Industry research for large-scale sustainability
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23.04.2022

Auf dem Boden der Realität


Liebe Leserinnen und Leser

Der Satz «Houston, we have a problem» von Apollo 13 steht mit leicht ironischem Unterton für ein auftauchendes, grösseres Problem – ein Problem, das man nicht vorausgesehen hat, vielleicht aber hätte voraussehen können. Wir haben in den beiden letzten swiss-food Newslettern versucht, den Krieg in der Ukraine und die Konsequenzen für die weltweite Versorgungslage möglichst breit darzustellen und mit vielen Quellen einzuordnen. Tatsächlich, bezogen auf die weltweite Ernährungslage: «We have a problem». Mit der Verknappung von landwirtschaftlichen Gütern steigen die Preise mit katastrophalen Folgen für ärmere Bevölkerungsschichten in einer ganzen Anzahl von Ländern.

Auch in der Schweiz steigen die Energie- und Lebensmittelpreise. Zusätzlich besteht gemäss NZZ die Gefahr, dass die Krankenkassenprämien im kommenden Jahr um über 10 % steigen. Und der Bundeshaushalt schliesst 2021 wegen Covid-bedingten Stützungsmassnahmen erneut mit einem massiven Defizit ab. Zu den finanziellen Herausforderungen gesellen sich realpolitische Fragen: Wie sichert die Schweiz im nächsten Winter ihre Stromversorgung, wie die Altersvorsorge? Wie erreicht sie die Klimaziele? Wie stellt sie sicher, dass die Bevölkerung vor Angriffen jeder Art geschützt ist? Und wie sichert sie die Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Medikamenten oder mit wirklich nachhaltig produzierten Lebensmitteln in ausreichender Menge und zu erschwinglichen Preisen?

«Ein Unglück kommt selten allein.» Das Sprichwort bewahrheitet sich. Wir müssen gleichzeitig die verschiedensten Herausforderungen bewältigen. Sind wir dazu fit genug? Oder haben wir politisch unangenehme Aufgaben schon zu sehr vernachlässigt und «unseren permanenten Empörungspegel» zu lange auf Nebensächlichkeiten gerichtet? Alt Bundesrat Kaspar Villiger mahnt in einem lesenswerten Kommentar in der NZZ an, mit den Irrtümern der letzten Jahrzehnte aufzuräumen und die Hausaufgaben zu machen.

Klar ist: Wir sind auch in Europa wieder auf den unteren Stufen der Maslow’schen Bedürfnispyramide angelangt: Die Gewährleistung der Grundbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft, Sicherheit, Gesundheit. All das kostet. «Dieser Krieg kommt uns teuer zu stehen» titelt Thomas Fuster in seinem Kommentar in der NZZ und kommt zum Schluss: «Das weitere Ausschmücken eines Fürsorgestaats, dessen Verwaltungsapparat barocke Züge annimmt, wird sich nun schwerer rechtfertigen lassen. Zur geplatzten Illusion anhaltenden Friedens gehört auch das Ende einer Ära finanzpolitischer Unbekümmertheit.» Er fordert, dass die auch durch den Krieg entstehenden Kosten nicht den zukünftigen Generationen aufgebürdet werden dürfen.

Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde – und zwar im umfassenden Sinne und mit langfristiger Optik. Marketinggetriebene, auf kurzfristigen Margen- oder Imagegewinn ausgerichtete «Nachhaltigkeit» kommt in Konflikt mit der Realität. So muss Bio Suisse wegen des Krieges in der Ukraine den Import von Soja für Hühnerfutter aus China zulassen. Die Presse berichtet breit darüber, weil der Kontrast zum vermittelten «Lokal-Natürlich-Bild» zu gross ist. Bäuerliche Kreise wiederum kritisieren, dass IP Suisse aufgrund der schlechten Ernten 2021 einen Anteil von 20 Prozent konventionell produziertem oder importierten Getreide zulässt – obwohl sich das Label sonst gern des «pestizidfreien Anbaus» und der Importfreiheit rühmt.

Die Ernteversicherung widerspricht in beiden Fällen der eigenen Deklaration. Sie stammt entweder aus geographischen Regionen oder Anbaupraktiken, von denen sich man im Marketing kokett distanziert. Dabei wäre nebst Realitätssinn auch Ehrlichkeit angesagt. Zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit ist klar: «Wir brauchen keine Schönwetter-Konzepte.» Das sagt Urs Niggli, der frühere Direktor des Instituts für biologischen Landbau, in der NZZ. Der Krieg in der Ukraine erfordere ein Umdenken. «Wir können nicht eine weiter wachsende Weltbevölkerung mit dauerhaft 20 Prozent weniger Lebensmitteln ernähren.»

Selbst bei einer Reduktion der Nahrungsmittelverschwendung und der Umstellung der Ernährung brauchen wir bis 2050 immer noch 30 Prozent mehr Kalorien. «Diese 30 Prozent müssen wir irgendwo finden, und zwar auf der bestehenden Agrarfläche.» Bernard Lehmann sagte dies bereits 2019 in einem seiner letzten Interviews als Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft. Heute ist Bernard Lehmann Vorsitzender des High Level Panels of Experts, des wissenschaftlichen Beratungsgremiums des Committee for Food Security der FAO. Er sagte damals auch: «Lassen wir uns von den vielen Initiativen nicht verrückt machen.»

Das Volk folgte ihm und lehnte sowohl Pestizidverbots- wie Trinkwasserinitiative bei einer ausserordentlich hohen Stimmbeteiligung mit 61 % Nein-Stimmen ab. Die Botschaft an den Bundesrat war klar: Auch die Schweiz darf sich angesichts der globalen Herausforderungen für die Landwirtschaft nicht aus der Produktion abmelden. Die Schweizer Bevölkerung will lokale Agrarprodukte zu erschwinglichen Preisen. Eine Biostrategie hingegen führt zu zusätzlichen Importen und ist mit ökologischen Fragezeichen behaftet. Sie ist auch aus ethischen Gründen abzulehnen. Die Belastungen der Umwelt werden ins Ausland ausgelagert.

Allerdings bestehen Zweifel, dass diese Botschaft in «Bern» angekommen ist. Gerade hat der Bundesrat das erste Verordnungspaket zur Parlamentarischen Initiative, die das Parlament aus Angst vor den Initiativen konzipiert hatte, praktisch ohne Änderungen zur Vernehmlassungsvorlage in Kraft gesetzt und verschärft damit das bereits überschiessende Gesetz noch zusätzlich. Er schlägt damit die Warnungen der Industrie in den Wind. Ein Regime, das praktisch nur auf Ausnahmebewilligungen für Pflanzenschutzmittel beruht, führt zu einer weiteren Ausdünnung der Palette von verfügbaren Hilfsmitteln zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen. Denn Firmen brauchen Planungssicherheit bei der Bereitstellung von Hilfsmitteln für den kleinen Schweizer Markt. Ernteausfälle sind vorprogrammiert. Zudem verschärft sich die Resistenzproblematik. Entgegen dem Willen der Stimmbevölkerung wird damit der Anbau von Lebensmitteln in der Schweiz weiter aktiv behindert.

Oberflächliche «Nachhaltigkeit» aber scheitert sowohl kurz- als auch langfristig. Sie sieht das Wohl in der Senkung der landwirtschaftlichen Produktivität. Doch Verknappung und steigende Preise führen zu Hunger und politischen Konflikten. Kurzfristig neigt die Politik zum Gegensteuern. Der deutsche Agrarminister Cem Özdemir von den Grünen macht es vor: Deutsche Bauern können ab dem 1. Juli kurzfristig ökologische Vorrangflächen für den Anbau von Futtermitteln nutzen. Özdemir will mit der Massnahme die Preise für Futtermittel senken. Der Schweizer Bundesrat imitiert die Massnahme: Er verschiebt im erwähnten Verordnungspaket die Erhöhung von Flächenanteilen für die Biodiversität um ein Jahr auf den 1. Januar 2024.

Auch wenn die Einsicht richtig ist, dass Mitteleuropa einen solidarischen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit leisten muss: Die Freigabe von Freiflächen für den Anbau von Futtermitteln ist kontrovers. Statt die landwirtschaftliche Produktivität mit Technologieoffenheit zu fördern, opfert grüne Realpolitik in Deutschland und die schlechte Schweizer Kopie Naturflächen. Wie will man da noch gegen die Abholzung von Urwäldern protestieren? Fazit 1: Die Produktivität auf bestehenden Flächen steigern ist besser als die Biodiversität weiter zurückzudrängen.

Schnelle Kurswechsel offenbaren tieferliegende Probleme. Noch im Februar hatte Landwirtschaftsminister Özdemir die Biolandwirtschaft zum neuen Leitbild erklärt. Die Ökolandbaufläche soll bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent ausgeweitet werden. In einem Meinungsbeitrag, den wir auf swiss-food spiegeln, hat der Entwicklungs-Chefredakteur der deutschen Agrarmedien, Olaf Deininger, schon im Februar Zweifel an der Stossrichtung geäussert. Viel eher, so Deininger, müsse in neue Technologien investiert werden, um den Übergang von einer industriellen zu einer intelligenten Landwirtschaft zu ermöglichen. Sein Fazit: «Bio löst das Problem nicht.» Der Autor hat sich wohl kaum vorgestellt, dass die Realität ihm so schnell Recht gibt. Fazit 2: Einseitige Umweltversprechen drohen in einem Nachhaltigkeits-Fiasko zu enden.

«Nachhaltigkeit bedeutet mehr», schreibt auch Hendrik Varnholt in der «Lebensmittel Zeitung». Wir haben den lesenswerten Beitrag auf swiss-food gestellt. Umfassende Nachhaltigkeit hat eine ökologische, ökonomische und eine soziale Dimension. Varnholt arbeitet anhand der massiv steigenden Preise für Agrarprodukte die soziale Dimension heraus. «Der Krieg in der Ukraine führt vor Augen, dass eine lebenswerte Welt nur erhält, wer Nachhaltigkeit auch als soziales Ziel begreift.» Sicher ist: Hunger ist nicht nachhaltig.

Die Umweltziele bleiben selbstverständlich wichtig, aber sie müssen besser mit den Produktivitätszielen in Einklang gebracht werden. Das «ZDF» war dem Essen der Zukunft auf der Spur. Der Handlungsbedarf ist da: Rund 70 Prozent des Verlustes der biologischen Vielfalt gehen auf das Konto der globalen Ernährungssysteme. Und der globale Appetit ist für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wenn die Welt im Jahre 2050 ungefähr zehn Milliarden Menschen ernähren will, braucht sie weltweit eine massiv produktivere Landwirtschaft, als dies heute der Fall ist. Gleichzeitig muss diese Landwirtschaft aber einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Klimakrise zu meistern und die Biodiversität zu erhalten. Die Produktivität zu steigern und gleichzeitig die Umwelt zu schonen heisst, Zielkonflikte zu überwinden.

Damit das gelingt, braucht es Kooperation statt Konfrontation und neue Ansätze. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit der Umweltschutzorganisation «The Nature Conservancy» und von Syngenta bei der Wiederherstellung von unbrauchbar gewordenem Ackerland. Denn ein grosser Teil der agrarisch genutzten Böden ist übernutzt, degradiert: Sie können nicht mehr als Grasland, aber auch nicht für den Anbau genutzt werden. Wenn Agrarland unproduktiv oder unbrauchbar wird, greift man oft auf ursprüngliche, naturbelassene Lebensräume, Habitate zurück, um diese für die Nahrungsmittelproduktion zu nutzen – was die Umweltprobleme zusätzlich verschärft. Wenn wir dagegen Techniken und Methoden finden, um degradierte Flächen wieder instand zu stellen, dann ist das ein grosser Schritt hin zu einer Lösung globaler Krisen. Fazit 3: Produktivität wieder ermöglichen auf bestehenden Flächen ist besser als den Urwald abzuholzen.

Was häufig vergessen geht: Ob Kleinbauern mit kleinen Parzellen oder Agrarunternehmen, die Millionen Zentner auf Tausenden Hektaren produzieren – unsere Nahrungsmittelproduzenten sind Unternehmer. Lösungen müssen also nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn ergeben. Und Unternehmer wollen primär von dem leben, das sie mit ihren Unternehmen erwirtschaften, nicht von Subventionen. Die Produktion von Nahrungsmitteln soll den Landwirten die Existenz ermöglichen. Das heisst, dass sie wie in jedem anderen Wirtschaftszweig selber über den optimalen Ressourceneinsatz entscheiden sollten. Ressourceneffizienz im umfassenden Sinn eben: Arbeit, Energie, Finanzen, Boden und natürliche Ressourcen. Die Agrarpolitik und die Umsetzung der genannten Parlamentarischen Initiative laufen in die entgegengesetzte Richtung: Sie entmündigen die Landwirte immer mehr und zahlen Subventionen für die Nicht-Produktion von Nahrungsmitteln, obwohl die Bundesverfassung eine ressourceneffiziente landwirtschaftliche Produktion vorschreibt. Und obwohl die Bundeskasse aufgrund der Covid-Krise, der drohenden Stromlücke und der nicht gesicherten Altersvorsorge bereits überstrapaziert ist. Fazit 4: Ressourceneffiziente Landwirtschaft ist nachhaltige Landwirtschaft in allen drei Dimensionen.

Wenn sich der Nachhaltigkeitsfokus öffnet, kann dies nur nützen. Die Nachhaltigkeitsdebatte braucht ein dringendes Update. Nachhaltigkeit ist umfassend. Sie ist mehr als ein Mäntelchen, das man sich aus Marketinggründen umhängt. Sie schliesst den Klimaschutz und den Schutz der Biodiversität ein. Doch ohne Produktivität wird die Öko-Landwirtschaft zum sozialen Bumerang. Ob die Landung auf dem harten Boden der Realität mit weltweit steigenden Preisen und Angebotsverknappungen ein Weckruf auch für die Schweiz ist? Es ist zu hoffen, auch im Sinne einer umfassenden Ressourceneffizienz zugunsten der nachfolgenden Generationen.


Ihre swiss-food Redaktion

Retour à la réalité


Chère lectrice, cher lecteur,

La phrase «Houston, we have a problem» d’Apollo 13 indique, sur un ton légèrement ironique, l’apparition d’un problème majeur, un problème que l’on n’a pas prévu, mais que l’on aurait peut-être pu prévoir. Dans les deux dernières Newsletters de swiss-food, nous avons tenté de présenter les multiples conséquences de la guerre en Ukraine pour l’approvisionnement alimentaire mondial et d’évaluer celles-ci sur la base de nombreuses sources. De fait, en ce qui concerne la situation alimentaire mondiale, «we have a problem». Lorsque les produits agricoles se font rares, les prix augmentent, ce qui frappe de plein fouet les populations les plus démunies d’un grande nombre de pays.

En Suisse aussi, les prix de l’énergie et des denrées alimentaires augmentent. En outre, les primes des caisses-maladie risquent de progresser de plus de 10% l’année prochaine, annonce la NZZ. En 2021, à cause des mesures de soutien dues à la crise sanitaire, les comptes de la Confédération ont une nouvelle fois bouclé dans le rouge vif. Aux difficultés financières s’ajoutent des questions politiques pratiques: comment la Suisse assurera-t-elle son approvisionnement électrique l’hiver prochain? Et la prévoyance vieillesse? Comment atteindra-t-elle ses objectifs climatiques? Comment garantit-elle que la population est protégée contre les attaques de toute nature? Comment garantit-elle son approvisionnement en biens essentiels tels les médicaments? Et comment garantit-elle que la population suisse dispose de denrées alimentaires produites de manière durable, en suffisance et à des prix abordables?

«Un malheur arrive rarement seul.» L’adage se confirme. Nous devons relever simultanément des défis très différents. En sommes-nous capables? Ou avons-nous négligé des tâches politiquement désagréables et focalisé trop longtemps notre attention sur des sujets de moindre importance? Dans une tribune remarquable parue dans la NZZ, l’ancien Conseiller fédéral Kaspar Villiger nous invite à réparer les erreurs des dernières décennies et à faire nos devoirs.

Une chose est claire: l’Europe se trouve à nouveau au niveau inférieur de la pyramide des besoins selon Maslow, qui correspond aux besoins essentiels, comme l’alimentation, le logement, la sécurité, la santé. Tout cela a un coût. «Cette guerre nous coûte cher», commente en titre Thomas Fuster dans la NZZ, en concluant: «Il devient de plus en plus difficile de justifier de nouvelles extensions de l’État providence et de son appareil bureaucratique aux allures baroques. L’effondrement de l’illusion d’une paix perpétuelle a emporté dans son sillage l’ère de l’insouciance budgétaire.» Il demande que les coûts qui sont aussi apparus du fait de la guerre ne soient pas reportés sur les générations futures.

L’heure est à la durabilité, au sens large et dans une perspective à long terme. La «durabilité» à des fins de marketing et qui vise des marges à court terme ou un gain d’image se retrouve en porte-à-faux avec la réalité. À cause de la guerre en Ukraine, Bio Suisse autorise les importations de soja chinois pour nourrir la volaille. Les médias s’en sont fait largement l’écho, car le contraste avec la publicité qui vante la nature et la région est saisissant. Les milieux paysans critiquent de leur côté la décision d’IP Suisse d’autoriser une part de 20% de céréales importées ou produites de manière conventionnelle à la suite de la mauvaise récolte de 2021, alors que le label aime se vanter le reste du temps de ses cultures sans pesticides ni importations.

Dans les deux cas, les récoltes promises contredisent les propres déclarations du label, puisqu’elles proviennent de régions géographiques ou sont issues de pratiques agricoles dont il aime se distancer dans les campagnes publicitaires. Il vaudrait mieux faire preuve de réalisme, mais aussi d’honnêteté. Pour garantir la sécurité alimentaire, une chose est sûre: «Nous n’avons pas besoin de modèles qui ne fonctionnent que par beau temps», dit l’ancien directeur de l’Institut de l’agriculture biologique, Urs Niggli, dans la NZZ. La guerre en Ukraine doit faire évoluer les mentalités. «Nous ne pouvons pas nourrir une population mondiale en croissance avec 20% de denrées alimentaires en moins.»

Même si nous réduisons le gaspillage alimentaire et changeons notre alimentation, nous auront besoins de 30% de calories en plus d’ici à 2050. «Il faudra bien trouver ces 30% quelque part, et ce sera sur la surface agricole existante», affirmait déjà Bernard Lehmann en 2019 dans l’une de ses dernières interviews en tant que directeur de l’Office fédéral de l’agriculture. Aujourd’hui, Bernard Lehmann préside le Groupe d’experts de haut niveau sur la sécurité alimentaire et la nutrition (HLPE), interface science-politique du Comité de la sécurité alimentaire de l'ONUAA. Il déclarait aussi: «Ne nous laissons pas tromper par les nombreuses initiatives.»

Le peuple l’a suivi en rejetant les initiatives pesticides et eau potable à 61% des voix, lors d’un scrutin qui aura connu une forte participation. Le message à l’intention du Conseil fédéral était clair: au vu des défis qui attendent l’agriculture à l’échelle du globe, la Suisse n’a pas le droit de prendre congé de l’agriculture productive. La population suisse attend des produits agricoles locaux à des prix abordables. Le tout bio entraîne une hausse des importations et est écologiquement douteux. Une telle stratégie doit aussi être rejetée pour des raisons éthiques. Elle ne ferait que transférer à l’étranger les atteintes à l’environnement.

Il n’est toutefois pas certain que le message soit arrivé à Berne. Le Conseil fédéral vient de faire entrer en force le premier train d’ordonnances relatif à l’initiative parlementaire élaborée par le Parlement par crainte des initiatives. Il n’a pratiquement pas modifié le projet mis en consultation, durcissant ainsi une loi déjà excessive. Il n’a cure des avertissements de l’industrie. Un régime qui ne repose que sur des dérogations réduit la gamme des instruments phytosanitaires disponibles pour lutter contre les maladies des plantes et les parasites. Pour les entreprises, la sécurité de la planification est essentielle pour développer des produits pour le petit marché suisse. Des pertes de récolte sont programmées d’avance. Le problème des résistances s’aggravera. La production de denrées alimentaires en Suisse est activement entravée, contre la volonté de la population votante.

La «durabilité» artificielle est vouée à l’échec, à court terme comme à long terme. Le salut viendrait selon elle d’une diminution de la productivité agricole. Or, les pénuries et les hausses de prix provoquent des famines et des conflits. Pour l’heure, la politique rétropédale. Le ministre Vert allemand de l’agriculture, Cem Özdemir, montre l’exemple: à partir du 1er juillet, les agriculteurs allemands pourront utiliser des surfaces de compensation écologique pour cultiver des fourrages. Le but de cette mesure est de diminuer le prix des aliments pour des animaux. Le Conseil fédéral lui a emboîté le pas: dans le train d’ordonnances cité plus haut, il reporte d’un an au 1er janvier 2024 le relèvement de la part de la surface consacrée à la biodiversité.

Même s’il est juste de considérer que l’Europe centrale doit apporter une contribution solidaire à la sécurité alimentaire mondiale: le fait de libérer des surfaces non construites pour la culture fourragère est controversé. Au lieu d’encourager la productivité agricole à l’aide de la technologie, la real politique des Verts en Allemagne et sa pâle copie suisse sacrifient des espaces naturels. Comment peut-on encore protester contre la déforestation en Amazonie? Conclusion n° 1: il vaut mieux accroître la productivité sur les surfaces existantes plutôt que de continuer à diminuer encore la biodiversité.

Les rapides changements de cours révèlent des problèmes profonds. Pas plus tard qu’en février, le ministre allemand de l’agriculture avait qualifié l’agriculture bio de nouveau modèle. La surface agricole écologique devait s’étendre à 30% d’ici à 2030. Dans une tribune qui a été reproduite sur swiss-food, le rédacteur en chef des médias agricoles allemand, Olaf Deininger, doutait déjà en février de la direction empruntée. Il vaudrait mieux, écrivait M. Deininger, investir dans les nouvelles technologies pour passer d’une agriculture industrielle à une agriculture intelligente. Sa conclusion: «Le bio n’est pas la solution.» L’auteur ne s’était guère imaginé que la réalité lui donnerait raison aussi vite. Conclusion n° 2: les promesses environnementales unilatérales menacent de se terminer en fiasco pour la durabilité.

«La durabilité a une signification plus vaste», écrit Hendrik Varnholt dans la «Lebensmittel Zeitung». Nous avons publié sur swiss-food cette contribution dont nous vous recommandons la lecture. La durabilité a une dimension écologique, une dimension économique et une dimension sociale. Dans le contexte de hausse vertigineuse des prix des produits agricoles, M. Varnholt s’intéresse à sa dimension sociale. «La guerre en Ukraine nous montre qu’un monde où il fait bon vivre ne peut exister que si l’on entend la durabilité aussi comme un but social.» Ce qui est sûr, c’est que la faim n’est pas durable.

Si les objectifs environnementaux restent importants, ils doivent aussi mieux s’accorder avec les objectifs de productivité. La chaîne «ZDF» est partie en quête de l’alimentation du futur. Il y a urgence: environ 70% de la perte de biodiversité est imputable au système alimentaire mondial. Un tiers des gaz à effet de serre dans le monde est émis par l’industrie agroalimentaire. Pour réussir à nourrir quelque dix milliards d’êtres humains en 2050, nous avons besoin d’une agriculture beaucoup plus productive qu’elle ne l’est aujourd’hui. Simultanément, cette agriculture devra fournir une contribution substantielle pour surmonter la crise climatique et préserver la biodiversité. Accroître la productivité tout en protégeant l’environnement suppose de surmonter des intérêts conflictuels.

Pour y parvenir, il faut préférer la coopération à la confrontation et favoriser de nouvelles approches. La coopération entre The «Nature Conservancy» et Syngenta pour réhabiliter des terres agricoles devenues inutilisables en est un exemple. Une grande partie des sols exploités à des fins agricoles est surexploitée, dégradée. Ces sols ne peuvent plus être utilisés comme prairies ou pour les cultures. Lorsque des terres agricoles deviennent improductives ou inutilisables, il est fréquent de les remplacer par des habitats naturels originaux, ce qui ne fait qu’aggraver les problèmes environnementaux. En revanche, si nous trouvons des techniques et des méthodes pour restaurer des surfaces dégradées, nous accomplissons un grand pas en avant dans la résolution de problèmes mondiaux. Conclusion n° 3: il vaut mieux rendre des surfaces existantes à nouveau productives plutôt que de continuer à déboiser les forêts tropicales.

On oublie souvent: qu’ils soient petits paysans sur de petites parcelles ou exploitations agricoles aux millions de quintaux sur des milliers d’hectares: les producteurs de denrées alimentaires sont des entrepreneurs. Les solutions proposées doivent donc être judicieuses d’un point de vue non seulement écologique, mais aussi économique. Et les entrepreneurs veulent vivre d’abord de leurs revenus, et non de subventions. La production de denrées alimentaires doit permettre aux agriculteurs de subvenir à leurs besoins. En d’autres termes, c’est à eux de choisir la meilleure façon d’utiliser les ressources. L’efficacité des ressources au sens large du terme, et incluant le travail, l’énergie, le capital, le sol et les ressources naturelles. La politique agricole et la mise en œuvre de l’initiative parlementaire vont dans le sens diamétralement opposé: elles déresponsabilisent toujours plus les agriculteurs et octroient des subventions pour la non-production de denrées alimentaires, alors que la Constitution fédérale prône une production agricole qui préserve les ressources. Dans un contexte budgétaire déjà tendu du fait de la pandémie, du risque de pénurie d’électricité et des problèmes de financement de la prévoyance vieillesse. Conclusion n° 4: une agriculture qui préserve les ressources est une agriculture durable dans les trois dimensions.

Celui qui joue la carte de la durabilité ne peut être que gagnant. Le débat sur la durabilité a urgemment besoin d’être actualisé. La durabilité est pluridimensionnelle. Elle est plus qu’une cape dont on se drape à des fins de marketing. Elle inclut la protection climatique et la protection de la biodiversité. Sans productivité, l’agriculture bio aura un effet boomerang sur le plan social. Le retour à la dure réalité, avec des prix qui montent et une raréfaction de l’offre dans le monde, provoquera-t-il un sursaut en Suisse? Il faut l’espérer, y compris pour la préservation des ressources et pour le bien des générations futures.


La rédaction de swiss-food

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