
Mit DNA in der Luft Biodiversität messen
Die Biodiversität ist weltweit in Gefahr. Besonders stark zeigt sich dies beim Rückgang von Landinsekten. Forschende nutzen nun DNA-Spuren in der Luft, um Arten nachzuweisen. Damit kann die biologische Vielfalt auf der Erde besser gemessen werden.
Mittwoch, 9. März 2022
Wenn Biologinnen und Biologen durch Wiesen und Wälder ziehen, um Insekten zu zählen, bekommen sie selbstverständlich nie alle zu Gesicht. Sie können sich höchstens annähernd ein Bild über den Zustand der Artenvielfalt in einem bestimmten Gebiet machen. Die «NZZ» berichtet über neue und effizientere Möglichkeiten bei der Überwachung der Biodiversität. Lebewesen geben ständig genetisches Material in Form von Haaren, Hautschuppen, Schleim oder Kot an die Umwelt ab. Wissenschaftler sprechen auch von «Umwelt-DNA». Nun haben mehrere Forschungsteams unabhängig voneinander bewiesen, dass sich Umwelt-DNA sogar in Luftproben nachweisen lässt.
Gewaltige Aufgabe
«Angesichts der Biodiversitätskrise benötigen wir dringend bessere Informationen über den Zustand und die Verbreitung von Arten», sagt Fabian Roger von der ETH Zürich gegenüber der «NZZ». Doch genau dies ist normalerweise eine äusserst zeitintensive Aufgabe, die zudem grosses Expertenwissen im Bereich der Taxonomie erfordert – gerade bei den geschätzten 5,5 Millionen Insektenarten auf der Erde. Die Untersuchung von Umwelt-DNA ist dagegen eine schnellere und günstigere Alternative. Mittels sogenanntem Metabarcoding kann das genetische Material aller in der Probe enthaltenen Arten analysiert werden. Ein Abgleich mit existierenden Datenbanken ermöglicht die Identifizierung der Arten in der Probe. Die Methode hat sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Doch die Untersuchung von Luftproben ist vergleichsweise unerforscht.
Grosses Potenzial, aber auch Unsicherheiten
Das möchte die Forschergruppe der ETH ändern. In Südschweden haben sie deshalb ein staubsaugerähnliches Gerät installiert, das normalerweise zur Überprüfung der Luftqualität eingesetzt wird. Die eingesaugte Luft wird durch Wasser gewirbelt, wo sich die DNA-Partikel ansammeln. Der grosse Vorteil dabei: Es müssen keine Insekten eingefangen und getötet werden, wie das bei Fallen vorkommt. Die Forschenden fanden in ihren Luftproben etwa doppelt so viele Arten, wie sie «von Hand» eingesammelt hatten. Darunter befanden sich neben Spuren von Insekten aber auch solche von Vögeln, Säugetieren und Haustieren. Die Methode hat Potenzial. Doch wie die «NZZ» schreibt, bestehen auch Zweifel. So könnte es sein, dass die sich in der Luft befindliche DNA durch UV-Strahlung rasch degradiert und damit unerkannt bleibt. Oder DNA-Spuren könnten durch Vögel bzw. deren Kot in fremde Gegenden transportiert werden und Wissenschaftler auf falsche Fährten führen.
Jede Bemühung zur besseren und zuverlässigeren Vermessung der Biodiversität ist wertvoll. Denn die Faktoren, die zu einem Anstieg oder einer Abnahme der Biodiversität führen, müssen noch weiter erforscht werden, um in Zukunft durch effiziente Massnahmen langfristig sicherzustellen, dass die biologische Vielfalt erhalten bleibt.
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