
Cool dank Karibik-Gen: Das Kalb, das der Hitze trotzt!
Auch Kühe leiden unter der Klimaerwärmung. Heisse Temperaturen wirken sich negativ auf ihren Stoffwechsel aus. Jetzt zeichnen sich erste Lösungen ab: So steht auf dem Strickhof in Lindau eine der ersten Slick-Gen-Kühe weltweit. Diese sind hitzetoleranter als herkömmliche Kühe und können dadurch der Klimaerwärmung trotzen.
Montag, 27. Januar 2025
Wie der «Tages Anzeiger» berichtet, lebt auf dem Lindauer Strickhof die wohl coolste Kuh, die es gibt. Gemeint ist das jedoch nicht wortwörtlich, sondern vielmehr im übertragenen Sinne. Das Kalb namens «Cool Girl» ist hitzetoleranter als gewöhnliche Rinder – und das dank modernster Forschung. Das Kalb ist Trägerin eines speziellen Gens aus der Karibik, das es ihr ermöglicht, ihre Körpertemperatur besser zu regeln.
Der Effekt ist beeindruckend: Dank der leistungsstärkeren Schweissdrüsen und einer rund 30 Prozent grösseren Hautoberfläche kann das Kalb seine Körpertemperatur um bis zu einem Grad tiefer halten.
Slick-Gen-Kuh trotzt dem Klimawandel
Bei der Innovation handelt es sich um das sogenannte Slick-Gen, das von der karibischen Kuhrasse Senepol stammt. Das Projekt ist eine Antwort auf die Klimaerwärmung und die damit einhergehenden zunehmend heissen Tagen, welche den Kühen zu schaffen machen.
Wie Kälberexpertin Katrin Müller im Artikel zitiert wird, seien für Kühe Temperaturen zwischen 5 und 15 Grad ideal. Ab 24 Grad werde jedes zusätzliche Grad zur Belastung für den Stoffwechsel der Tiere. Tiefere Milchleistungen und eine verminderte Fruchtbarkeit seien die Folgen.
Dank der leistungsstärkeren Schweissdrüsen und dem sehr kurzen Sommerfell ist die Slick-Gen-Kuh davor gefeit. «Der Schweiss verdunstet direkt auf der Haut und kühlt das darunter liegende Blut», sagt Katrin Müller gegenüber dem «Tages Anzeiger».

50-prozentige Chance auf Vererbung
Der Agronom Rudolf Haudenschild brachte das sogenannte Slick-Gen vor etwa vier Jahren aus den USA in die Schweiz. Heute vertreibt er es gemeinsam mit einem Partner über das Züchtersyndikat «Keep Cool». Kälbchen Cool Girl ist das Ergebnis dieser Zuchtinitiative. Bei ihrer Mutter – einer Holsteinkuh – wurde künstliche Besamung angewendet, wie es in der Milchviehzucht üblich ist.
Beim Samenlieferanten handelt es sich um einen der wenigen in der Schweiz erhältlichen Bullen mit dem Slick-Gen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Cool-Gen vererbt wird, liegt bei 50 Prozent.
Müller sieht beim Slick-Gen gewisse Parallelen zur genetischen Hornlosigkeit. «Auf Milchviehbetrieben werden Kälbern die Hörner unter Narkose entfernt, wenn diese unerwünscht sind», wird sie im Artikel zitiert. Wären die Tiere genetisch hornlos, liesse sich diese Operation vermeiden. Dank Genom-Editierung wird unter anderem genau daran bereits geforscht. So arbeiten diverse Universitäten und Unternehmen in den USA und Kanada an der Züchtung von hornlosen Kühen.
Aktuell ist Cool Girl das einzige Slick-Gen-Rind unter den rund 150 Tieren am Strickhof. Kälberexpertin Katrin Müller ist überzeugt, dass sich das je länger, je mehr ändern wird. «In einigen Jahren werden genetisch hitzeresistente Kühe genauso selbstverständlich sein wie genetisch hornlose Tiere», so Müller.
Sources
Ähnliche Artikel

Futtermittelzusatz gegen Klimaerwärmung
Der Ausstoss von Methan durch Nutztiere trägt in erheblichem Ausmass zur Klimaerwärmung bei. Das Unternehmen DSM bringt nun einen Futtermittelzusatz auf den Markt, der die Methanemissionen bei Kühen deutlich senkt.

Gentechnisch veränderte Pflanzen leisten Beitrag gegen die Erderwärmung
Der grossflächige Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen würde der globalen Klimaerwärmung entgegenwirken. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische und deutsche Forschende in einer Studie.

Herausforderungen und Chancen einer nachhaltigen Landwirtschaft
Die Landwirtschaft von morgen muss effizienter produzieren. Und dabei gleichzeitig das Klima und die Biodiversität schützen. Am Swiss-Food Talk äusserten sich drei ausgewiesene, unabhängige Experten zu den Herausforderungen und Chancen einer nachhaltigen Landwirtschaft von morgen.

Schnelle Weiterentwicklung der Genschere
CRISPR-Cas wird seit 2012 weltweit eingesetzt, um Gene in Organismen punktgenau zu verändern. Mithilfe von Protein-Engineering und KI-Algorithmen haben Forschende der Universität Zürich nun eine neue, kompaktere «Genschere» entwickelt. Mit dieser und ähnlichen Varianten wird es möglich, Gene immer effizienter zu editieren.

Mit Crispr gegen Klimawandel
Im «Tages-Anzeiger» spricht die Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna über die Chancen und Risiken der Genschere. Mit dem Werkzeug lassen sich Erbkrankheiten gezielt behandeln, dürretolerante Pflanzen züchten und der Treibhausgasausstoss von Kü-hen senken.

Angstschweiss als Hilferuf
Pflanzen leben gefährlich. Sie sind von Fressfeinden umgeben. Doch ganz ausgeliefert sind sie nicht. Dies zeigt jahrzehntelange Forschung. So sondern Pflanzen bei einer Attacke beispielsweise Duftstoffe ab. Die Erkenntnis könnte zu neuen Strategien beim Pflanzenschutz führen. Ob dies jedoch jemals zu einem breit angewendeten Produkt führt, ist noch unsicher.

Genauer hinschauen lohnt sich
Pestizide seien schuld an einer Häufung von Hirntumoren bei Kindern im Zürcher Weinland und dem Berner Seeland, sagte eine Studie von vor drei Jahren.