Reisefreudiger Japankäfer bedroht einheimische Pflanzen

Reisefreudiger Japankäfer bedroht einheimische Pflanzen

Der Japankäfer wurde in der Schweiz zum ersten Mal im Jahr 2017 im Tessin entdeckt. Nun hat er es auf die Alpennordseite geschafft. Nach Funden in Basel-Stadt und Solothurn ist in Kloten erstmals eine grössere Population der Käfer gefunden worden. Sie werden mit Fallen, aber auch Pflanzenschutzmitteln bekämpft.

Mittwoch, 9. August 2023

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Japankäfer breitet sich in der Schweiz aus.
  • Er stellt eine grosse Gefahr für einheimische Kulturpflanzen dar.
  • Seine wirksame Bekämpfung ist zurzeit nur mit Notfallzulassungen für Pestizide möglich.

Wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet, sind Mitte Juli in der Gemeinde Kloten vier Japankäfer in einer Lockstoff-Falle gesichtet worden. Die Behörden boten sofort 40 Leute auf, um Fallen zu kontrollieren und neue aufzustellen. Danach zeigte sich: Bei den gefundenen Exemplaren handelte es sich nicht um Einzelfälle.


Erste Population nördlich der Alpen

In Kloten hat sich die erste Population von Japankäfern nördlich der Alpen etabliert. Um eine Ausbreitung in andere Regionen zu stoppen, setzen die Behörden in einer konzertierten Aktion Insektizide gegen den Japankäfer ein. Denn: Solange die Käfer noch keine Eier gelegt haben, können sie mit Insektiziden gemäss dem Insektenforscher Giselher Grabenweger von der Forschungsstelle Agroscope leicht und effizient bekämpft werden. Die von den Behörden in Kloten eingesetzten Insektizide wurden daher befristet per Notfallzulassung zugelassen. Bis Ende September gilt zudem ein Bewässerungsverbot für Rasen- und Grünflächen, da der Japankäfer seine Eier bevorzugt in nassen Böden ablegt. Die Bekämpfungsaktion in Kloten zeigt, wie wichtig Pflanzenschutzmittel auch vor dem Hintergrund der steigenden Gefahren durch invasive Schädlinge sind.


Grosse Gefahr für Landwirtschaft

Vor über 100 Jahren wurden Engerlinge des Japankäfers mit Blumenzwiebeln nach Amerika eingeschleppt. Dort richtet er seitdem grosse Schäden an und muss mit grossem Aufwand bekämpft werden. Der Käfer fällt über die Blätter von verschiedenen Bäumen (z.B. Apfel, Ulme, Linde, Ahorn, Pfirsich), Sträuchern (z.B. Weinbeere, Brombeere, Rose) und anderen Pflanzen (z.B. Mais, Sojabohne) her. Dabei frisst der Japankäfer die Pflanzen teilweise bis auf die Zweige und Blattskelette kahl. Im Sommer 2014 wurde der Käfer zum ersten Mal auf dem europäischen Festland in der Nähe von Mailand entdeckt. Drei Jahre später konnte er durch vorsorglich aufgestellte Fallen erstmals im Südtessin festgestellt werden. Der Käfer kann aus eigener Kraft mehrere Hundert Meter zurücklegen. Oder er wird mit Autos und Lastwagen unbemerkt über weite Distanzen transportiert. Das BLW mahnt Ferienreisende deshalb zur Vorsicht. Wenn möglich, sollten Gepäck und Fahrzeug bei der Rückreise nach dem Japankäfer abgesucht werden.


Invasive Schädlinge auf dem Vormarsch

Die Bekämpfung des Japankäfers ist schwierig. Denn dieser kennt in der Schweiz keine natürlichen Feinde. Eine grossflächige Ausbreitung des Japankäfers hätte grosse ökologische und ökonomische Folgen. Die Schweizerische Post hat bereits im Jahr 2020 in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst anlässlich des Jahres der Pflanzensicherheit eine Sondermarke mit einer Illustration des Japankäfers präsentiert. Damit wollte sie die Bevölkerung auf die Gefahr von Schädlingen und Pflanzenkrankheiten aufmerksam machen.

Nicht nur Insekten wie der Japankäfer, sondern auch invasive Pflanzen und Pflanzenkrankheiten sind auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch. Dies hat insbesondere mit dem stetig zunehmenden Personen- und Warenverkehr zu tun. Mit dem Klimawandel verschärft sich das Problem zusätzlich, da sich Schädlinge plötzlich in Gebieten wohlfühlen, in denen es für sie vorher zu kalt war. Die Forschung an neuen Pflanzenschutzmitteln bleibt deshalb auch in Zukunft zentral, um die einheimische Landwirtschaft und Biodiversität zu schützen.

Bild: Der Japankäfer auf der Sonderbriefmarke zum Jahr des Pflanzenschutzes (Quelle: Die Schweizerische Post 2020)

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