Genom-Editierung auch in der Tierzucht
Am Jahreskongress der European Federation of Animal Science (EAAP) trafen sich kürzlich über 800 Tierwissenschafter in Davos, um Herausforderungen und Lösungen in der Tierzucht und -haltung der Zukunft zu diskutieren. Dabei zeigte sich: Genom-Editierung spielt auch hier eine immer wichtigere Rolle.
Mittwoch, 15. September 2021
So ist der amerikanische Tierwissenschaftler Jack H. Britt überzeugt, dass mit besserer Genetik und mehr Fütterungseffizienz die globale Erwärmung massgeblich beeinflusst werden kann. Die Milchviehgenetik entwickelt sich. Das stellt auch Professor Britt fest. Genomik sei der richtige Weg, um die Jungtiere zu selektionieren. «Wir sind auch im Genome Editing – nicht in der Gentechnik – aktiv», so Britt. Diese Zuchtmethode sei wichtig für die Ernährungssicherheit der Menschen. Die Kuh der Zukunft werde gesünder, fruchtbarer und belaste die Umwelt weniger.
Wichtige Rolle der Epigenetik
Dann kam Britt auf die Epigenetik zu sprechen. Sie habe eine grosse Bedeutung, man müsse ihr in Zukunft mehr Beachtung schenken. Epigenetik ist eine neue Disziplin innerhalb der Genetik. Sie erforscht jene Eigenschaften von Genen, die nicht durch die DNA selbst, sondern durch deren Ablesebereitschaft in Erscheinung treten. Britt zeigte epigenetische Effekte aufgrund des Hitzestresses bei Kühen und Nachkommen auf. So zeigen Untersuchungen, dass Töchter von hitzegestressten Müttern weniger Milch geben als Töchter von Müttern, die nicht unter Hitzestress litten. Sogar auf die Grosstöchter habe der Einfluss nachgewiesen werden können. «Diese epigenetischen Effekte beginnen wir erst jetzt zu verstehen», so Britt. Er vermutet, dass Epigenetik einen grösseren Einfluss auf Merkmale von Tieren habe als die Genetik selber.
Britt erwähnt auch die Futterpflanzen: Mit genom-editierten Pflanzen liesse sich der Ertrag erheblich steigern. Mit einer einfachen Ausschaltung eines Genes könne etwa erreicht werden, dass die Pflanze deutlich mehr Sonnenlicht einfängt und dadurch der Ertrag um 20 Prozent gesteigert wird.
Genomeditierung schützt Nutztiere vor gefährlichen Viren
Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere können sich mit Viren infizieren, die zu schlimmen Krankheiten führen. Bekannte Beispiele für virusbedingte Tierkrankheiten sind die Afrikanische Schweinepest oder die Vogelgrippe. Im Jahr 2019 verlor China rund 30 Prozent seiner Schweinepopulation (mehr als 150 Millionen Tiere) aufgrund der Afrikanischen Schweinepest. Die Forschung kann jedoch grosse Fortschritte bei der Bekämpfung von Viruskrankheiten verzeichnen. Dabei spielt die Genomeditierung eine entscheidende Rolle. Sie kann dabei helfen, Nutztiere mit Resistenzen gegen bestimmte Viren auszustatten.
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