
«Swiss Finish» mit bitterem Nachgeschmack: Der Rapsanbau stirbt leise
Der «Swiss Finish» bei der Zulassungspraxis hat auch vor dem einheimischen Rapsanbau nicht haltgemacht. Strenge Zulassungsverfahren und der Mangel an zugelassenen Pflanzenschutzmitteln führen zu sinkenden Anbauflächen und geringeren Erträgen. Experten warnen, dass ohne funktionierende Alternativen das Ende der Produktion von Schweizer Raps näher rückt. Und Bio-Raps gibt es erst recht praktisch keinen mehr.
Dienstag, 8. April 2025
In den kommenden Wochen wird auch hierzulande der Raps in voller Blüte stehen. Doch die gelbe Farbenpracht ist immer seltener auf Schweizer Feldern zu sehen, da die Anbaufläche von Raps abnimmt. 2024 betrug sie 24’357 Hektaren – der tiefste Wert seit 2019, wie aus der Statistik der Branchenorganisation Swiss Granum hervorgeht. Für das aktuelle Jahr rechnet der Branchenverband mit einem weiteren deutlichen Rückgang. Schätzungen zufolge dürften nur noch rund 22’500 Hektaren angebaut werden – das entspricht etwa elf Prozent weniger als 2023. Zudem sinken die Erträge auf den verbleibenden Flächen kontinuierlich.
Die Zahlen zeigen deutlich: Der Rapsanbau in der Schweiz steht unter Druck. Der Rückgang der Anbaufläche liegt nicht an veränderten Konsumgewohnheiten der Schweizer, sondern im Gegenteil: Die Nachfrage nach einheimischen Rapsprodukten ist so hoch wie noch nie. Insbesondere als Substitut für Palmöl ist Rapsöl seit einiger Zeit sehr gefragt – doch diese Nachfrage kann immer weniger bedient werden, was auf die immer schwieriger werdenden Anbaubedingungen für die Schweizer Bauern zurückzuführen ist. Raps ist eine anspruchsvolle Kulturpflanze, deren zehnmonatige Vegetationsdauer zahlreiche Schädlinge anzieht. Entsprechend wichtig ist der Pflanzenschutz – und genau hier klafft eine Lücke, weshalb immer mehr Bauern ganz auf den Anbau verzichten. Laut Schweizerischem Getreideproduzentenverband (SGPV) begründen rund 50 Prozent der Produzenten, die ihre Produktion zwischen 2024 und 2025 reduzieren, dies mit dem Mangel an verfügbaren Pflanzenschutzmitteln.
Bio-Raps ist ein Ding der Unmöglichkeit
Wie herausfordernd die Rapsproduktion ist, verdeutlicht auch folgende Zahl: Nur noch ein Prozent der gesamten Erntemenge stammt aus dem Biolandbau. «Es gibt praktisch kein biologisch produziertes Rapsöl mehr», heisst es in der aktuellen Medienmitteilung des SGPV. Anders ausgedrückt: Ohne synthetischen Pflanzenschutz ist kaum ein erfolgreicher Rapsanbau möglich. Hansueli Dierauer vom FibL sah bereits 2021 mehrere mögliche Gründe für die grossen Schäden durch den Stängelrüssler im Bio-Rapsanbau: Mildere Winter, ein immer früherer Einflug des Stängelrüsslers und das Verbot der Neonicotinoide im konventionellen Anbau. Letzteres erklärt sich dadurch, dass Landwirte, die Raps konventionell anbauen, durch ihren Pflanzenschutz auch die benachbarten Bio-Parzellen mitschützen – vergleichbar mit den Personen, die sich impfen lassen und damit das Erkrankungsrisiko durch Infektionskrankheiten auch von Ungeimpften senken.
Doch leider steht den Bauern immer weniger Pflanzenschutz zur Verfügung: Nach dem Verbot der Neonicotinoide vor einigen Jahren hoffen die Produzenten auf Cyantraniliprol, das auch aus umweltpolitischer Sicht als interessante Alternative gelten könnte. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat einen entsprechenden Antrag jedoch abgelehnt, obwohl dieser Wirkstoff in der EU zugelassen ist.
Raps für Bienenvölker wichtig
Dieser «Swiss-Finish» in der Zulassungspraxis könnte den schleichenden Tod des Rapsanbaus in der Schweiz weiter beschleunigen – was angesichts der hohen inländischen Nachfrage fast schon paradox erscheint. Der SGPV fragt in der genannten Medienmitteilung: «Ist es nicht Ironie, dass als Konsequenz Rapsöl importiert werden muss – und zwar aus Ländern, in denen genau diese (und noch stärkere) Pflanzenschutzmittel erlaubt und verwendet werden?»
Mehr als Ironie, nämlich eine Tragödie ist es für viele Bienenvölker in der Schweiz. Raps ist nämlich eine wichtige Trachtpflanze für Honigbienen, weshalb der rückläufige Anbau auch von den Imkern deutlich gespürt wird. Derweil hofft SGPV-Direktor Pierre-Yves Perrin sehr, dass das BLV seine Richtlinien bald lockert. Angesichts der bisherigen Entscheide des BLV dürfte es beim Hoffen bleiben. Und so werden nicht nur die Bienen zunehmend nach den hellgelben Feldern suchen müssen, sondern auch die Schweizer Konsumenten nach regional produziertem Rapsöl in den Regalen der Grossverteilern – insgesamt eine wenig nachhaltige Situation.
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