Kommt jetzt die klimafreundliche Kuh?

Kommt jetzt die klimafreundliche Kuh?

Die Rinderzucht steht wegen ihrer hohen CO₂-Emissionen und insbesondere wegen der Methanfreisetzung in der Kritik. Wissenschafter aus Kalifornien versuchen nun, das Problem mit einer innovativen Lösung anzugehen: Mittels der Genom-Editierung verändern sie den Inhalt des Pansens, dem ersten von vier Kuhmägen. Ziel ist, das Freisetzen von Methan zu verhindern.

Montag, 2. September 2024

Die Rinderzucht wird häufig wegen der hohen CO₂-Emissionen kritisiert. Konkret geht es um die Freisetzung von Methan. Das Treibhausgas soll über einen Zeitraum von 100 Jahren etwa 30-mal stärker zur Erderwärmung beitragen als CO₂. Rinder allein sind weltweit für knapp fünf Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich.

Deshalb forschen Wissenschafter seit Jahren mit Hochdruck daran, den Methanausstoss der Rinder zu reduzieren. An einer bahnbrechenden Methode arbeiten derzeit Wissenschaftler aus Kalifornien, wie die «Washington Post» berichtet. Sie wollen die Rinder klimafreundlicher machen und modifizieren dazu das Mikrobiom des ersten Kuhmagens genetisch. Durchgeführt wird das Projekt von einem Team der University of California und des Innovative Genomics Institute.

Konkret versuchen die Forscher mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 die Mikroorganismen im Magen so zu verändern, dass weniger Methan produziert wird. Die Idee ist es, Gene so zu verändern, dass neue Mikroben entstehen, die den sogenannten Archaeen das «Futter» wegnehmen, bevor sie Methan bilden können. Dadurch soll der Methanausstoss langfristig reduziert werden, ohne die Kühe selbst zu verändern. Archaeen sind Mikroorganismen, die sich von Wasserstoff (H 2) und Kohlenstoffdioxid (CO 2) ernähren und diese Stoffe in Methan (CH 4) umwandeln.


Walliser Unternehmen produziert Methan-Innovation

Schaffen die Wissenschaftler mit ihrer Forschung den Durchbruch, könnten potenziell Milliarden von Kühen weltweit klimafreundlicher werden – ohne dass ihre Ernährung umgestellt werden muss. Das Forscherteam aus Kalifornien ist mit seinen Bemühungen, den Methanausstoss von Rindern zu verringern, nicht alleine. Das niederländische Unternehmen DSM hat bereits einen Futtermittelzusatz auf den Markt gebracht, der die Methanemissionen bei Kühen um 30 bis 90 Prozent senken kann. Hergestellt wird das Produkt von einem Walliser Unternehmen.

Wegen des Gentech-Moratoriums müssen Schweizer Landwirte auf die Vorteile der grünen Gentechnik verzichten. Eine mit neuen Technologien gezüchtete Maissorte, die nachweislich den Methanausstoss von Kühen reduziert, dürfen sie nicht anbauen,

Neben der CRISPR-Methode testen das Team in Kalifornien auch natürliche Mittel, wie Algenöl, das Methanemissionen um bis zu 80 % reduziert. Dabei wird ein wichtiges Enzym blockiert, das Methan produziert. Diese Lösung könnte dazu beitragen, einen erheblichen Teil der Emissionen weltweit zu eliminieren und die Auswirkungen der Viehzucht auf die globale Erwärmung drastisch zu verringern. Nahrungsergänzungsmittel haben allerdings den Nachteil, dass sie sich weniger für Tiere eignen, die sich weitgehend im Freien ernähren.

Trotz interessanter Forschungsansätze bleibt die Herausforderung gross. Das Mikrobiom der Kühe hat sich über Millionen von Jahren entwickelt und es wird schwer sein, dauerhafte Veränderungen herbeizuführen. Dennoch sind die Wissenschaftler optimistisch, dass ihre Arbeit zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft führen könnte.

Der Versuch zeigt, dass Genom-Editierung ein grosses Potential hat, um Umweltprobleme anzugehen.

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