
Parlament beschliesst Kurswechsel bei der grünen Gentechnik
Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für eine Auflockerung des Gentech-Moratoriums ausgesprochen. Die Bundesversammlung trägt mit dem Entscheid den Argumenten aus der Wissenschaft Rechnung. Die Chancen neuer Züchtungstechnologien sind grösser als die Risiken. Nun ist der Bundesrat gefordert, die Zulassung neuer Züchtungsmethoden in die Wege zu leiten.
Donnerstag, 10. März 2022
Pilzresistente Weinsorten, trockenheitstoleranter Mais oder glutenreduzierter Weizen: Wie die «NZZ» schreibt, können Kulturpflanzen, die mithilfe neuer Züchtungstechnologien gezüchtet wurden, vielleicht schon bald auf Schweizer Äckern angepflanzt werden. Sowohl der National- als auch der Ständerat haben einen entsprechenden Kurswechsel bei der Beurteilung neuer Züchtungstechnologien vollzogen. Zwar wird das seit 2005 bestehende Gentech-Moratorium verlängert. Doch nun wird der Bundesrat beauftragt, bis 2024 eine Vorlage auszuarbeiten, welche neue Züchtungstechnologien wie die Genom-Editierung vom Gentech-Moratorium ausnehmen. Voraussetzung ist, dass die Pflanzen keine artfremden Gene enthalten. Mithilfe der Genom-Editierung gezüchtete Pflanzen würden dann nicht mehr unter das Gentechnikgesetz fallen und wären aus juristischer Sicht keine «Gentechnisch Veränderte Organismen» (GVO) mehr. Sie müssen auch nicht mehr als solche deklariert werden.
Präzision statt Zufall
Hintergrund des gemäss «NZZ» «radikalen Meinungswechsels» sind die enormen wissenschaftlichen Fortschritte der vergangenen Jahre. Mit der Genom-Editierung, zu der auch die nobelpreisgekrönte Genschere CRISPR/Cas9 gehört, lässt sich das Erbgut von Nutzpflanzen auf viel präzisere und schonendere Art verändern, als das mit älteren Verfahren der Fall war. Die Genom-Editierung ist auch schonender als gegenwärtig zugelassene Züchtungsmethoden. Bei der «ungerichteten Mutagenese» werden Pflanzengene radioaktiver Bestrahlung oder Chemikalien ausgesetzt, um Genmutationen herbeizuführen. Dabei hoffen Pflanzenzüchter, dass die von ihnen gewünschte Eigenschaft durch Zufall entsteht. Ein langwieriges Verfahren, das auch in der Biozüchtung zur Anwendung kommt und zudem vom Europäischen Gerichtshof als Gentechnik qualifiziert wurde. Mit CRISPR/Cas9 lassen sich gewünschte Pflanzeneigenschaften auf deutlich schnellerem Weg erreichen.
Konsumentinnen und Konsumenten aufgeschlossen
Grüne, NGOs und Bio-Kreise äusserten ihren Unmut gegenüber dem Parlamentsentscheid. Doch ihre Argumente lassen sich leicht entkräften. Immer wieder behaupten sie, genomeditierte Pflanzen entsprächen nicht dem Wunsch von Konsumentinnen und Konsumenten. Das darf bezweifelt werden. Wird der Nutzen neuer Züchtungstechnologien – also beispielsweise weniger Pflanzenschutzmittel oder mehr Klimaresilienz – erklärt, haben Konsumentinnen und Konsumenten grosses Verständnis für solche Technologien. Das geht aus einer Studie des Forschungsinstituts gfs.bern hervor. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die ETH Zürich. Jüngere Generationen sind demnach viel offener gegenüber innovativen Lösungsansätzen in der Landwirtschaft als ältere Generationen.
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