
Ernährung: Gesundheit für den ganzen Planeten
Die Weltbevölkerung wächst gemäss UNO in den nächsten 30 Jahren auf rund 10 Milliarden Menschen an. Die Versorgung dieser gegenüber heute zusätzlichen 2 Milliarden Menschen mit Lebensmitteln bedeutet eine riesige globale Herausforderung. Gleichzeitig verringert der Klimawandel die landwirtschaftliche Produktion und die nachgelagerte Wertschöpfungskette bis hin zum Konsumenten müssen nachhaltiger mit den Ressourcen umgehen – und zwar in einem umfassenden Sinn. Die Ernährung der Zukunft soll allen Menschen den Zugang zu den nötigen Nährstoffen sichern und gesund für den Planeten sein. Eine solche «planetary health diet» ist dringend auf Innovation angewiesen. So viel ist sicher.
Mittwoch, 10. November 2021
Derzeit benötigt die Menschheit zur Deckung ihres Konsums 1,75 Erden. Ein Schweizer Konsument sogar 2,85. Gemäss der EAT-Lancet Comission benötigen wir eine «planetary health diet», also einen Ernährungsplan, der sowohl gesund ist und dem Planeten nicht mehr Ressourcen entzieht als er zur Verfügung stellen kann. Unsere gegenwärtige Nahrungsmittelproduktion ist nicht ressourceneffizient und damit nicht nachhaltig. Um bis zum Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen gesund ernähren zu können und den Planeten nicht übermässig zu belasten, brauchen wir neue Technologien in den verschiedensten Bereichen.

Ein Ernährungsplan für den Planeten
Der Menüplan der «planetary health diet» sieht besonders für Europäer und US-Amerikaner anders aus. Das heisst konkret: weniger Fleisch – vor allem von Tieren, deren Futterproduktion in Konkurrenz zur menschlichen Nahrung steht –, Zucker oder Kartoffeln. Dafür mehr Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse. Doch die Produktion von mehr pflanzenbasierter Nahrung geht auch mit einem grösseren Landverbrauch einher. Land, das eigentlich nicht mehr bebaut werden dürfte, soll die Biodiversität erhalten bleiben. Es muss also auf gleichbleibender oder sogar abnehmender Fläche mehr produziert werden. Das erfordert auf sämtlichen Ebenen der Produktion und des Konsums technische Innovationen und Fachwissen.

Zukunftstechnologien ermöglichen und zulassen
Heiss diskutierte Themen sind gemäss «Food Trend Report» des Gottlieb Duttweiler Instituts die grüne Gentechnik, alternative Proteinquellen bis zu Fleisch aus dem Labor, mehr Automatisierung und Vernetzung beim Vertrieb, Augmented-Reality-Retail sowie individualisierte Menüs und Essen nach DNA. Allen Technologien gemeinsam ist eine effizientere Nutzung von verfügbaren Ressourcen. Im Gespräch sind auch «tierlose» Milchprodukte oder die Gewinnung von Aromastoffen aus Plastikabfällen. Neben den Technologien der Zukunft muss aber auch an den Problemen der Gegenwart gearbeitet werden. Dazu gehört beispielsweise die Schliessung der sogenannten «Mikronährstoff-Lücke».

Zugang zu Vitaminen verbessern
Rund zwei Milliarden Menschen befinden sich in einer «Mikronährstofflücke». Das heisst: Sie haben ungenügenden Zugang zu ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen. Der EAT Lancet Report schätzt deshalb, dass die Gemüse- und Früchteproduktion bis 2050 verdoppelt werden muss, damit für die gesamte Weltbevölkerung eine gesunde, ausgewogene Ernährung möglich ist. Heute konsumiert nur ein Bruchteil der Weltbevölkerung die empfohlenen Mengen an Obst und Gemüse. Neben einer gesteigerten Früchte- und Gemüseproduktion werden aber auch Nahrungsergänzungsmittel sowie angereicherte Lebensmitteleine immer wichtigere Rolle spielen. Bestes Beispiel dafür ist der sogenannte «Golden Rice». Der mit Vitamin-A angereicherte Reis hat auf den Philippinen unlängst die Zulassung erhalten und könnte in Zukunft Millionen von Kindern vor einem Vitamin-A-Mangel und einer damit verbundenen Erblindung oder dem Tod bewahren.
Viele dieser beispielhaft aufgeführten Lösungen erfordern die Überwindung bisheriger Denkschemen. «Natürlich ist gut, künstlich ist gefährlich» hat als simpelster aller Narrative ausgedient. Wirklich nachhaltige Lösungen können durchaus aus dem Labor kommen – «lab based sustainability» eben.

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