Forschung und Innovation nicht abwürgen
Ob 5G, Corona-Impfung oder Gentechnik. Die Widerstände gegenüber neuen Technologien scheinen Hochkonjunktur zu haben. Leben wir also in einer technologiefeindlichen Zeit? Diese Frage diskutierten der Verleger Markus Somm und die Grüne-Nationalrätin Regula Rytz in der «Sonntagszeitung» vom 13. Juni sowie in der Sendung «Sonntagszeitung Standpunkte».
Donnerstag, 8. Juli 2021
Regula Rytz verneint. Die Schweiz könne nicht als «forschungsfeindlich» bezeichnet werden. Zu Recht weist sie darauf hin, dass die Schweiz im Global Innovation Index den Spitzenplatz belegt. Auch im Bereich der Digitalisierung sei die Schweiz weit fortgeschritten. Dies habe sich besonders in der Corona-Krise gezeigt, als der Arbeitsalltag vieler Menschen in kurzer Zeit ins Netz verlegt wurde. Ob Covid-App, Corona-Impfung oder Blockchain-Gesetzgebung: Überall sei die Schweiz heute vorne dabei. Gleichzeitig müsse die Bevölkerung aber Chancen und Risiken neuer Technologien abwägen. Bei neuen Technologien gelte in der Schweiz gemäss Verfassung das Vorsorgeprinzip. Innovationen müssten in nachhaltige Bahnen gelenkt werden, denn: «Modern geht im 21. Jahrhundert nur nachhaltig», so Rytz.
Politik darf nicht über «richtige» Technologie bestimmen
Anders sieht es Markus Somm. Seit den 1970er-Jahren sei eine Politisierung des technologischen Fortschritts zu beobachten. Ob sich eine neue Technologie bewährt, habe früher der Markt entschieden. Und es war an der Nachwelt zu beurteilen, ob eine Technologie zum Wohle der Menschheit beigetragen hat oder nicht. Heute masse sich die Politik immer mehr an, den Nutzen einer Technologie bereits im Voraus bestimmen zu können. Bereits zu Beginn des technischen Durchbruchs werde festgelegt, welche Risiken vertretbar sind und welche nicht. Forschung und Innovation müssen jedoch offene Prozesse sein, die sich nicht an den Wünschen von Politikern orientieren.
«Technologiefolgenabschätzung», also der politische Prozess, dem eine neue Technologie unterworfen ist, sei heute die grössere Gefahr als die Innovation selbst, so Somm. Sei die Schweiz früher noch Technologieführerin gewesen, so gerate sie in vielen Bereichen durch Vorschriften und Verbote immer mehr ins Hintertreffen. Die hohen Regulierungshürden verhindern zudem auch, dass Start-ups überhaupt in den Markt eintreten könnten. Anstelle von Konzernbashing müsse die wichtige Rolle von Grossfirmen in Forschung und Entwicklung anerkannt und gewürdigt werden. Sie seien es schliesslich, die in vielen Bereichen Geld investieren und Innovation vorantreiben.
Ähnliche Artikel
Protein ja – vegan? Eher nein
Nach Jahren des Hypes um Fleischalternativen scheint die Begeisterung für vegane Ernährung zu schwinden. Immer mehr Restaurants kehren zum Fleisch zurück. Auch die Konsumenten setzen wieder stärker auf Pragmatismus statt auf Verzicht.
Triazol im Genfersee: Behörden geben Entwarnung
Im Spätsommer 2025 sorgte die Nachricht für Aufsehen: Im Trinkwasser aus dem Genfersee wurde der Stoff 1,2,4-Triazol gefunden – eine chemische Verbindung, die aus verschiedensten Verwendungen stammt. Nun geben die Kantone Genf, Waadt und Wallis Entwarnung: Das Wasser kann bedenkenlos getrunken werden.
«Es gibt auch ein Leben vor dem Tod» – Weinpapst Philipp Schwander zum Zeitgeist und zum Aktivismus der Gesundheitsämter
Der Schweizer Master of Wine kritisiert in einem Interview, dass Wein zunehmend pauschal verteufelt werde – entgegen wissenschaftlicher Evidenz und ohne einen Diskurs über Dosis und Risiken.
Sushi aus Schweizer Reis – seit ein paar Jahren möglich
Wo früher Feldsalat und Kartoffeln wuchsen, gedeiht heute eine Kultur, die man bisher eher aus Asien kennt: Reis. Was nach exotischer Spielerei klingt, hat sich in einigen Regionen der Schweiz zu einer spannenden Nische mit Zukunft entwickelt.