Ameisenplage bedroht Zürcher Gemeinden

Ameisenplage bedroht Zürcher Gemeinden

Eine invasive Ameise aus dem Mittelmeerraum breitet sich rasant im Kanton Zürich aus und bedroht Gemeinden ebenso wie Bauprojekte und Landwirtschaft. Insektizide könnten helfen – doch deren Einsatz ist nach wie vor stark eingeschränkt.

Montag, 1. September 2025

Sie sind zwar winzig, stellen die Behörden aber vor gewaltige Herausforderungen: Die Rede ist von der Tapinoma-Ameise. Wie das «SRF Regionaljournal» berichtet, hält das invasive Insekt aus dem Mittelmeerraum derzeit mehrere Gemeinden im Kanton Zürich auf Trab. Der Grund: Die Ameise bildet sogenannte Superkolonien. Leben einheimische Arten in der Regel in Gruppen von ein paar Tausend Tieren, sind es bei der Tapinoma Millionen.

Seit ihrer erstmaligen Entdeckung in der Schweiz im Jahr 2018 breitet sich die Art unaufhaltsam aus. Von 15 befallenen Arealen im Kanton Zürich konnten die Ameisen bislang nur aus sieben erfolgreich verdrängt werden. In vier Gebieten – darunter Winterthur, Oetwil an der Limmat, Oberengstringen und Volketswil – ist der Befall mittlerweile gar grossflächig.

Wie schnell sich die Ameisenkolonien ausbreiten können, zeigt sich exemplarisch in Oetwil an der Limmat: Dort hat sich das betroffene Gebiet innerhalb von fünf Jahren von einer auf fünf Hektaren ausgedehnt. Das entspricht der Fläche von sieben Fussballfeldern.


Ameise bedroht drei Milliarden Franken schweres Bauprojekt

Die Schäden sind beträchtlich. So sorgen die kleinen Viecher regelmässig für Stromausfälle, da sie in Verteilerkästen krabbeln und dort ihr Unwesen treiben. In Winterthur gefährden sie sogar ein Milliardenprojekt der SBB. So haben sich die Ameisen ausgerechnet dort ausgebreitet, wo die SBB eine knapp drei Milliarden schwere Unterquerung bauen wollen, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Der Tunnel gehört zum Bahnprojekt «Mehrspur» und soll mit dem Brüttenertunnel den Engpass bei Effretikon entschärfen.

Doch wie schaffen es diese winzigen Tierchen, einen solch enormen Schaden anzurichten? Die Viecher unterhöhlen für ihren Nestbau den Boden und können dadurch unter anderem Hänge zum Erodieren bringen, wie die «Limmattaler Zeitung» erläutert.

Um der Plage Herr zu werden, setzen Gemeinden auf Insektizide. In Oetwil an der Limmat bekämpfen Spezialisten die Ameisen mit gezielten Biozideinsätzen in den Nestern. So können die Insekten wirksam und effizient bekämpft werden.

Langfristig sieht Thomas Iseli auch die vielen Regulierungen für Insektizide als Problem. «Viele der Mittel, die ich heute dabei habe, werde ich wohl bald nicht mehr benutzen dürfen», sagt er. Im Gelköder für die Ameisen befinden sich zum Beispiel Gifte aus der Klasse der Neonicotinoide. Da diese Gifte auch Insekten wie Bienen schädigen könnten, wird ihre Anwendung immer stärker beschränkt. Das sei zu kurz gedacht, sagt Iseli. Schliesslich würden die Bienen den Gelköder gar nicht essen und kämen daher mit dem Gift nicht in Kontakt. Ihm aber dürfte bei der Bekämpfung der invasiven Ameisen demnächst ein Werkzeug weniger zur Verfügung stehen.

Und ein weiteres Problem: Auf landwirtschaftlichen Flächen dürfen die Insektizide von Gesetzes wegen nur am Rand eingesetzt werden.

Dass der Gesetzgeber nach wie vor den flächendeckenden Einsatz wirksamer Mittel gegen invasive Schädlinge auf Landwirtschaftsflächen verhindert, ist aus Sicht der Produzenten unverständlich. Fakt ist: Invasive Arten können massive Schäden anrichten – nicht nur an der Infrastruktur, sondern auch an einheimischen Nutzpflanzen. So bedrohen eingeschleppte oder eingeführte Arten wie Neozooten (Tiere) respektive Neophyten (Pflanzen) zunehmend unsere Artenvielfalt. Das gilt auch für die Tapinoma-Ameise. Denn diese verdrängt auch die heimischen Ameisenarten. Unfassbar: Weltweit gehen jährlich rund 40 Prozent der Ernteerträge durch Schädlinge und Krankheiten verloren. Kaum auszudenken, wie hoch die Verluste wären, wenn man komplett auf modernen Pflanzenschutz verzichten würde.


Invasive Schädlinge auf dem Vormarsch

Invasive Schädlinge stellen eine wachsende Bedrohung für die Schweizer Landwirtschaft und Biodiversität dar. Durch globalen Handel, Klimawandel und Reiseverkehr gelangen immer mehr fremde Arten in die Schweiz und richten erhebliche Schäden an Kultur- und Wildpflanzen an.

Beispiele dafür sind der Japankäfer, der sich rasant ausbreitet und einheimische Kulturpflanzen gefährdet, sowie die Asiatische Hornisse, die eine ernste Bedrohung für die Honigbienen darstellt. Weitere invasive Schädlinge wie die Edelkastaniengallwespe, die Kirschessigfliege oder der Asiatische Laubholzbockkäfer machen Landwirten und Naturschützern zunehmend Sorgen.

Der Schutz von Pflanzen vor diesen Bedrohungen bleibt eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Effektive Pflanzenschutzmittel, praxistaugliche Bekämpfungsstrategien und ein konsequentes Monitoring sind essenziell, um die Ausbreitung dieser Schädlinge einzudämmen.

Wer nun mit besorgtem Blick das Ameisennest im Garten anschaut und sich fragt, ob es sich um heimische Ameisen oder um invasive Tapinoma handelt, für den hat Iseli zwei Tipps. Erstens: genau hinschauen. Sind die Ameisen alle etwa gleich gross, ist es wahrscheinlich eine heimische Art. Bei den Tapinoma können die Arbeiterinnen unterschiedlich gross sein, zwischen 3 und 5 Millimetern. Zweitens: genau schnuppern. Wenn man Tapinoma-Ameisen zerdrückt, verströmen sie einen charakteristischen chemisch-süsslichen Geruch, der an Blauschimmelkäse erinnert.

Aufmerken sollte man auch, wenn in der Gegend kürzlich gepflanzt wurde. Denn Tapinoma-Ameisen breiten sich in Europa vor allem über den Handel mit Mittelmeerpflanzen aus. Besonders Palmen oder Olivenbäume, die in grossen Töpfen mit Erde transportiert werden, sind riskant. Denn in der Erde können sich kleine Nester von Ameisen verstecken und so an einen neuen Ort gelangen. Viele neue Vorkommnisse in Deutschland und der Schweiz konnten auf befallene Gartencenter zurückgeführt werden.

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