Futtermittelzusatz gegen Klimaerwärmung
Medien

Futtermittelzusatz gegen Klimaerwärmung

Der Ausstoss von Methan durch Nutztiere trägt in erheblichem Ausmass zur Klimaerwärmung bei. Das Unternehmen DSM bringt nun einen Futtermittelzusatz auf den Markt, der die Methanemissionen bei Kühen deutlich senkt. Bereits ein Teelöffel pro Kuh soll die Emissionen um bis zu 90 Prozent verringern. Hergestellt wird das Produkt von einem Walliser Unternehmen.

Dienstag, 22. März 2022

Rund 40 Prozent der globalen Methanemissionen gehen auf das Konto der Landwirtschaft. Vor allem die Tierhaltung produziert riesige Mengen an Methan. Das Entweichen von Darmgasen, beispielsweise von Kühen, belastet das Klima massiv. Wie der «Walliser Bote» berichtet, hat das niederländische Unternehmen Royal DSM einen innovativen Futtermittelzusatz entwickelt, der die Methanemissionen bei Kühen um 30 bis 90 Prozent verringert. Das Produkt mit dem Namen «Bovaer» beruht auf der Verbindung 3-Nitrooxypropanol (3-NOP) und wird von der Walliser Firma «Valsynthese» im Auftrag von DSM in Gamsen für die globale Markteinführung hergestellt.


Wirksame Methan-Reduktion

Bovaer ist bereits in vielen Ländern zugelassen, darunter in Brasilien, Chile und seit März 2022 auch in der EU. Die Zulassung für die Schweiz dürfte demnächst erfolgen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte eine wissenschaftliche Studie zur Wirksamkeit des Futtermittelzusatzes bezüglich Methanemissionsreduktionen in Auftrag gegeben. Das Fazit fiel im November 2021 positiv aus. Die Studie bestätigte, dass Bovaer die Methanemissionen von Milchkühen wirksam senkt. Gemäss EFSA ist der Futtermittelzusatz in den empfohlenen Höchstmengen unbedenklich sowohl für die Gesundheit der Kühe als auch der Konsumentinnen und Konsumenten.


Für Mensch und Tier unbedenklich

Zum selben Ergebnis kommen auch Schweizer Behörden. Michael Schmidhalter vom Landwirtschaftszentrum Visp sagt gegenüber dem «Walliser Boten»: «Unter Einhaltung der Vorsichtsmassnahmen bei der Anwendung ist dieser Futtermittelzusatz für Mensch und Tier demnach unbedenklich.» Auch leide die Leistungsfähigkeit der Kühe nicht unter dem Futtermittelzusatz. Die vorliegenden Studien seien vielversprechend. Das grösste Problem in Bezug auf Bovaer werde die Anwendung durch Landwirte sein. Das Produkt bedeutet für sie einen finanziellen und arbeitstechnischen Mehraufwand. Gemäss Schmidhalter wird sich die Politik über entsprechende Anreizsysteme Gedanken machen müssen.


Globaler Fleischkonsum wächst

Trotz allem Optimismus: Auch Bovaer wird das Methanproblem der Landwirtschaft nicht vollständig lösen können. Die Nachfrage nach Fleisch wird sich – auch angesichts des globalen Bevölkerungswachstums – bis 2050 voraussichtlich noch verdoppeln. Daher liegt der grösste Hebel immer noch bei einer fleischreduzierten Ernährung, wie sie beispielsweise von der EAT-Lancet Commission vorgeschlagen wird. Sie fordert eine «planetary health diet» mit weniger Fleisch, dafür mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten. Doch wir dürfen uns nichts vormachen: «Die Verzichtskultur in Europa wächst, ist aber im Verhältnis zu einer Weltbevölkerung, die erst mal in einen solchen Genuss kommen möchte, auf einem geringen Niveau. Deshalb werden wir global noch viele Jahre einen weiteren Anstieg des Fleischkonsums sehen», wie es Bayer CEO Werner Baumann im Interview mit der «NZZ» ausdrückt.

Nebst der bewussten Ernährungsumstellung bei denen, die sich alternative Proteine leisten können, wird daher technische Innovation auch für eine nachhaltigere Viehwirtschaft zentral sein. Oder nochmals mit einem Zitat von Werner Baumann in erwähntem Interview: «Gerade heute sehen wir doch, wie relevant die Landwirtschaft ist, wenn es darum geht, die derzeit drohende Hungersnot möglichst abzuwenden. Perspektivisch ist die Innovationsfähigkeit entscheidend, damit wir bis zu 10 Milliarden Menschen auf nachhaltige Weise ernähren können.»

Sources

Ähnliche Artikel

Bei Bio Suisse klaffen Schein und Wirklichkeit auseinander
Medien

Bei Bio Suisse klaffen Schein und Wirklichkeit auseinander

Der Dachverband Bio Suisse hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Organisation mit fast einhundert Angestellten entwickelt. Um die vom Detailhandel geforderten Mengen und die hohe, auch optische Qualität des konventionellen Anbaus erzielen zu können kommt auch Bio Suisse nicht um Flächenspritzungen mit Insektiziden herum.

Bio Suisse lehnt moderne Züchtungsmethoden ab
Medien

Bio Suisse lehnt moderne Züchtungsmethoden ab

Die Delegierten von Bio Suisse lehnten an ihrer Versammlung vom April 2023 den Gebrauch von neuen Züchtungsmethoden in der biologischen Landwirtschaft ab. Damit verschliesst sich der Bio-Verband der Möglichkeit durch moderne Präzisionszüchtungen produktiver und zugleich nachhaltiger zu werden, etwa durch die Einzüchtung von Krankheitstoleranzen mit der Genschere Crispr/Cas. Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, fiel der Entscheid der Delegierten deutlich aus. Eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung zum Thema habe nicht stattgefunden.

Milch aus dem Labor – Nachhaltigkeit entscheidet
Medien

Milch aus dem Labor – Nachhaltigkeit entscheidet

Milch aus dem Labor ist auf dem Vormarsch. Nestlé verkauft in den USA künstliche Milch und ein Schweizer Unternehmer stellt Käse aus dem Labor her. Das berichtet die «SonntagsZeitung». Gemäss einer Umfrage des Mediums ist eine Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten bereit, die mittels Gentechnik hergestellten Milchalternativen zu versuchen. Die geschmacklichen Unterschiede zu herkömmlicher Milch sollen gering sein. Doch entscheidend ist die Nachhaltigkeit der Produkte. Dazu gehören Ressourceneffizienz inklusive Preis.

Kommt das Essen der Zukunft aus dem Labor?
Medien

Kommt das Essen der Zukunft aus dem Labor?

Gegenwärtig ist das globale Ernährungssystem für ungefähr einen Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Einer der grossen Treiber sind tierische Produkte, zu deren Herstellung sehr viel Landfläche benötigt wird. Start-ups tüfteln daher fieberhaft an alternativen Proteinprodukten, die mit weniger Ressourcen und ohne Tiere auskommen. Und setzen dabei auf industrielle Prozesse. Das ist richtig, denn zur Ernährung von mehr als neun Milliarden Menschen werden wir alle Ansätze und Technologien brauchen.

Weitere Beiträge aus Medien