
Kurswechsel bei der grünen Gentechnik
Pflanzen, die mithilfe neuer Züchtungstechnologien gezüchtet wurden, könnten in der Schweiz schon bald angebaut werden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat grünes Licht für eine Lockerung des Gentech-Moratoriums gegeben.
Donnerstag, 24. März 2022
Ausschlaggebend für den Kurswechsel ist der wissenschaftliche Fortschritt. Seit der Einführung des Gentech-Moratoriums hat die Wissenschaft präzisere molekularbiologische Methoden und Instrumente entwickelt. So betonen gleich mehrere Politikerinnen und Politiker die Chancen der Genom-Editierung, zu der auch die Genschere CRISPR/Cas9 gehört. «Diese neuen Methoden werden es ermöglichen, auf die klimatischen Herausforderungen zu reagieren», sagt Ständerat Hannes Germann. Und auch Ständerätin Andrea Gmür äussert sich hoffnungsvoll: «Es ist höchste Zeit, neuen Züchtungsmethoden eine Chance zu geben.»
Eine kleine Sensation
Der Bundesrat hat nun bis 2024 Zeit, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Darin sollen Pflanzen, die mithilfe neuer Züchtungstechnologien wie CRISPR/Cas gezüchtet wurden, nicht mehr unter das Gentech-Moratorium fallen. Das gilt jedoch nur für Pflanzen, in denen kein fremdes Erbgut enthalten ist. Die Neubeurteilung der grünen Gentechnik kommt einer kleinen Sensation gleich. Seit 2005 gilt in der Schweiz ein Moratorium, das den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nur zu Forschungszwecken erlaubt. Es wurde seit 2005 bereits viermal diskussionslos verlängert und gilt noch mindestens bis 2025. Was für eine Regulierung der Bundesrat für die Zeit nach 2025 vorschlagen wird, ist noch unklar. Genomeditierte Pflanzen, die kein fremdes Erbgut enthalten, dürften aber inskünftig für den Anbau in der Schweiz zugelassen werden.
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