Pflanzen wie Tef aber auch Maniok höhere und zuverlässigere Erträge liefern. Dazu braucht es Forschung. Maniok ernährt rund eine Milliarde Menschen. Die Pflanze toleriert zwar Trockenheit und gedeiht auch auf kargen Böden, doch sie ist anfällig für Viruserkrankungen.

Der emeritierte ETH-Professor Wilhelm Gruissem hat mit seinem Team mittels Genomanalysen ein Resistenzgen gegenüber der Cassava-Mosaikkrankheit entdeckt: «Möglicherweise lässt sich das Gen mithilfe der Genschere CRISPR/Cas punktgenau editieren, um resistente Pflanzen zu erhalten», sagt Gruissem gegenüber der «NZZ am Sonntag». Allerdings ist die Genomanalyse bei «Orphan-Crops» weniger weit fortgeschritten. Um Resultate zu erzielen, braucht es vor allem Offenheit. «Wir sollten in der Pflanzenzucht die Methode wählen, die am einfachsten zum Ziel führt … frei von jeder Ideologie», sagt Gruissem. Ermöglicht haben die Durchbrüche Stiftungen, im Fall von Maniok die Bill & Melinda Gates Foundation, im Fall von Tef die Syngenta Foundation.

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